6. August 2020

Zum 90. Geburtstag: Dr. Wolfgang Bonfert wird Ehrenpräsident der Föderation der Siebenbürger Sachsen

Unser erster Präsident der Föderation der Siebenbürger Sachsen, Dr. Wolfgang Bonfert, wurde zu seinem 90. Geburtstag am 6. August auf besondere Weise überrascht: Der Föderationsrat hat beschlossen, ihn zum Ehrenpräsidenten zu ernennen. Damit wird seinen beispielhaften Verdiensten um die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen weltweit insbesondere in seiner Eigenschaft als Präsident der Föderation der Siebenbürger Sachsen Rechnung getragen.
Wolfgang Alfred Bonfert wurde am 6. August 1930 in Bukarest geboren. 1940 kam er mit seiner Familie nach Norddeutschland. Nach dem Studium der Veterinärmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, das er mit dem Staatsexamen abschloss, folgten 1959 die Promotion zum Dr. med. vet. und danach verschiedene verantwortungsvolle Positionen als Veterinärrat, Fachtierarzt für Lebensmittelhygiene, bis er schließlich im Gesundheitsministerium in Saarbrücken das Amt eines Ministerialrats und Leiters des Veterinärwesens im Saarland wahrnahm. Er rundete seinen beruflichen Werdegang von 1975 bis 1989 mit einem Lehrauftrag in seinem Fachgebiet Lebensmittelhygiene an der Universität in Saarbrücken ab. In seinem Berufsleben war er in vielen Gremien ehrenamtlich tätig, zuletzt als Vorsitzender des Sozialausschusses der Tierärztekammer des Saarlandes bis Juli 2010. In 22 beruflichen, kulturellen und sozialen Vereinigungen war Wolfgang Bonfert als Mitglied oder im Vorstand aktiv.
Dr. Wolfgang Bonfert mit Gattin Ingeborg beim ...
Dr. Wolfgang Bonfert mit Gattin Ingeborg beim Heimattag 2011 in Dinkelsbühl. 1985, in seiner Amtszeit als Bundesvorsitzender, wurde die Partnerschaft des Verbandes und der Stadt Dinkelsbühl besiegelt. Der Ehrenvorsitzende des Verbandes beteiligte sich inzwischen an 57 Heimattagen in Dinkelsbühl. Foto: Herwart Licker
Seit 1959 Mitglied der Landsmannschaft, wurde er ­bereits 1962 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Landesgruppe Saarland gewählt, 1966 bis 1970 war er Landesvorsitzender. In den Jahren 1970-1980 engagierte er sich als stellvertretender Bundesvorsitzender und danach als Bundesjugendbeauftragter im Bundesvorstand. Seine Wahl zum Bundesvorsitzenden erfolgte im April 1983. Dieses Ehrenamt hatte er bis November 1989 inne.

Er erinnert sich an die Anfangszeiten: „Bei meinem Eintritt in die Landsmannschaft vor rund 60 Jahren und bald darauf auch Übernahme eines Amtes war die Zeit geprägt von dem Bemühen, die durch die Zeitläufte bedingten Schwierigkeiten für uns Siebenbürger Sachsen zu bewältigen“. Unter anderem gab es damals auch das Spannungsfeld der Auseinandersetzungen „Gehen oder Bleiben“.

In seiner Amtszeit als Bundesvorsitzender kamen vielseitige Aufgaben auf ihn zu. Er wirkte bei heimatpolitischen Initiativen der Landsmannschaft mit, z. B. gegen das Freikaufdekret (Siebenbürgische Zeitung/SbZ vom 31. Mai 1983, Seite 1). In seiner Rede beim Heimattag 1983 bekräftigte er „die uneingeschränkte Verwirklichung der Menschenrechte für unsere Landsleute in Siebenbürgen“ (SbZ vom 31. Mai 1983, Seite 2). Seine Erfolgsrezepte waren und sind gute Argumente, Geradlinigkeit, Standfestigkeit und Zuverlässigkeit sowie ein wacher Blick für alles, was sich vor und hinter den Kulissen bewegt, und das ruhige Urteil nach geduldigem Zuhören – was unweigerlich zum Vertrauen seiner Gesprächspartner führt. Bonfert ersetzt Argumente nie durch Lautstärke oder Worthülsen, er sucht den Konsens, ohne Schwäche zu zeigen, und setzt wegen eines kurzfristigen Erfolgserlebnisses das Vertrauen für eine langfristig notwendige Zusammenarbeit nie auf Spiel. Dieses Vertrauen machte ihn bei Politikern, mit denen er auf Landes- und Bundesebene in Berührung kam, ebenso wie bei den Medien und Repräsentanten anderer Landsmannschaften zu einem gefragten Gesprächspartner. In diesem Sinne führte er zahlreiche Gespräche nicht nur mit deutschen Politikern, wie Arbeits- und Sozialminister unseres Patenlandes NRW, im Auswärtigen Amt, im Bundesinnenministerium, im Kanzleramt und beim Bundespräsidenten, sondern auch mit Vertretern der rumänischen Botschaft (SbZ vom 15. Juni 1984, Seite 3). „So hatte ich während meiner Amtszeit regelmäßig vor Kontakten Genschers mit rumänischen Außenministern oder sonstigen hochrangigen Gesprächspartnern Termine bei ihm, um aktuell unsere Anliegen vorzutragen.“ Als einen Höhepunkt betrachtet Bonfert ein Gespräch 1989 mit dem Minister-Staatssekretär im rumänischen ­Außenministerium über eine „Verbesserung der humanitären Bedingungen bei Ausreisen, Verbesserung der Kontaktnahme und Hilfen für Siebenbürger Sachsen in Rumänien, Pflege und Sicherung unseres Kulturgutes und Erleichterungen wissenschaftlicher und kultureller Kontakte“.

