26. Oktober 2014

Eine Rose wird verpflanzt: Reden bei der Hochzeit in Schönau

Anfang, Hoch-Zeit und Ende des menschlichen Lebens, also Geburt, Hochzeit und Tod, waren im dörflich geprägten Leben der Siebenbürger Sachsen nie rein private Familienereignisse, sondern eingebettet in die kirchliche und weltliche Tradition der einzelnen Gemeinden. Überliefert waren auch die Brauchabschnitte und die dazu jeweils gesprochenen „Worte“: das sogenannte Wortmachen und damit die erlernbare Sicherheit im Umgang mit freudigen wie traurigen Lebenssituationen des Einzelnen und der Gemeinschaft.
Unlängst hat uns Gerdi Gärtner, die Gattin des Vorsitzenden des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, Hans Gärtner, eine von der HOG Schönau e.V. herausgegebene DVD mit dem Titel „Schönauer Hochzeit“ geschickt. Zusammen mit dem Begleitheft (40 Seiten) dokumentiert dieser Mitschnitt eine Aufführung beim Schönauer Treffen im Jahre 2012, deren hier interessierendes Kernstück die „Wortesammlung“ aus dem Nachlass von Martin Sifft und Johann Gärtner darstellt. Frau Gärtner schreibt dazu: „Wir wollten den Brauch und die Traditionen in Schönau festhalten und auch an die Jüngeren weitergeben. Und wir denken, es ist uns schon ein bisschen gelungen. Immer mehr Brautpaare, die aus Schönau stammen, wollen zurzeit feiern wie in Schönau.“

Die hier ausgewählten Reden eint die Metapher der Verpflanzung einer Rose als Bild für den Umzug der Braut in das Haus des künftigen Ehemannes. Sie werden – wie allgemein üblich – in der Ortsmundart gehalten. Schönau liegt am linken Ufer der Kleinen Kokel, zehn Kilometer vor dem Zusammenfluss der beiden Kokeln bei Blasendorf.

Für sächsische Veranstaltungen mit gemeinsamem Essen (z.B. HOG-Treffen) könnte als Anregung dienen, das Tischgebet in Mundart zu sprechen.

Worte des Bräutigams beim „Verlangen“ (det Hieschen – Anhalten um die Hand der Braut)

Lauw Fraingdj!
Ech hät en pour Wearter un Ech ze richten. Gott der Harr häot mech an Ir Haus ugewisen, dann ech hun an Irem Haus en Riës faungden, dåi foar mech blauehtj: Ir lauw Doajchter!

Mir hun es gëiengijt, det eardan Leawen zesummen ze gähn; esi bidden ech Ich härzlich am Ir Doajchter, mir se ze verspreechen als meng Brokt.

Dett as meng Bitt!

Wortmann spricht das Tischgebet (Hochzeit)

Kåmm, Harr Jesus, såi uch hetj aus Freudjegöust/ en sejen, wåt Tå aus ous Gnouden beschearet höust./ Amen.

Wortmann der Braut fordert die Gäste zur Bescherung (zum „Gäwen“) auf

Lauw Fraingdj uch Fraingdjannen!
Mir dünken Gott, dem hemmleschen Väoter, die es de Gesångdhiet gean höut, dett gång Pouer hetj an de chrastlich Kirch ze beglieden, wä voar de Stufen des hellijen Altars de Asëijnüng iwer såi gesproochen as warden. Döut as nichen geråing Säoch, vill mih as et en wichtij uch en arnst Säoch. Dann et as de Trannüng vun arer heascher, galdaner Juģendzetj. Hetj stäh såue wåo en Riës am Gåuerten, dåue heasch blauhtj, se wird gebråuchen uch an de Strouß verwandet. Esi warden uch ar Härzen mat dem hetjijen Dåuch aus der galdaner Juģendzetj gebråuchen, uch an det zaukönftij maingschlich Berjerleawen veradelt. Dä wid et net nuar frihe Stångde gean, et waren uch drauw Stångde foar såi schlän an arem Leawen, dåi an net gefålle warden. Doch se selle sich u Gott den Harren wandjen, die wid såi net verlässen.

