16. Mai 2007

Nordrhein-Westfalen feiert 50 Jahre Patenschaft für die Landsmannschaft

Düsseldorf - In einer Feierstunde hat das Land Nordrhein-Westfalen am 10. Mai im Landtag in Düsseldorf das 50-jährige Bestehen seiner Patenschaft für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen gewürdigt. In den Redebeiträgen kam die in fünf Jahrzehnten gewachsene hohe Wertschätzung des Patenlandes für die Kultur- und Integrationsarbeit der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen zum Ausdruck. In vorbildlicher Weise habe die Landsmannschaft „in 50 Jahren Patenschaft hier in Nordrhein-Westfalen uns vorexerziert, wie wir auch insgesamt Integrationsarbeit angehen sollten“, unterstrich Festredner Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Staatssekretär für Kultur, im Beisein von Landtagsabgeordneten aus allen Fraktionen sowie von Vertretern der Landsmannschaft und zahlreichen Ehrengästen. Mit der Feierstunde war zugleich auch die Eröffnung der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2007 in Düsseldorf verknüpft. Wie in Folge 7 dieser Zeitung vom 30. April 2007 berichtet, thematisierten die Kulturtage das 50-jährige Patenschaftsjubiläum in besonderer Weise.
Unmittelbar am Rheinufer gelegen, am Fuße des 234 m hohen Rheinturms, beherbergt der Neue Landtag seit 1988 das Landesparlament von Nordrhein-Westfalen, das davor im Ständehaus am Schwanenspiegel getagt hatte. Am vormaligen Tagungsort war die Patenschaft am 26. Mai 1957 feierlich verkündet worden - im Neuen Landtag fand ein halbes Jahrhundert später die Feierstunde statt, in stimmiger Analogie. Die Plätze im Plenarsaal waren nahezu restlos besetzt. Unter den rund 400 Veranstaltungsteilnehmern waren auffällig viele Trachtenträger, die Regina van Dinther, Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, in ihren Willkommensgruß ausdrücklich einschloss. Ihren besonderen Dank sprach Frau van Dinther allen Kulturgruppen aus, die das ansprechende Rahmenprogramm der Feier in der „Herzkammer dieses Parlaments“ mitgestalteten: den Vereinigten siebenbürgischen Blaskapellen von Nordrhein-Westfalen unter der Leitung von Klaus Barthelmi und Uwe Brandt, dem Honterus-Chor Drabenderhöhe und dem Stephan-Ludwig-Roth-Chor Setterich unter der Leitung von Regine Melzer bzw. von Hans Scheilen, ferner der von Christa Brandsch-Böhm geleiteten Kinder- und Jugendtanzgruppe Drabenderhöhe und der Tanzgruppe der Bruder- und Schwesternschaft Setterich (Leitung: Andrea Florath).

Vertreter des Patenlandes und der Landsmannschaft bei der Feierstunde im Landtag, von links: NRW-Landesvorsitzender Harald Janesch, Bundesvorsitzender Volker Dürr, Landtagspräsidentin des Landes NRW, Regina van Dinther, Sofia Schuller, Thomas Kaun, Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Bundesfrauenreferentin Enni Janesch. Foto: Christian Melzer
Vertreter des Patenlandes und der Landsmannschaft bei der Feierstunde im Landtag, von links: NRW-Landesvorsitzender Harald Janesch, Bundesvorsitzender Volker Dürr, Landtagspräsidentin des Landes NRW, Regina van Dinther, Sofia Schuller, Thomas Kaun, Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Bundesfrauenreferentin Enni Janesch. Foto: Christian Melzer