Föderation der Siebenbürger Sachsen

Die Föderation der Siebenbürger Sachsen ist eines seiner „Kinder“. Sie wurde als weltweite Interessenvertretung aller Siebenbürger Sachsen am 3. Oktober 1983 in Elixhausen-Sachsenheim gegründet. Dr. Wolfgang Bonfert wurde ihr erster Präsident und behielt dieses Ehrenamt in Absprache mit seinem Nachfolger auch nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender. Er unternahm mit den anderen Bundesvorsitzenden 1991 eine „Föderationsreise“ nach Siebenbürgen, wo er sich mit Vertretern des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen (DFDS) zusammengefunden hatte, Kontakt aufnahm und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit erörterte. Auch ein Besuch bei Bischof Albert Klein in Hermannstadt führte zu ausführlichen Erörterungen über die Situation der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien.

Sehr ausgeprägt ist sein Talent, Freundschaften aufzubauen und zu erhalten. Bei den Heimattagen in den USA und Kanada oder bei den Sachsentreffen konnte ich das feststellen: In den Gesprächen dort kamen immer wieder sein Name und sein Wirken ins Spiel.

Eine der herausragenden Stärken von Wolfgang Bonfert ist sein besonderes Gespür für Probleme der sogenannten Basis. Dadurch hat er es immer überzeugend verstanden, eine Balance zu schaffen zwischen den essenziellen Problemen, die uns alle an der Basis drücken, und den existenziellen Problemen des Verbandes auf Landes- und Bundesebene. Dabei lag sein Augenmerk immer darauf, dass alle gleiche Start- und Rahmenbedingungen hatten. Unvergessen ist sein Engagement für die HOGs, deren Gründung ein neues Aufgabenfeld darstellten und bei einigen Kreis- und Landesgruppen Irritationen hervorriefen: „Ich habe mich von Anfang an dafür ausgesprochen, die Heimatortsgemeinschaften als sinnvolle Ergänzung landsmannschaftlicher Arbeit anzusehen, und habe auch regelmäßig an deren ‚Verbandsveranstaltungen‘ (Offenau 1983, Gundelsheim 1984, Drabenderhöhe 1985, Crailsheim 1987) teilgenommen.“

Er wies immer rechtzeitig darauf hin, wohin die Reise geht und wie man den kommenden Schwierigkeiten begegnen kann. So ging von ihm 1986 die Initiative aus, den Rat der Südostdeutschen wieder zu aktivieren und gemeinsame Positionen der angeschlossenen Landsmannschaften zu beraten und Konzepte für die künftige Arbeit zu entwickeln (SbZ vom 15.12.1986, Seite 1).

In seiner Arbeit hat er Beharrlichkeit und Mut zum Ungewöhnlichen und Überzeugungskraft bewiesen. Mit großer Sachkenntnis und Energie hat er wesentlich zur Gründung des „Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen“ als eingetragener Verein am 26. Oktober 1986 in Dinkelsbühl beigetragen. 1985 wurde eine Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und den Siebenbürger Sachsen geschlossen.

Kultur

Sein Bestreben war, eine „enge Beziehungen und ein Klima freundschaftlicher Zusammenarbeit“ herzustellen, wie er nach seinen Antrittsbesuchen im Mai und Juni 1983 bei dem Vorstand des Hilfskomitees in Würzburg, beim Kulturrat und Museumsvereins in Gundelsheim bemerkte. „Ein grundlegendes Anliegen für uns Siebenbürger Sachsen ist die Bewahrung und Fortentwicklung des kulturellen Erbes auch in unseren neuen Lebensbereichen, weil es dabei um europäisches Kulturgut geht“ (SbZ vom 15. Juni 1984, S. 3).

