29. März 2024

Die siebenbürgisch-sächsische Kultur vielfach gefördert: Rück- und Ausblick des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen

In den letzten Monaten hat das Kulturwerk zahlreiche Veranstaltungen und Projekte zur Pflege und dem Erhalt der siebenbürgischen Kultur besucht und gefördert. Zudem wurden die Weichen für die Arbeit des Kulturwerks in den kommenden drei Jahren neu gestellt.

September – Fachtagung Kirchenburgen

Die Kirchenburg in Hundertbücheln, um deren ...
Die Kirchenburg in Hundertbücheln, um deren Erhalt und Renovierung sich der eigens gegründete Verein „Churchfortress e.V.“ seit 2016 kümmert. Foto: Kerstin Arz
Diese wissenschaftliche Fachtagung wurde von der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen organisiert und fand im Tagungszentrum „Hans Bernd von Haeften“ in Hermannstadt statt. Thema der Fachtagung war zum einen die Bestandsaufnahme der kirchlichen Bauten und deren Bausubstanz und zum anderen die Erörterung aktueller und zukünftiger Nutzungsmöglichkeiten. Michael Konnerth, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbands, nahm an der Veranstaltung in Vertretung des Bundesvorsitzenden Rainer Lehni teil und überbrachte ein Grußwort.

In zahlreichen Fachvorträgen, unter anderem von Dr. Christoph Machat und Iozefina Postăvaru sowie Arne Franke, Dr. Daniel Tellman, Tudor Pavelescu oder auch Philipp Harfmann und Ruth Istvan von der Stiftung Kirchenburgen, wurden die vielfältigen Inhalte dargestellt. Im Anschluss an jeden Vortrag hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, Fragen zu stellen und einzelne Punkte zu diskutieren. Hierbei stellte sich die Thematik der Nutzungsmöglichkeiten der Gebäude und umliegenden Gelände als besonders breitgefächert heraus und stieß auf großes Interesse. Bereits in der Vergangenheit wurden solche Projekte angestoßen und während der Tagung durch die Referenten vorgestellt. Die Nutzungskonzepte reichen vom Ausbildungsort für Studenten über ein Jugendzentrum, Ausstellungs- und Konzerträume, ein Künstlerrefugium bis hin zu touristischen Unterkunftsmöglichkeiten. So vielfältig diese Projekte sein mögen, haben sie doch alle eines gemeinsam: die Einbeziehung der lokalen Mehrheitsbevölkerung sowie der ausgewanderten Gemeindebevölkerung, vertreten durch die Heimatortsgemeinschaften. Eine besondere Rolle wird der lokalen Bevölkerung zugeschrieben, die, unabhängig von Religion und ethnischer Zugehörigkeit, eine Verbindung zur Kirchenburg als Gebäude und Nutzungsvorhaben aufbauen sollte, um ein nachhaltiges Interesse an deren Erhaltung zu entwickeln. Denn – so der weitgehende Tenor der Tagung – ohne Nutzung sind diese Anlagen dem Verfall preisgegeben.

Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster ...
Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster erläutert das von ihr ins Leben gerufene Nutzungskonzept der Kirchenburg in Kleinschenk als Künstlerrefugium. Foto: Kerstin Arz
Im zweiten Teil der viertätigen Veranstaltung wurden Kirchenburgen besichtigt. Dabei wurden sowohl Negativbeispiele – wie die massiv vom Verfall betroffene Kirchenburg in Dobring – als auch gelungen umgesetzte Sanierungen und in den Vorträgen präsentierte Nutzungskonzepte vor Ort vorgestellt.

Das Kulturwerk hatte Anfang des Jahres 2023 in München selbst eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Zukunft der Siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft“ mit namhaften Referenten organisiert. Vor diesem Hintergrund war die Teilnahme eine Gelegenheit zur Weiterverfolgung der Thematik.

Dezember – Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr „800 Jahre Andreanum, 1224-2024“

Das Seminar zum Jubiläumsjahr „800 Jahre Goldener Freibrief“ fand im Dezember 2023 in der Tagungsstätte Heiligenhof in Bad Kissingen statt. Diese Zeitung berichtete ausführlich.