„Heute gibt es eine Patenschaft zu feiern, die unser Miteinander seit 50 Jahren spürbar erleichtert und sich zu einer guten und festen Partnerschaft entwickelt hat“, betonte Regina van Dinther eingangs ihrer Begrüßungsansprache. Der Patenschaftsbeschluss der damaligen Landesregierung vom Mai 1957 sei heute noch genauso bedeutend wie am allerersten Tag und „Grundlage für einen anhaltenden Dialog“, erklärte die Landtagspräsidentin und fügte hinzu: „Durch Ihr vielfältiges Engagement haben Sie der Paten- und der Partnerschaft den wichtigen Schwung verliehen. Durch die beeindruckende Arbeit Ihrer Landsmannschaft setzen Sie sich seit einem halben Jahrhundert für die Freundschaft von Nationen und das Zusammenwachsen von Ost und West in Europa ein.“ Toleranz, Solidarität und demokratische Grundwerte seien praktische Ziele des Handelns der Landsmannschaft. „Nordrhein-Westfalen ist stolz auf die enge Verbundenheit mit den Siebenbürger Sachsen“, betonte die Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, die ihrer Freude über ihre Teilnahme am diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl Ausdruck verlieh.

Vorbildliche siebenbürgische Gemeinschaftsleistung


Stellvertretend für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers übermittelte Staatssekretär Grosse-Brockhoff die herzlichen Grüße und Glückwünsche der Landesregierung zum 50-jährigen Patenschaftsjubiläum und zur Eröffnung der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2007. In seiner Festrede würdigte Grosse-Brockhoff die historische Bedeutung der Patenschaft, konstituiert durch einen von dem damaligen Arbeits- und Sozialminister Heinrich Hemsath initiierten Beschluss des Kabinetts unter Ministerpräsident Fritz Steinhoff vom 7. Januar 1957. 50 Jahre danach bekräftigte der Redner den Wunsch, dass diese Patenschaft auch weiterhin fortbestehe auf der Basis „der Treue, die wir auf beiden Seiten zueinander gehalten haben“. Die Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Siebenbürgen seien freilich weit älter als 50 Jahre, sie reichten bis ins 12. Jahrhundert zurück, als deutsche Auswanderer aus dem rhein- und moselländischen Gebiet nach Siebenbürgen auswanderten und dort „Bollwerke des Abendlandes“ errichteten. Seinerzeit hätten die Städter und Bauern „eine siebenbürgische Gemeinschaftsleistung vollbracht“, und „Sie haben hier in Nordrhein-Westfalen eine siebenbürgische Gemeinschaftsleistung, vor allem in Drabenderhöhe (…) erbracht, die sich sehen lassen kann, die für uns heute geradezu als Vorbild dienen kann“.

Gerade im Reichtum der kulturellen Traditionen liege ein großer Vorzug des Landes Nordrhein-Westfalen begründet, und dazu trügen die Siebenbürger Sachsen ganz wesentlich bei „mit ihrer Kulturarbeit, mit ihrer Pflege des kulturellen Erbes und mit ihrer Form von Integration“ und so seien sie „für uns absolut vorbildlich“. Staatssekretär Grosse-Brockhoff ermunterte, diese ihre Kultur „auch anderen Menschen in diesem Lande nahe zu bringen, so wie Sie das jetzt mit den Kulturtagen hier in Düsseldorf tun“. Voll Verve empfahl der Festredner den Besuch der mit Landesmitteln geförderten Ausstellung im Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf: „Ausbruch aus der Tradition – Malerei der siebenbürgischen Moderne“. Dies sei „Kunst, die absolut nationalem und internationalem Vergleich standhält“ - für ihn selbst „eine geradezu sensationelle Entdeckung“. Wie Staatssekretär Grosse-Brockhoff versicherte, würden die Patenschaftszuwendungen auch künftig bestehen bleiben. Darüber hinaus könne das Land projektbezogen das eine oder andere Vorhaben unterstützen.

Mit kritischem Unterton bedauerte der Redner, dass die Öffentlichkeit in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland, noch viel zu wenig zur Kenntnis genommen habe, dass Hermannstadt Europäische Kulturhauptstadt 2007 ist. Umso mehr gelte es dafür zu werben, „in diese wunderbare Stadt zu reisen“. Er selbst wolle „in dieser Kulturhauptstadt in diesem Jahr studieren, was wir von dort vielleicht auch für 2010 für Essen und das Ruhrgebiet lernen können. Und ich bin sicher, dass wir von Hermannstadt lernen können.“ Seine Festrede beschloss Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen einfach weitere, so wunderbar von Ihnen bewältigte 50 Jahre und weitere 50 Jahre der Patenschaft zwischen der Landesregierung und den Siebenbürger Sachsen in Nordrhein-Westfalen.“

