30. Oktober 2023

Wie der Funke überspringt: Verbandstag als höchstes Gremium des Verbandes tagt in Bad Kissingen

Die Delegierten der Landesverbände, der SJD und Bundesvorstandsmitglieder stehen in den Startlöchern. Die Einladungen an sie wurden schon am 15. September versandt, eine Tagungsmappe mit 130 Seiten haben sie bereits am 20. Oktober erhalten. Beim Verbandstag des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland werden sie nun am 4. und 5. November im „Heiligenhof“ in Bad Kissingen Bilanz ziehen über das Geleistete und sich Gedanken über die Zukunft machen, um neue Mitglieder zu gewinnen, den Verband zu stärken und die eigene Kultur an die junge Generation weiterzugeben.
Der Bundesvorstand beim letzten Verbandstag 2019. ...
Der Bundesvorstand beim letzten Verbandstag 2019.
Wird der Funke auf die junge Generation überspringen? Die Voraussetzungen sind gut, auch wenn der Verband mit sinkenden Mitgliederzahlen konfrontiert ist. Wichtig ist, dass die Kultur in vielen Tanz- und Theatergruppen, Chören, Blaskapellen u.a. gepflegt, dass die Begeisterung für unsere Gemeinschaft von allen Generationen gelebt wird und damit ein Vorbild für junge Leute ist. Die Jugend hat die Flamme schon längst aufgegriffen, wie ihre außerordentliche Präsenz beim Heimattag in Dinkelsbühl zeigt. Der Verband darf stolz sein, dass die jungen Leute so begeistert mitmachen. Die Nachwuchsorganisation, die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend, zählt 978 Mitglieder, wie Bundesvorsitzender Rainer Lehni in seinem sieben Seiten langen Tätigkeitsbericht feststellt.

Rainer Lehni ruft in erster Reihe alle Familien auf, die siebenbürgisch-sächsische Mundart, Kultur und Traditionen an die junge Generation weiterzugeben. Wesentlich sei es, die junge Generation, die in Deutschland geboren ist, einzubinden, für unsere Gemeinschaft zu gewinnen, ihr aber auch die nötigen Freiräume zu gewähren, um sich zu entfalten, wie er im Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung betont. Eine entscheidende Rolle in der Kultur- und Gemeinschaftspflege spielt selbstverständlich der Verband, denn ohne ihn könnten die verschiedenen Veranstaltungen gar nicht stattfinden. Der Verband der Siebenbürger Sachsen schafft erst die Grundlage für den Erhalt der Gemeinschaft. „Die Kreisgruppen und Heimatortsgemeinschaften bilden das Rückgrat, das wir stärker und zukunftsfähig machen müssen“, so Rainer Lehni.

Um die Kultur zu pflegen, muss man sich ihrer bewusst werden, sich Gedanken über die Identität machen und sich dazu bekennen. Deshalb hat der Bundesvorsitzende Rainer Lehni in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 8 vom 22. Mai 2023, Seite 1, zu einer Identitätsdiskussion aufgerufen. Mehrere Landsleute haben wertvolle Anregungen eingebracht, sie Sie in der Rubrik "Leserecho" der gedruckten Ausgabe und unter dem Schlagwort "Identitätsdiskussion" in der Siebenbürgischen Zeitung Online lesen können).

Ein starkes Interesse an unserer Gemeinschaft geht auch aus der Umfrage hervor, die seit dem 1. Oktober 2023 auf Siebenbuerger.de läuft. Die Benutzer wurden gefragt: „Welche siebenbürgisch-sächsischen Eigenheiten führen bei Ihnen zu einer starken Identifikation mit der Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen?“ Am wichtigsten ist für die 164 Benutzer, die abgestimmt haben (Stand: 24. Oktober) die Sprache/Mundart (rund 74 Prozent), gefolgt von Traditionen, Brauchtum und Kultur (71,3 Prozent), dem Zusammengehörigkeitsgefühl (69,5), den Tugenden und Werten, die den Siebenbürger Sachsen nachgesagt werden (62,2), sowie dem baulichen Erbe (z.B. Kirchenburgen) mit 61 Prozent, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Nur jeweils 5,5 Prozent gaben an, dass die siebenbürgisch-sächsischen Eigenheiten für sie nicht so wichtig seien oder dass sie sich mit der Gemeinschaft nicht sonderlich identifizierten.

Der Verband zählt zurzeit 27.960 Mitglieder (Vollmitglieder, Zweitmitglieder, Familienmitglieder, SJD-Mitglieder, SJD-Fördermitglieder). Der Verband ist nach wie vor attraktiv: 500 bis 600 neue Mitglieder (d.h. Familien) treten ihm jährlich bei, doch der Mitgliederschwund durch das Ableben der Mitglieder kann dadurch nicht aufgewogen werden.

