20. Januar 2017

Neujahrsempfang in Gundelsheim am Neckar

Am 14. Januar fand der traditionelle Neujahrsempfang der Kultureinrichtungen der Siebenbürger Sachsen und der für sie wirkenden Vereine auf Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar statt. Eingeladen hatten der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e. V. und das Siebenbürgische Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e. V. Weiterhin zählten zu den Gastgebern das Siebenbürgische Museum, der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V. und das Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg.
Der neu gewählte Vorsitzende der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, Dr. Harald Roth, begrüßte die Anwesenden, darunter den Ehrenvorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Prof. Dr. D. Paul Philippi, sowie den Bundestagsabgeordneten, Präsidenten des Bundes der Vertriebenen und Verbandspräsidenten des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd Fabritius, und die Bundesvorsitzende des Verbandes, Herta Daniel. Von den zwölf Mitgliedsorganisationen des Kulturrates waren sechs durch ihre Vorstände vertreten. Roth wünschte den Anwesenden für das Jahr 2017 alles Gute sowie Gottes Segen. Das Jahr 2016 sei ein schwieriges Jahr gewesen, ein Jahr intensiven Suchens nach dem Weg und Konzept für das Kulturzentrum, nach den entsprechenden Menschen, den Mitteln und der Umsetzung. Schließlich konnten Lösungen für die drei tragenden Säulen gefunden werden – für Begegnungszentrum, Bibliothek und Museum. Roth dankte Fabritius ausdrücklich für seine Fürsprache bei der Einwerbung der Fördermittel des Bundes in Höhe von 1,9 Millionen Euro zur Sanierung des Schlosses. Ohne ihn wäre dies nicht möglich gewesen.

Zugleich erinnerte Harald Roth aber auch an den ersten Neujahresempfang im Jahr 2000. Damals hatte Dr. Günther H. Tontsch, Vorsitzender des Landeskundevereins und stellvertretender Kulturratsvorsitzender, das heute ebenso aktuelle Schlagwort ausgegeben: Wenn 2000 Sachsen je 2000 DM in die neue Stiftung einbringen würden, könnte das Institut erhalten werden, sobald sich die öffentliche Hand zurückzieht. Aufgrund der derzeitigen Krise des Finanzmarktes, die unmittelbare Auswirkungen auf alle Stiftungen hat, sind die Arbeitsstellen von Institut mit Archiv und Bibliothek gefährdet. Roth bekannte daher, dass er mit einem lachenden und einem weinenden Auge vor den Versammelten stehe. Er dankte seinem Vorgänger im Amt, Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch, der sich nun der undankbaren Aufgabe annehme, als Vorsitzender des Kulturzentrums „den Tanker Schloss zu steuern“.
Schloss Horneck, hier im winterlichen Kleid. ...
Schloss Horneck, hier im winterlichen Kleid. Foto: Ingrid Schiel
Das Jahr 2017 sei, so Roth weiter, gerade für die Siebenbürger Sachsen ein außergewöhnliches Gedenkjahr. Ohne die Reformation gäbe es keine siebenbürgisch-sächsische Identität, wie wir sie kennen. Zudem wurde vor 200 Jahren das Brukenthal-Museum in Hermannstadt eröffnet. Heute ist Samuel von Brukenthal (1721-1802) vor allem als Förderer von Kultur und Kunst der Siebenbürger Sachsen bekannt. Seine Privatsammlungen (insbesondere wertvolle Gemälde, Münzen und Bücher), die er testamentarisch dem Hermannstädter Gymnasium überlassen hat, bilden den Grundstock des ersten, 1817 eröffneten öffentlichen Museums im südöstlichen Mitteleuropa. Samuel von Brukenthal war die herausragende Persönlichkeit der Siebenbürger Sachsen im 18. Jahrhundert. Er gehörte nicht dem siebenbürgischen Patriziat an, sondern machte seine Karriere im österreichischen Staatsdienst, indem er als einziger Siebenbürger Sachse vom Gubernialsekretär zum Gouverneur von Siebenbürgen (1777-1787) aufstieg. Entscheidend waren die im Ernennungsdiplom zum Gubernator genannten Qualitäten Brukenthals: Scharfsinn, Fähigkeit, Diensteifer, Genauigkeit in schwierigen Geschäften. Er bewährte sich als tatkräftiger und treuer Diener des Herrscherhauses und verstand es gleichzeitig, die Interessen seiner Mitbürger zu vertreten. Dabei übte sich Brukenthal einerseits in der Defensive – dem Schutz der lutherischen Volkskirche und der Abwehr von Angriffen auf die Rechtsstellung der Sachsen –, andererseits in der Offensive, durch Maßnahmen zu ihrer wirtschaftlichen Stabilisierung und zur Festigung ihres kulturellen Selbstbewusstseins. Kennzeichnend ist seine Denkschrift an die Kaiserin, in der er feststellte: „Kein Magnat oder Edelmann ist in der Sächsischen Nation frei, alle zahlen nach ihrer Habschaft.“ Ohne die Brukenthal-Bibliothek und das Brukenthal-Museum, Nationalbibliothek und Nationalmuseum der damaligen sächsischen Nation, gäbe es wohl auch keine Siebenbürgische Bibliothek und kein Siebenbürgisches Museum auf Schloss Horneck – die Brukenthalsche Tradition und der Geist jener Einrichtungen waren auch für die Neugründungen in Deutschland prägend und sind es heute noch.

Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch begrüßte die Gäste und dankte Bernd Fabritius für die Initiative, die den Rückkauf von Schloss Horneck und damit die Etablierung des Kulturzentrums überhaupt erst ermöglichte. Nun stehe die Aufgabe an, es mit Leben zu füllen. Als Begegnungszentrum wird es seine Wirkung nicht nur in Gundelsheim, sondern auch im Neckarraum und darüber hinaus entfalten. In Zukunft wird der barocke Festsaal des Schlosses den Namen des Humanisten und sächsischen Reformators von europäischem Rang, Johannes Honterus, tragen. Zum einen anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 und zum anderen in Erinnerung an den Trägerverein des siebenbürgischen Altenheims, der die Kulturentfaltung von Bibliothek und Museum überhaupt erst ermöglichte, indem er ihnen eine Heimat auf Schloss Horneck bot.

Die Bundesvorsitzende Herta Daniel überbrachte die besten Grüße und Wünsche des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Sie betonte, dass das Schloss kultureller Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen war und bleiben wird. Der Bundesjugendleiter der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland, Edwin-Andreas Drotleff, freue sich, mit der Jugend aktiv am Geschehen auf Horneck teilzunehmen. An ersten Umbaumaßnahmen hat sich die Jugend bereits beteiligt. Daniel dankte Gündisch für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats und wünschte seinem Amtsnachfolger alles Gute. Die Vorsitzende des Siebenbürgischen Museums e.V., Dr. Irmgard Sedler, wünschte ein friedvolles neues Jahr, Gesundheit und Kraft. Diese Einrichtung habe inzwischen ihren Platz im nationalen und universalen Kontext gefunden. Sie berichtete über die Ausstellung: „‘… weil Leben wandern heißt‘. Siebenbürgische Migrationsgeschichte(n)“, die viel Beachtung gefunden und zu weiteren Kooperationen geführt habe. Zurzeit läuft die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg in Siebenbürgen“, die ebenfalls gut besucht ist. Das Museum strebt eine Erweiterung seiner jetzigen Fläche an. In der ehemaligen Kapelle, die als Schatzkammer eingerichtet werden wird, wird es 2017 eine Ausstellung von Gert Fabritius unter dem Motto: „Engel der Gezeiten“ geben. Des Weiteren sind neben dem laufenden Museumsbetrieb eine Landler-Ausstellung und der Abschluss der Michael-Barner-Ausstellung mit einem Katalog geplant. Dr. Bernd Fabritius überbrachte seinerseits die besten Wünsche zum Jahresbeginn. Das Jahr 2017 werde aufgrund der Wahlen ein entscheidungsreiches Jahr für Deutschland werden. Er bat, den siebenbürgisch-kritischen Geist zu behalten und rief dazu auf, wählen zu gehen. Es sei Bürgerpflicht und Bürgerrecht. Zugleich sei das Jahr 2017 ein entscheidungsreiches Jahr für die Siebenbürger Sachsen, Schloss Horneck als „kulturelles Rückgrat unserer Gemeinschaft“ zu erhalten. Fabritius wünschte Mut und Zuversicht und bat alle Sachsen, uns gewogen zu sein.

Die Besonderheit des Neujahrsempfangs 2017 war eine Autorenlesung mit eigenen Liedern von Horst Samson, eines bedeutenden Repräsentanten der rumäniendeutschen Literatur.
„Frei wie der Wind“. Der Banater Dichter und ...
„Frei wie der Wind“. Der Banater Dichter und Journalist Horst Samson. Foto: Anneliese Vater
Der Dichter, Liedermacher und Journalist gehört zum ­literarischen Freundeskreis der Nobelpreisträgerin Herta Müller. Er veröffentlichte in Rumänien rund zehn Lyrikbände und erhielt für sein Werk nationale und internationale Preise. Samson ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller, im Internationalen P.E.N und war bis 2014 Generalsekretär des Exil-P.E.N – Sektion deutschsprachige Länder. Auf Horneck nahm er das Publikum mit auf eine Reise durch das Labyrinth des Lebens, durch die Niederungen und Höhen unserer Gesellschaft. Überzeugend und authentisch klangen Statements wie „Ich wohne gern in der Kunst, im Wort und lebe in der Musik“ sowie Lieder wie „In die Freiheit will ich fliegen“.

Abgerundet wurde das Programm traditionell mit einer Bilder-Ausstellung. Diesmal präsentierte die Archivbetreuerin Jutta Fabritius Ausdrucke von Diapositiven des em. Prof. für Pflanzenphysiologie und Pflanzenökologie an der Universität Wien, Dr. Roland Albert, der 1973 eine Reise durch Siebenbürgen und die Moldau unternommen hatte. Bemerkenswert an der Ausstellung ist der offene und neugierige Blick des Biologen, der vielfältige Momentaufnahmen der unterschiedlichen ethnischen Gruppen, der Architektur, der politischen Gegebenheiten und der natürlichen Umwelt entstehen ließ. Farbdiapositive mit rumänischen Motiven von Beginn der 1970er Jahre sind Raritäten, die in der Öffentlichkeit nur selten gezeigt werden.

Neben anregenden Gesprächen bei Sekt, Saft und Knabber-Gebäck bot der gut besuchte Empfang anhand von Führungen, die Konrad Gündisch anbot, Einblick in die verschiedenen Kultureinrichtungen und den aktuellen Zustand von Schloss Horneck.

Ingrid Schiel

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Neujahrsempfang, Roth, Fabritius, Gündisch

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