Einsatz für die Jugend

Er verfügt über ungewöhnliche Kräfte der Integration und damit über ein wertvolles Kapital für das Innenleben von Vereinen, deren Mitgliedschaft freiwillig ist und deren Interessenlage internen Meinungsverschiedenheiten ausgesetzt ist. Diese Kräfte ermöglichten es ihm, seine Energie ohne Verluste in die tägliche Arbeit einzubringen. Soweit es möglich ist, besorgt Bonfert das eigentlich Wichtige nicht mit großer Rede, sondern schlicht und einfach miteinander. Wer ihn kennt, weiß, dass dem umsichtigen Bundesvorsitzenden die Jugend und deren Entwicklung besonders am Herzen lag: Die 1978 erfolgreichen Bemühungen, die Jugendarbeit mit neuem Leben zu erwecken, wurden dank der Mitwirkung engagierter junger Leute zum „Selbstläufer“ und führten 1986 zur Gründung der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) und deren Aufnahme als eigenständige Gliederung in die Landsmannschaft. Bonfert betrachtet heute die Entwicklung der Jugendarbeit und das kreative Engagement der jungen Leute mit „besonderer Genugtuung“! Er hofft sehr, dass dieser Trend anhalten möge, „denn dies ist ein Teil unserer Zukunft“.

Ehrungen, Auszeichnungen

Sein Wissen, seine Erfahrung und seine kommunikativen Fähigkeiten, kurz seine fachliche und soziale Kompetenz, werden von uns allen geschätzt und er konnte sie immer wieder unter Beweis stellen, z. B. als Wahlleiter bei Neuwahlen unserer letzten Verbandstage. Auch nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender hat Dr. Bonfert im Bundesvorstand kritisch und konstruktiv mitgearbeitet. Insbesondere dort war seine Meinung gefragt, weil er immer offen zu anstehenden Problemen Stellung nahm und Lösungswege aufzeigte.

Der Jubilar hat eine sehr erfolgreiche Verbandsarbeit geleistet. Für sein außergewöhnliches Engagement wurde Dr. Bonfert mehrfach ausgezeichnet: 1967 mit dem Goldenen Ehrenwappen der Landsmannschaft, 1989 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, 1998 mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis, 1999 mit der Wahl zum Ehrenvorsitzenden der Landsmannschaft, 2009 mit dem Ehrenstern der Föderation der Siebenbürger Sachsen und 2020 als deren Ehrenpräsident.

Er blickt heute gern auf seine Tätigkeiten im Rahmen des Verbandes zurück: „Ich bin dankbar für viele Begegnungen und manche Freundschaft und für viele Erfahrungen, die ich sonst wohl nicht oder nicht so intensiv gemacht hätte. Ich habe dabei meiner Frau, die aus Oberschlesien stammt und die mit ihrer Familie erst Anfang 1960 in die Bundesrepublik ausreisen konnte, sehr für ihr Verständnis und für ihre Unterstützung zu danken.“ In seinen Dank für treue Unterstützung bezieht er auch andere Persönlichkeiten mit ein und viele seiner Mitarbeiter aus dem landsmannschaftlichen Bereich.

Zukunftswünsche

Fragt man Dr. Bonfert nach den Wünschen für die Zukunft, so kommt er neben dem erfolgreichen Wirken der SJD auf den Erhalt des Zusammenhalts und des Zusammenwirkens der verstreut in der Welt lebenden und unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzten Siebenbürger Sachsen zu sprechen und auch darauf, dass „die von unseren Vorfahren und deren aktuellen Nachkommen geschaffenen Kulturgüter und durchlebte Geschichte ein einigendes Band“ bleiben möge. Die Daseinsberechtigung und eine „Überlebenschance“ der Siebenbürger Sachsen sieht er nicht nur in der kulturellen Dokumentation, sondern auch in dem solidarischen Zusammenstehen, Achtung der gewandelten Traditionen, wobei eine Zukunftsorientierung unerlässlich ist.

Lieber Herr Dr. Bonfert, Sie haben Zukunftspläne geschmiedet, haben Ihre Nachfolge bestens geregelt und Sie hatten ein landsmannschaftliches Team, das immer geschlossen zu Ihnen stand und steht. Zu ihrem 90. Geburtstag möchte ich Ihnen von ganzem Herzen gratulieren! Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute, vor allem beste Gesundheit und viel Kraft, um dem Schicksal zu begegnen.

Herta Daniel, Ehrenvorsitzende



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