Zur Einführungsveranstaltung zum Jubiläum 2024 hatte der Tagungsleiter Gustav Binder zahlreiche Historiker und Fachleute auf dem Gebiet gewinnen können. Im ersten Vortrag von Astrid Ziegler, Historikerin aus München, wurde das interessierte Publikum auf das Thema eingestimmt. Frau Zieglers Ausführungen veranschaulichten die Gründung des christlichen Königreichs Ungarn im Jahr 1000 und erläuterten die vorausgehenden Umstände und Ereignisse, die gute 200 Jahre später zur Verleihung des Goldenen Freibriefs an die Siedler in Siebenbürgen führten.

Die darauffolgenden Vorträge, unter anderem von Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch, Dr. Martin Armgart, Kende Varga und Dr. iur. habil. Katalin Gönczi, beleuchteten die wechselvolle Siedlungsgeschichte der Siebenbürger Sachsen, die Anwesenheit des Deutschen Ritterordens in dem Landstrich und nicht zuletzt den Inhalt und die Auswirkungen des Goldenen Freibriefs. Besonders die letztgenannten Themengebiete stießen auf großes Interesse bei den Seminarteilnehmern und führten zu regem Austausch im Anschluss an die Vorträge.

Das Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen war an dieser Veranstaltung nicht nur durch persönliche Teilnahme der Leiterin beteiligt. Die finanzielle Förderung durch das Kulturwerk ermöglichte 50 Lehramtsstudenten der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg und der Eötvös-Lorand-Universität in Budapest die Teilnahme an dem Seminar. Dies geht klar mit dem Anliegen und Auftrag einher, dem sich sowohl die Akademie Mitteleuropa mit ihrem Tagungszentrum im Heiligenhof, Bad Kissingen, als auch das Kulturwerk verpflichtet fühlen. Nämlich die Geschichte der Siebenbürger Sachsen in der breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren und auch für junge Erwachsene aus anderen ethnischen und nationalen Gruppen bekannt zu machen, zumal die Studierenden mehrheitlich aus der Heimatregion kommen und an der siebenbürgisch-deutschen Kultur interessiert sind.

Dezember – Teilnahme am Kulturtag im Advent auf Schloss Horneck

Trotz des bereits erwähnten Schnee-Chaos am ersten Dezemberwochenende in Bayern gelang es dem Kulturwerk, der Einladung des Schlossvereins zum ersten KulturTag im Advent auf Schloss Horneck in Gundelsheim zu folgen. Die Einladung war dem Kulturwerk ausgesprochen worden, weil es sich bereit erklärt hatte, die finanzielle Förderung des Programmpunkts „Winterreise“ zu übernehmen. Bei dem angedachten Beitrag handelte es sich um ein Konzert der Organistin Ilse-Maria Reich (Klavier) und ihres Sohnes Christoph Reich (Gesang). Die Darbietung von 24 Stücken des Liederzyklus von Franz Schubert war als glanzvoller Teil des kulturellen Programms zur Einstimmung auf die Advents- und bevorstehende Weihnachtszeit gedacht. Leider blieben die Künstler und damit auch das Konzert sprichwörtlich im winterlichen Bayern stecken.

Trotz des Wermutstropfens machten die weiteren angereisten Künstler den ausgefallenen Programmpunkt mit ihren Beiträgen wett und trugen zu der stimmungsvollen Atmosphäre auf der Schlossterrasse und im Festsaal bei. Die Darbietungen des Karpaten-Orchesters Heilbronn und der Jugendtanzgruppe Heilbronn, die von Karl Untch vorgetragenen „Gedanken zum Advent“ sowie das gemeinsame Singen von Adventsliedern unter der Begleitung von Karl Heinz Piringer verliehen der Veranstaltung unter dem Motto „Schloss Horneck leuchtet“ eine nicht minder glanzvolle Aura. Ein detaillierter Bericht erschien in Folge 1/2024 dieser Zeitung.

Auch die Führung durch das Schloss durch Dr. Axel Froese und die Erläuterung der Themenwände zur siebenbürgischen Kultur, Technik und Natur waren Höhepunkt für die Besucher. Diese konnten mit eigenen Augen die denkmalschutzgerechte Renovierung des von Weinbergen umgebenen Hauses und die stilvoll eingerichteten Zimmer des Hoteltraktes bestaunen.

An dieser Stelle bleibt zu erwähnen, dass leider nicht alle von Kulturschaffenden und dem Kulturwerk geplanten und geförderten Projekte umgesetzt werden können. Auch bei minutiöser Vorarbeit und detaillierter Organisation ist dies nicht immer möglich. Die Gründe dafür sind vielfältig und in manchen Fällen spielt schlicht und einfach das Wetter nicht mit. Es bleibt zu hoffen, dass Familie Reich bei anderer Gelegenheit das Publikum auf Schloss Horneck mit ihrer großen musikalischen Virtuosität begeistern kann.