In der jüngsten Amtszeit (2019-2023) hat der Bundesvorstand daher vielseitige Initiativen ergriffen, um neue Mitglieder für den Verband zu gewinnen und dem altersbedingten Mitgliederschwund entgegenzuwirken. So wurde 2020 unter der Leitung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Dr. Andreas Roth eine Arbeitsgruppe Mitgliederwerbung eingerichtet. Wir rufen alle Mitglieder erneut auf, die Beitrittserklärung in ihrem Familien- und Freundeskreis weiterzugeben. Sehr gute Artikel über die Leistungen unseres Verbandes und die Möglichkeiten, ihn zu unterstützen, hat Rainer Lehni in der Folge 3 vom 25. Februar 2020 und Folge 2 vom 31. Januar 2023 veröffentlicht.

Neben Mitgliederwerbung wurde bei den letzten beiden Heimattagen auch Sponsoring betrieben, und zwar von einer Projektgruppe, die ebenfalls unter der Leitung von Dr. Andreas Roth steht. Beispielgebend und von großer symbolischer Bedeutung für den Verband, der sich stärken will, sind auch Spenden des Unternehmers Michael Schmidt u.a. und Schenkungen wie jene von Dieter Stefani.

Der Verbandstag, der als oberstes Gremium des Verbandes grundsätzliche Entscheidungen über unsere Gemeinschaft trifft, wird am ersten November-Wochenende auch über zwei Anträge zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrages abstimmen. Eine Erhöhung sei nötig, um der aktuell hohen Inflationsrate, also den in den meisten Bereichen gestiegenen Kosten, Rechnung zu tragen, argumentiert der Bundesvorstand. Dadurch solle der Haushalt des Verbandes auf Bundes-, Landes- und Kreisgruppenebene auf eine gesunde Basis gestellt werden.

Der Findungsausschuss für den Verbandstag konnte geeignete, gute Kandidaten für alle relevanten Ämter, die zu wählen sind, finden. Kleine Anpassungen der Satzung sind nötig, um den Verbandstag sowie Sitzungen des Bundesvorstandes oder des Kulturpreisgerichts im Wege der elektronischen Kommunikation möglich zu machen.

Erfahrungen mit digitalen oder hybriden Sitzungen hat der Verband in den letzten Jahren gemacht, sie hätten „zu einer vielfältigeren, kostengünstigeren und effektiveren Sitzungskultur geführt“, stellt der Bundesvorsitzende in seinem Tätigkeitsbericht fest. „Wenn wir der Corona-Zeit etwas Positives abgewinnen können, ist das der Digitalisierungsschub, den unser Verband in dieser Zeit erfahren hat. Die Höhepunkte dieser Digitalisierung waren die Digitalen Heimattage 2020 und 2021, die innerhalb und auch außerhalb der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft vielfach beachtet und gelobt wurden“, schreibt Rainer Lehni. Im großen Ganzen sei unser Verband glimpflich durch die Corona-Pandemie ab März 2020 gekommen. Die Aktivitäten des Verbandes mussten zeitweise komplett eingestellt werden, das Verbandsleben habe sich ab Sommer 2022 wieder normalisiert. Es seien nur wenige siebenbürgische Kulturgruppen auf der Strecke geblieben, die Anzahl der älteren Aktiven habe sich jedoch etwas verringert.

„Der Verband konnte sich außerordentlich positiv in der Öffentlichkeit positionieren, dies besonders auch mit seinen digitalen Formaten in der Corona-Zeit. Auch durch die Arbeit des Ehrenvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten (2018-2022) und als Präsident des Bundes der Vertriebenen (seit 2014) wurde der Verband immer positiv in der Öffentlichkeit wahrgenommen“, schreibt Rainer Lehni.

Der Verband nahm die vielfachen rechtlichen Interessen der Siebenbürger Sachsen wahr: bei der Entschädigung von Kindern politisch Verfolgter und Russlanddeportierter, der Restitution von enteigneten Immobilien durch das kommunistische Regime in Rumänien und der Forderung nach Beseitigung der Benachteiligung von Aussiedlern im ­Rentenrecht. Dank dieser Interessenvertretung, der allgemeinen Repräsentanz der Siebenbürger Sachsen in der Öffentlichkeit und des regelmäßigen Gemeinschaftslebens sei die Mitgliederzufriedenheit durchwegs positiv, schreibt Lehni. Wichtig sind ihm und den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Doris Hutter, Ingwelde Juchum, Michael Konnerth und Dr. Andreas Roth die Besuche in den Landes- und Kreisgruppen, bei denen sie „das Herz der Basis schlagen hören“.

Möge es den Delegierten des Verbandstages gelingen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und Weichen zu stellen, die unsere Jugend einbeziehen, unsere Gemeinschaft stärken und sie nach vorne bringen!

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Verbandstag, Mitgliederwerbung, Identität

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