19. August 2019

Jugend gestaltet Heimattag in Aylmer begeistert mit

Die Siebenbürger Sachsen haben bei ihrem Heimattag in Nordamerika, der vom 12. bis 14. Juli in Aylmer, Ontario, in Kanada stattfand, erneut bekräftigt, dass sie ihre Kultur über Grenzen hinweg weiterpflegen wollen. Die junge Generation gestaltete das Fest begeistert mit und gibt Anlass zur Hoffnung, dass die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft auch in Zukunft weiterleben wird.
„Deine alte Heimat ist deine Mutter, die neue deine Braut und du sollst beiden die Treue halten!“ Mit diesen bewegenden Worten begrüßte John Penteker, erster Stellvertretender Vorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, die Gäste des Heimattages der Siebenbürger Sachsen in Nordamerika am 12. Juli in der Saxonia Halle in Alymer. Penteker verstand es, in seiner Rede die Vergangenheit mit der Gegenwart in beeindruckender Weise zu verbinden, und erwähnte die schwere Situation der Siebenbürger Sachsen vor über 70 Jahren und die hier im fernen Kanada gefundene neue Heimat.

Die Teilnehmer des Festes, zu dem die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada geladen hatte, wurden in Aylmer, Ontario, mit Festtagswetter empfangen. Auch dieser Heimattag war getragen von einer großen Wiedersehensfreude, die bei den vielen Begrüßungen und anschließenden Gesprächen sehr deutlich zum Ausdruck kam. Eine Freude, die man immer dann empfindet, wenn man gute Freunde nach langer Zeit wiedersieht. Die Gäste kamen hauptsächlich aus den USA und Kanada, Europa war auch vertreten: Willi Schenker und Lebensgefährtin waren zum neunten Mal aus Ingolstadt in Deutschland zu einem Heimattag auf diesem Kontinent angereist! Die Bundesvorsitzende Herta Daniel vertrat die drei Organisationen der Föderation der Siebenbürger Sachsen aus Europa, des Verbandes in Deutschland, des Bundesverbandes in Österreich und des Siebenbürgenforums.
Kindertanzgruppe Cleveland in Aktion. Quelle: ...
Kindertanzgruppe Cleveland in Aktion. Quelle: Transylvania Club Kitchener
Es wurde Englisch, Deutsch, aber auch unsere siebenbürgisch-sächsische Mundart gesprochen. Wie mir berichtet wurde, führen unsere Landsleute in Kanada oft intensive Gespräche über die Frage, welches unsere „echte“ Sprache sei, d.h. an welchem Ort in Siebenbürgen das „richtige“ Siebenbürgisch-Sächsisch gesprochen werde.

Der Trachtenzug von der evangelischen St. John‘s Kirche zur Saxonia Halle fand bei strahlendem Wetter statt und war geprägt von der Vielfalt unserer siebenbürgischen Trachtenlandschaft: Hauptsächlich waren Trachten des Nösner Landes vertreten, es gab vereinzelt aber auch Trachten aus Südsiebenbürgen, zum Beispiel aus Michelsberg (Trachtenträger waren für dieses Ereignis aus Chicago angereist) oder dem Unterwald. Angeführt wurde der Festzug von den Fahnenträgern, die die siebenbürgisch-sächsische Fahne und jene der Mitgliedländer der Föderationsvereine der Siebenbürger Sachsen trugen: Deutschland, Österreich, USA, Kanada und Rumänien.
Kinderchor Eintracht Newcastle PA unter der ...
Kinderchor Eintracht Newcastle PA unter der Leitung von Danuel Forsberg. Foto: Transylvania Club Kitchener
Die drei Vorsitzenden der Vereine aus den USA, Kanada und Deutschland betonten in ihren Ansprachen die Bedeutung des Kulturaustausches und des Föderationsjugendlagers für den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft. Die Wertschätzung, der sich unsere Landsleute in Kanada erfreuen, wurden durch die Anwesenheit zahlreicher hochrangiger Politiker deutlich, wie der Bürgermeisterin Mary French, des Bürgermeisters Dave Mennill oder der Parlamentarierin aus Elgin-Middelesex-London, Karen Vecchio, die alle sehr lobende Worte über die Siebenbürger Sachsen fanden.