Februar – Neuwahl des Vorstands im Kulturwerk

Die Satzung des mitten in der Corona-Pandemie, im August 2020 gegründeten Kulturwerks sieht eine Neuwahl des Vorstands alle drei Jahre vor. Aus terminlichen Gründen musste die für Ende 2023 geplante Wahl auf Anfang 2024 verschoben werden. Die Mitglieder, zum überwiegenden Teil Gründungsmitglieder, wurden fristgerecht zu der Versammlung eingeladen. Diese wurde am 16. Februar in den Räumen des Hauses des Deutschen Ostens in München abgehalten. Der Vorsitzende Harry Lutsch begrüßte alle Anwesenden und berichtete über die Arbeit des Kulturwerks in den gut drei Jahren seines Bestehens. Er betonte, dass es durch die finanzielle Zuwendung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gelungen sei, in den vergangenen Jahren zahlreiche Kulturschaffende bei ihren Projekten zu unterstützen und eigene Vorhaben anzustoßen. Diese wertvolle Leistung sei ein entscheidender Beitrag zur Pflege und Weitergabe der siebenbürgischen Kultur. Durch die Einstellung einer Leiterin, die sich hauptamtlich um die Belange des Vereins kümmert und den Vorstand bei seiner Arbeit entlastet, sei das Kulturwerk auf einen sehr guten Weg gebracht worden. In den ersten beiden Jahren sei die Möglichkeit, Fördergelder für kulturelle Veranstaltungen zu beantragen, noch zögerlich genutzt worden. Dies war jedoch vor allem den mangelnden Aktivitäten während der Pandemie geschuldet. In den Jahren 2022 und 2023 seien jedoch zunehmend Projekte umgesetzt worden und das kulturelle Leben der Siebenbürger Sachsen finde seither wieder rege statt. Hans-Werner Schuster, der stellvertretende Vorsitzende, drückte seinen Dank über die Einrichtung des Kulturwerks aus und sagte dazu, dass sich die Situation von Kulturschaffenden in Bayern durch die Möglichkeit der Projektförderung stark verbessert habe. Es sei nunmehr nicht mehr so schwierig, Fördergelder zu beantragen und damit unentbehrliche Konzepte zur Präsentation der siebenbürgischen Kultur umzusetzen. Der bayerische Landesvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen und Gründungsmitglied des Kulturwerks, Werner Kloos, wies auf die anfänglichen Hürden bei der Vereinsgründung hin, betonte aber gleichzeitig, dass diese Schwierigkeiten, auch mithilfe der Erfahrung und Unterstützung durch die Mitarbeiter des Hauses des Deutschen Ostens (HDO) gut gemeistert wurden.
Der neu gewählte Vorstand und Teilnehmer der ...
Der neu gewählte Vorstand und Teilnehmer der Mitgliederversammlung, erste Reihe: Werner Kloos, Nadine Kloos, Natalie Bertleff; zweite Reihe: Walter Connert, Ute Bako, Volkmar Kraus, Harry Lutsch, Hans-Werner Schuster, Manfred Binder, Kerstin Arz, Doris Hutter und Ingrid Mattes. Foto: Annerose Kloos
Anschließend legte die Leiterin des Kulturwerks, Kerstin Arz, den Bericht über den Haushalt 2023 vor. Im Vorfeld zur Wahl war satzungsgemäß die Kassenprüfung erfolgt. Manfred Binder, einer der Kassenprüfer der ersten Legislaturperiode, bestätigte, dass die Kassenprüfung keine Beanstandungen ergeben habe und beantragte daraufhin die Entlastung des bisherigen Vorstands. Die Entlastung wurde einstimmig befürwortet.

