22. Mai 2007

Băsescus Reformkurs durch überwältigendes Votum bestätigt

Beim Referendum am 19. Mai haben sich rund drei Viertel der rumänischen Wähler gegen die Suspendierung von Staatspräsident Traian Băsescu ausgesprochen. Das klare Votum der Bevölkerung ermöglicht dem populären Staatschef, nach Bestätigung des Wahlergebnisses durch das Verfassungsgericht, seine Amtsgeschäfte in Schloss Cotroceni in Bukarest in Kürze wieder aufzunehmen. Die postkommunistischen Kräfte sowohl in der Regierung als auch Opposition, die die Amtsenthebung des Staatsoberhauptes ohne zwingenden Grund im Parlament beschlossen hatten, stehen stark unter Druck, Änderungen in der Regierung und den Parteien kündigen sich an.
Staatspräsident Traian Băsescu fühlt sich durch den klaren Sieg in seinem Reformkurs bestätigt. Er will die Erneuerung des Landes und der politischen Klasse durch eine unabhängige Justiz, eine Verfassungsänderung, ein neues Wahlrecht und ein Lustrationgesetz zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit herbeiführen. „Niemand will ein Rumänien, das von Oligarchen regiert wird“, rief er der begeisterten Menge auf dem Bukarester Universitätsplatz am Samstagabend zu. Mit dieser eingängigen Parole konnte er die Mehrheit der Bevölkerung in einem souverän geführten Wahlkampf für sich gewinnen. Der Präsident rief das Parlament zur Zusammenarbeit auf. Er hofft auf einen Dialog mit den politischen Parteien und eine Unterstützung seiner Vorhaben "im Sinne der heutigen Entscheidung der Rumänen".

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso gratulierte Basescu zum Abstimmungssieg und drückte seine Hoffnung aus, dass Rumänien jetzt den Weg der Reformen fortsetzen werde. Elmar Brok, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen des Europäischen Parlaments, forderte Neuwahlen, die die Fortsetzung des Reformkurses in Rumänien ermöglichten. Ansonsten sieht der CDU-Politiker die Gefahr, dass die Europäische Union die Sicherheitsklausel gegenüber dem EU-Neuling aktiviert.

Das rumänische Parlament hatte am 19. April mehrheitlich entschieden, Staatspräsident Traian Băsescu des Amtes zu entheben. Dem Staatschef warfen 322 Parlamentarier der Nationalliberalen Partei (PNL), der Sozialdemokratischen Partei (PSD), der Großrumänien-Partei (PRM), der Konservativen Partei (PC) und des Ungarnverbandes (UDMR) Amtsmissbrauch und diverse Verfassensbrüche vor, konnten die Anschuldigungen aber nicht beweisen.

Psychologischer Schock bei den Liberalen und Sozialdemokraten

Băsescus Widersacher, Premier Călin Popescu Tăriceanu von der Nationalliberalen Partei, der sozialdemokratische Leader Mircea Geoană und der rechtsextreme Corneliu Vadim-Tudor von der Großrumänien-Partei, hatten im Wahlkampf angebliche Charakterschwächen des Staatsoberhauptes thematisiert, konnten bei den Wählern aber damit kaum punkten. Knapp sechzig Prozent der Anhänger der liberalen Partei und ein Viertel der sozialdemokratischen Wähler sprachen sich für Băsescu und damit gegen den Kurs ihrer Partei aus. Die Wahlbeteiligung lag bei insgesamt 44 Prozent. Das eindeutige Votum zwingt vor allem die Liberalen und Sozialdemokraten zu einer ernsthaften Analyse ihrer von Anfang an absehbaren Niederlage. PNL-Vizechef Ludovic Orban schlug den Rückzug aus der Regierung vor, wurde aber von dem Parteivorstand unter Premier Călin Popescu Tăriceanu deutlich überstimmt. Die Liberalen und der Ungarnverband wollen die bisherige Minderheitsregierung fortführen. Bela Marko kündigte allerdings seinen baldigen Rückzug als Vizepremier an, sobald sich die Lage stabilisiert hat. Der Chef des Ungarnverbandes will sich künftig wieder stärker auf die Probleme der ungarischen Minderheit konzentrierten.

Allerdings ist Tăriceanus Regierung auf die parlamentarische Unterstützung durch die größte Oppositionspartei, die PSD, angewiesen. Nach einer turbulenten Parteisitzung am Montag erklärte PSD-Chef Mircea Geoană, dass die Sozialdemokraten an einer „transparenten“ Mehrheitsregierung interessiert seien und diesbezügliche Sondierungsgespräche mit anderen Parteien führen wollten. Ein reformorientierter Flügel der Sozialdemokraten, die so genannte „Klausenburger Gruppe“ um den früheren Innenminister Ioan Rus und den Ex-Informationsminister Vasile Dâncu, macht vor allem den Ehrenvorsitzenden Ion Iliescu und den Fraktionsvorsitzenden Victor Hrebengiuc für das unrealistische Vorhaben verantwortlich, die Amtsenthebung des Staatsoberhauptes einzuleiten. Der angeschlagene Parteichef Mircea Geoană steht unter dem Einfluss dieser konservativen Kräfte und versucht seine Haut zu retten. Weitere Sitzungen der PSD-Führung stehen in den nächsten Tagen an.

Eine Probe seines rüden Umgangs lieferte indes Traian Băsescu noch am Tag des Referendums. Er „beschlagnahmte“ das Handy der Journalistin Andreea Pană vom Fernsehsender Antena 1, mit dem sie ihn beim Einkaufen in einem Bukarester Supermarkt gefilmt hatte. Auf die Frage der Reporterin, welches Ergebnis er beim Referendum erwarte, erwiderte Basescu gereizt: "Hast du denn nichts Besseres zu tun, Vögelchen?". Für diese und eine in einem Privatgespräch gemachte rassistische Äußerung geriet Băsescu in die Kritik. Er entschuldigte sich bei der Frau, die der Roma-Minderheit angehört, muss aber mit einer Vorladung durch den Nationalen Rat zur Bekämpfung von Diskriminierung rechnen.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Politik, Băsescu

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