Eine Ausstellung siebenbürgisch-sächsischer Handarbeiten und Trachten bot den passenden Rahmen. Ein Stück Zeitgeschichte erzählte ein Wandbehang aus dem Jahr 1909, der bei einem Bombenangriff während der Flucht aus Nordsiebenbürgen 1944 zwar beschädigt, aber von geschickten Frauenhänden so kunstvoll geflickt wurde, dass man diese kleine Unregelmäßigkeit im großen Gesamtbild nur erkennt, wenn man Bescheid weiß. Ob der von den Siebenbürger Sachsen bei der Flucht erlittene Schaden (Verlust der Heimat) vom Schicksal genauso kunstvoll geflickt wurde und für Externe und Uneingeweihte ebenso wenig erkennbar ist?
Tanzgruppen aus Kitchener und Aylmer beim ...
Tanzgruppen aus Kitchener und Aylmer beim Heimattag in Kanada. Foto: Transylvania Club Kitchener
Das festliche Bankett am Samstagabend wurde mit dem Einzug der Fahnenabordnungen und der Redner eröffnet. Joan Miller-Malue, Präsidentin der Alliance of Transylvanian Saxons (ATS), des Zentralverbands der Siebenbürger Sachsen in den USA, erinnerte in ihrer Ansprache an die Anfänge der ATS beginnend mit 1902 in Ohio, Pennsylvania, Indiana, Illionis und Michigan. Die Siebenbürger Sachsen gründeten Clubhäuser, Chöre, Volkstanzgruppen und Blaskapellen und pflegten unsere Kultur. Sie betrachtete es mit Wehmut, dass nach circa sechs Generationen die deutsche Muttersprache abhanden gekommen sei. Nach den Vorkommnisse des ersten und zweiten Weltkriegs gegen Deutsch sprechende Personen hätten unsere Landsleute aufgehört, Deutsch zu sprechen, und ihren Kindern die Sprache auch nicht mehr beigebracht. Während des zweiten Weltkriegs wurden Organisationen wie ATS vom FBI beobachtet, um sicherzugehen, dass sie dem deutschen Militär keine materiellen Hilfen gaben. Dies zog Schrecken und Verunsicherung nach sich und trug dazu bei, dass die deutsche Sprache nicht einmal mehr innerhalb der Familie gesprochen wurde. Ungeachtet dessen wurden aber die siebenbürgisch-sächsischen Traditionen gelebt und weitergegeben. In der heutigen Zeit würde die ATS das Erlernen der deutschen Sprache unter ihren Mitgliedern begrüßen und man sei sehr stolz darauf, dass die Chöre in deutscher Sprache singen würden. Das zeigte die beeindruckende Darbietung des Eintracht Männerchores Newcastle PA unter der Leitung von Danuel Forsberg, der es wunderbar versteht, die Kinder in das deutsche Liedgut einzuführen. Es war ein Ohrenschmaus der besonderen Art, die Kindergruppen singen zu hören. Die Belohnung war ein ausgiebiger Applaus! John Miller-Malue betonte, dass neben der Aufrechterhaltung unserer Traditionen und Kultur auch die materielle Hilfe an die in Siebenbürgen Not leidenden Schwestern und Brüder selbstverständlich weitergehe. Gleichfalls seien Spenden für Schloss Horneck an der Tagesordnung, um unsere Kultureinrichtungen zu erhalten.
John Werner, Bundesvorsitzender der ...
John Werner, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, währen seiner Ansprache im der Saxonia Halle. Foto: Transylvania Club Kitchener
Das Motto des Heimattages erläuterte der Bundesvorsitzende John Werner in seiner Ansprache: Es ist als Titel des Musicals „Come from away“ bekannt. Dieser Titel greift einen Ausspruch aus Neufundland auf: „Ihr kommt von fern!“ sagt man dort allen ankommenden Fremden, so auch den Passagieren der Flugzeuge, die nach den Ereignissen des 11. September 2001 in Neufundland gestrandet und äußerst gastfreundlich empfangen worden waren. Ein Thema, das sich in dem Musical wiederfindet. Diese Gastfreundschaft erinnere ihn an unsere siebenbürgischen Art, Fremde zu empfangen.

Die Bundesvorsitzende Herta Daniel ging in ihrer Festrede auf den weltweiten Zusammenhalt unter den Siebenbürger Sachsen ein, ein Zusammenhalt, der Grenzen und Zeiten überdauert hat. Sie stufte die gemeinsamen Veranstaltungen und Projekte, wie Föderationsjugendlager und Kulturaustausch im Rahmen der Föderation als äußerst wichtig für die Zukunft unserer Gemeinschaft ein und gratulierte den beiden Landsmannschaften zu ihren Kulturgruppen, insbesondere den Kindern zu deren gelungenen und mit viel Beifall versehenen Auftritten. Für das Fortbestehen unserer Vereine sei die Weitergabe unserer Traditionen und Werte ein nicht zu vernachlässigender Faktor!
Bundesvorsitzende Herta Daniel beim Heimattag in ...
Bundesvorsitzende Herta Daniel beim Heimattag in Aylmer. Foto: Elisabeth Voik
Der Transylvania Club Chor unter der Leitung von Dieter Conrad erfreute mit einem überaus reichen Liederrepertoire, während die Transylvania Club Hofbräu Band (Blasmusik) unter der Leitung von Andrea Emrich für gute Stimmung sorgte. Die Tanzgruppen (Cleveland Saxon Dance Group und Kinder Dance Group, Transylvania Club Youth Dance Group, Saxonia Hall Dance Group und Kinder Dance Group) strahlten Jugend und Eleganz aus. Daniel Pfingstgraef moderierte gekonnt und sehr souverän diesen Heimattag.

Heimattage wie dieser zeigen, dass die bei der Gründung der Föderation angedachten Grundvorstellungen Wirklichkeit geworden sind. Die von jungen Leuten geprägten Veranstaltungen belegen aber auch, dass wir auf diese junge Generation bauen können. Der Nachwuchs zeigt durch seine bisherigen Aktivitäten den Willen zum Weiterleben unserer Kultur und Traditionen, aber auch zum weltweiten Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen.

Herta Daniel

Bildergalerie des Heimattages 2019 in Aylmer. Fotos: Transylvania Club Kitchener

Schlagwörter: Heimattag, Föderation, Nordamerika, Aylmer, Kanada, John Werner, Herta Daniel, Joan Miller-Malue, ATS

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