Lauw Fraingdj, mir wassen, wunn zwä gång Parssonen zesummekunn, fehlt am Haushäolt munch åldast. Esi walle mer en mat em klenne Geschink wetjcherhalfen. Ech mäochen den Ufüng en bidden Ech gauer, mir näzefoljen.

Die Braut bedankt sich bei ihren Gästen

Lauw Fraingdj uch Fraingdjannen!
Ech dünken Ich härzlich foar dåi vill Geschinker, dåi Ir aus geschinkt häot. Der hemmlesch Vöuter mej et Ich an Zoukünft durch sengen Sëijen ersäzen, damat Er et net spirt, wahar Er et genuahn häot. Uch foar dåi vill Glack- uch Sëijenswaingsch, dåi Ir aus af de Leawensweajch mat häot gean, säen ech härzlichen Dünk.

Lauw Åldjer!

Matten a mengem griëße Broktglack stähn ech an desem Üģeblack günz ergraffen voar Ech. Schär wall mir det Härz an der Bråst zespråingjen, wunn ich derun dinken, dått det Schacksöl mech äos mengem Vöuterhaus ewëichrefft.

Lauw Vöuterhaus! Hau, wä iest meng Waich stångd, wä em mich bewoucht häot, wä ich tråi Gesasterlåiwd genessen tuarscht! Uch wunn ich meng gresst Glack nau fångdjen hun, un dech, lauwet Haus menger Kaingdjhiet uch Juģendzetj, dinken ich aingdjen garen zerack. Ech zauehn ous desem Haus ous, wä ech esi heasch Stångden erleawt hun. Ech dünken Ich härzlich foar ålles, wuat Ir foar mech gedän häot, foar de Erzauhüng, foar dåi gaut Lihren, dåi Ir mir gean häot uch foar gaur heasch Däch an åsem Haus. Mej Gott der Harr Ech uch wetjerhin de Gesångdhiet schinken, damat mir ås begene kennen uch, wunn et Niët hout, halfe kennen. Näo as de Trannüngsstångd håu end ech foljen dem Müng, die mir vu Gott bestemmt as warden, en hoffen, meng Glack u senger Setj ze fåingdjen.

Lauw Schwijeråldjer!

Neaht mech uch åf als en Glad an Irer Famili, ech verspreechen Ich, en gaut Schwijerdoajchter ze sen. Ech bidden uch gauer nåi Verwüngdten, mech als en Glad an der Verwüngdtscheft unzëerkennen.

Der junge Mann übernimmt seine junge Frau von ihren Eltern

Lauw Schwijeråldjer!
Lauw Vöuter uch Muatter. Et droindj sich mer de Flicht åf, an deser Ugeleajenhiet en pour Wearter un Ech ze richten. Ech hu gehiërt, dått meng gång Frä esi schwer vun arem Vöuterhaus Auschied nitt. Ech küng mer voarstallen, wå et an Ech aussetj. Ech alling drän de Schüld un Irem Schmärz. Ech fäohren Ir Doajchter ous desem Haus, åwer sedj getriëst, ech wall se glacklich mäochen. Ir Doajchter säol de Zaurd uch meng Stülz an åsem Haus sen. Ech hu mich bemauehtj, de Riës an Irem Gouerten net ze breechen, såndern se an mengem Gouerten nåi ze verflüngzen. De Zehren, dåi håi baom Auschëid flessen, sellen de Wurzel begessen, damat se am nåie Gouerte wetjerblåuihe küng.

Worterklärungen:
dä – dort; wä – wo; Zäord – Zierde

Hanni Markel und Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Mundart, Hochzeit, Brauchtum, Schönau

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