Solidarität förderte Integration


Das Wort zu einer Danksagung ergriff Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, der unter den Anwesenden auch den ehemaligen nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialminister und seinerzeitigen Patenminister der Siebenbürger Sachsen, Harald Schartau (MdL), die aus Dinkelsbühl angereiste Bürgermeisterin Hildegard Beck und Landrat Hagen Jobi begrüßte. An dem Festakt nahmen unter anderen auch Gudrun Hock, Bürgermeisterin von Düsseldorf, Hans-Günther Parplies, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, und Reinhard Grätz, Kuratoriumsvorsitzender des Gerhart-Hauptmann-Hauses, teil. Zunächst dankte Dürr dafür, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen „eindeutig zu der vor 50 Jahren für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen übernommenen Patenschaft bekennt, ihren Fortbestand zusichert und die vom damaligen Ministerpräsidenten und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau an unserem Heimattag 1997 in Dinkelsbühl angebotene Partnerschaft weiterführen wird“. Die Übernahme einer Patenschaft sei eine ernste Verpflichtung im Leben des Einzelnen, sie sei es noch mehr, wenn ein Land sie für eine ganze Volksgruppe übernehme, die damals noch größtenteils hinter dem eisernen Vorhang leben musste. Die Zeichen der in den vergangenen fünf Jahrzehnten gegenseitig erwiesenen Solidarität seien „beispielhaft für eine gelungene Integration“, erklärte Dürr und verwies exemplarisch auf die Siedlungen Setterich, Herten-Langenbochum, Oberhausen, Overath und die größte Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Wiehl/Drabenderhöhe, auf die von dem Patenland geförderten Kultureinrichtungen wie die Siebenbürgische Bibliothek und das Archiv sowie das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim, und nicht zuletzt auch das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen.

Plenarsaal des Landtags von Nordrhein-Westfalen: Die Festversammlung singt zum Ausklang der Feierstunde das Siebenbürgenlied und das Deutschlandlied. Foto: Christian Melzer
Plenarsaal des Landtags von Nordrhein-Westfalen: Die Festversammlung singt zum Ausklang der Feierstunde das Siebenbürgenlied und das Deutschlandlied. Foto: Christian Melzer

Den Blick auf die Zukunft gerichtet, bat Dürr das Patenland NRW, „in die uns gewährte Verstärkung der Integrationshilfen auf kulturellem Gebiet die Gleichbehandlung im Rentenwesen mit einzubeziehen“. Abschließend erklärte der Bundesvorsitzende die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2007 in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf für eröffnet. Mitveranstalter sind das Siebenbürgische Museum Gundelsheim, das Donauschwäbische Zentralmuseum Ulm und das Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf. Der Bundesvorsitzende lud die Anwesenden ein zu einem Imbiss in der Wandelhalle. Dort wurden auch die Ausstellungen präsentiert: „50 Jahre Patenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen“ und „Rumänien – Eine europäische Kulturlandschaft; Hermannstadt – Europäische Kulturhauptstadt 2007“. Die in freundschaftlich-harmonischer Atmosphäre verlaufene Feierstunde klang aus mit dem gemeinsamen Absingen des Siebenbürgen- und des Deutschlandlieds. Den stimmungsvollen Abend in der Wandelhalle begleiteten noch die Vereinigten siebenbürgischen Blaskapellen von Nordrhein-Westfalen und die Tanzgruppe der Bruder- und Schwesternschaft Setterich. Den Imbiss unter dem Motto „Kulinarischer Streifzug durch Siebenbürgen“ hatte die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen vorbereitet. Gemeinsam mit dem Bundeskulturreferat der Landsmannschaft und in enger Zusammenarbeit mit Herrn Thomas Schlicht von der Verwaltung des Landtags Nordrhein-Westfalen zeichnete die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen unter ihrem Vorsitzenden Harald Janesch auch verantwortlich für die Organisation der Gesamtveranstaltung.

Christian Schoger


Schlagwörter: Patenschaft, Landsmannschaft, Nordrhein-Westfalen, Kulturtage 2007

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