29. Juni 2007

„Tag des Baumes“ in Bistritz schon im 19. Jahrhundert begangen

Anlässlich der Einweihung der Kleingarten­anlage „Walhalla“ in Regensburg nahm Hans Scheidinger, Oberbürgermeister von Regensburg, in seiner Rede voller Stolz Bezug auf den „Tag des Baumes“, der 2007 zum 56. Mal in der Donaustadt begangen wurde. In meiner Vaterstadt Bistritz im Nösnerland dürfte der Bürgermeister den doppelten Stolz zur Schau tragen, gehörte doch der „Baum- und Vogeltag“ wahrscheinlich schon ab Ende des 19. Jahrhunderts zum Brauchtum der Schüler.
Am Evangelischen Gymnasium A.B. in Bistritz wurde am „Baum- und Vogeltag“ (im Herbst) der Unterricht in die Natur verlegt, als Anschauungsunterricht zur besseren Kenntnis der Pflanzen und Tiere. Leider ist die Herkunft des Aufkommens dieses einst traditionellen Brauches nicht bekannt, da er in der Vorkriegsliteratur (1. Weltkrieg) nicht festgehalten wurde. Wie schon Dr. J. Linkner im „Siebenbürgisch-sächsischen Kalender 2007“ hinwies, war der Bistritzer „Baum- und Vogeltag“ weder unter diesem noch einem anderen vergleichbaren Namen in der alten Heimat Siebenbürgen bekannt. Auch für ganz Europa gibt es keine Hinweise auf ähnliche Schulfesttage.

Als die Forstorganisation der UNO 1951 beschloss, ihren Mitgliedsstaaten zu empfehlen, einen „Weltfeiertag des Baumes“ zu begehen, war der alte Bistritzer Brauch schon Historie geworden, da mit der Flucht der Nordsiebenbürger Sachsen im Herbst 1944 dieser Festtag in Vergessenheit geriet. In der neuen Heimat Deutschland wurde der „Tag des Baumes“ erstmals im April 1952 begangen. Bundespräsident Prof. Dr. Theodor Heuß pflanzte am 25. April im Hofgarten zu Bonn einen Ahornbaum. Er bekannte damit als erster Repräsentant des Staates die lebenswichtige Bedeutung des Waldes. Wer wird wohl in Bistritz der erste Europäer gewesen sein, der diesen Schulfesttag im alten Nösnerland ins Leben rief? Die Frage wird kaum noch zu beantworten sein, fehlen uns doch dazu jedwede schriftlichen Unterlagen. Die bisher älteste schriftliche Bestätigung fand ich auf der Kehrseite eines vergilbten Erinnerungsfotos meines Vaters, mit der Aufschrift: „Andenken an den Baum- und Vogeltag 1916. Ausflug: Csuha ...“. Dazu meinte Dr. J. Linkner: „Mit Sicherheit kann nur gesagt werden, dass der Baum- und Vogeltag vor dem 1. Weltkrieg eingeführt wurde, weil das älteste zur Verfügung stehende Foto aus dem Jahre 1916 datiert und man annehmen darf, dass in jenem Völkerringen andere Sorgen Vorrang hatten als neue Bräuche zu erfinden“.

Sollte dieser Bistritzer Schulfesttag unter dem Einfluss des „Arbor-day“ der Amerikaner entstanden sein? Dieser Volksfeiertag wurde am 10. April 1872 in den USA eingeführt, wird auch heute dort noch gefeiert und nach dem 2. Weltkrieg auch von anderen Ländern nachgeahmt. Die Vorrangstellung des „Tag des Baumes“ in Europa kann jedoch der Stadt Bistritz nicht streitig gemacht werden.

Rudolf Rösler

Schlagwörter: Bistritz, Brauchtum

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