Somit konnte zur Wahl des neuen Vorstands übergegangen werden. Der Vorschlag von Harry Lutsch, die Wahlleitung Kerstin Arz zu übertragen, wurde einstimmig angenommen. Weiter wurden Nadine Kloos und Natalie Bertleff in den Wahlausschuss gewählt. Findungsgespräche in den Wochen vor der Neuwahl hatten ergeben, dass sich alle bisherigen Vorstandsmitglieder erneut zur Wahl stellen wollten. Die Wahl des Vorsitzenden erfolgte geheim. Neben Harry Lutsch hatten sich keine weiteren Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden beworben. Die Auszählung der abgegebenen Stimmen ergab eine eindeutige Bestätigung von Harry Lutsch in seinem Amt. Die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden sowie der weiteren zu besetzenden Ämter erfolgte in offener Abstimmung. Alle Vorstandsmitglieder wurden erneut in ihre Ämter gewählt. Dies bestätigt die bisher gute und einträgliche Zusammenarbeit des Vorstands und ist richtungsweisend für das Wirken des Kulturwerks in der kommenden Legislaturperiode. Zum Abschluss dankte der alte und neue Vorsitzende Harry Lutsch den Mitgliedern für das entgegengebrachte Vertrauen und drückte seine Hoffnung auf weiterhin konstruktive Zusammenarbeit der Vorstandsmitglieder aus. Es gelte, die von der bayerischen Staatsregierung zur Verfügung gestellten Mittel sinnvoll einzusetzen, die siebenbürgische Kultur zu fördern und damit die Kulturlandschaft Bayern zu bereichern.

Nach Abschluss der Versammlung fanden sich die Anwesenden zum gemütlichen Beisammensein in der Gaststätte des Hauses des Deutschen Ostens ein. In legerer Atmosphäre hatte man Gelegenheit, die erste Legislaturperiode Revue passieren zu lassen und bereits Ideen für zukünftige Projekte zu sammeln.

Ausblick

Das Jahr 2024 ist im Kulturwerk – genau wie im Verband der Siebenbürger Sachsen – geprägt von den anstehenden Großveranstaltungen. Allen voran, das Große Sachsentreffen Anfang August in Siebenbürgen, welches bereits seine Schatten vorauswirft. Das Kulturwerk wird dabei zahlreiche Kulturgruppen aus Bayern unterstützen und durch die Förderung deren aktive Beteiligung an den geplanten Programmpunkten ermöglichen. Dies ist in unseren Augen ein wichtiger Aspekt, da vor allem die Kulturgruppen – seien es Tanzgruppen, Blaskapellen oder Chöre – aus den Reihen der in Bayern lebenden Siebenbürger Sachsen kommen und damit echte Basisarbeit leisten. Sie sind diejenigen, die die siebenbürgisch-sächsische Kultur öffentlichkeitswirksam präsentieren und mit ihren Darbietungen das größte Publikum erreichen. Zudem wird auch die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) vom Kulturwerk gefördert. Die SJD gewährleistet während des Großen Sachsentreffens die Teilnahme zahlreicher Jugendgruppen und gestaltet Programmpunkte für junge Leute aktiv mit. Damit wird sie ihrer Brückenbauerfunktion – sowohl zwischen Deutschland und Siebenbürgen als auch zwischen den Generationen – gerecht.

Auch in diesem Jahr wird das Kulturwerk wieder aktiv in die Gestaltung der Kulturwoche Haferland als Kooperationspartner der Michael & Veronica Schmidt Stiftung eingebunden sein. Es ist erneut die Entsendung einer Projektgruppe geplant, die das vielfältige Programm in den verschiedenen Orten im Haferland bereichern wird.

Des Weiteren wird sich das Kulturwerk auch an den großen Verbandsjubiläen im Jahr 2024 beteiligen. Dies sind zum einen 75 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland auf Bundesebene und zum anderen 75 Jahre Landesverband Bayern. Zum Jubiläum des Bundesverbands, welches im Rahmen des Heimattages am Pfingstwochenende in Dinkelsbühl begangen wird, unterstützt das Kulturwerk das Bundeskulturreferat des Verbands bei der Umsetzung von Ausstellungen und Vorträgen. Auch die Gestaltung der weiteren Gedenken, wie „80 Jahre seit der Evakuierung Nordsiebenbürgens“ und „800 Jahre seit der Verleihung des Goldenen Freibriefs“ wird durch Förderung des Kulturwerks ermöglicht. Der für den 19. Oktober 2024 geplante Festakt zum 75. Bestehen des Landesverbands Bayern wird durch das Kulturwerk sowohl finanziell als auch aktiv mitgestaltet. Das Fest findet in der Meistersingerhalle in Nürnberg unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder statt; alle siebenbürgischen Kulturgruppen aus Bayern sind zur Teilnahme aufgerufen. Neben dem vielfältigen Bühnenprogramm können Besucher Ausstellungen diverser siebenbürgischer Künstler bestaunen.

Kerstin Arz

Schlagwörter: Kulturwerk, Veranstaltungen, Rückblick, Ausblick

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