28. Mai 2010

Schulgeschichte wird weiter dokumentiert

Am 8. und 9. Mai 2010 fand in München im Haus des Deutschen Ostens (HDO) die 10. Jahrestagung der Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) statt. Dank der nachhaltigen finanziellen, organisatorischen und fachbezogenen Unterstützung dieser Veranstaltung durch die Leitung des HDO, insbesondere durch seinen Direktor Dr. Ortfried Kotzian, konnte die von Prof. Walter König vor Jahren initiierte Dokumentation des siebenbürgisch-sächsischen Schulwesens in der Zeit der totalitären Regime in Rumänien fortgesetzt und erweitert werden.
Wie auch bei früheren Tagungen standen Berichte und Mitteilungen auf dem Programm, die Aspekte der Schulvergangenheit auch aus anderen Zeiträumen beleuchteten.

Dr. Erwin Jikeli (Duisburg), Leiter der Sektion, führte die 35 Teilnehmer zu Beginn der Tagung in die Problematik ein und las das Grußwort von Prof. Walter König, der aus Krankheitsgründen leider nicht an der Tagung teilnehmen konnte, vor, in dem dieses historisch wichtige Projekt der Aufarbeitung des Schullebens im Siebenbürgen der letzten 75 Jahre nochmals beleuchtet wurde.

Die Tagung hatte Referate mit breit gefassten Inhalten zum Thema, wie der Vortrag von Dr. Ortfried Kotzian (München), dessen Ausführungen von der Bedeutung der Schule bis hin zur Methodologie der Erfassung von Fakten zur Schulvergangenheit einen weiten Bogen über das Besondere des deutschen Schulwesens der Siebenbürger Sachsen im Zeitraum 1945-1989 darstellten. Quellenstudien in Deutschland und Rumänien zur Schulgeschichte sowie andere wissenschaftliche Arbeitsmethoden, bis hin zu solchen der vergleichenden Pädagogik, wurden dabei erläutert. Einen großen Zeitraum beleuchtete Odette Fabritius (Geltendorf) in ihrem Beitrag zur sozialen Stellung und Entlohnung der Lehrer mit besonderer Betrachtung der Grundschullehrer Siebenbürgens von der Reformation bis ins 20. Jahrhundert.

Zeitlich und räumlich begrenzt, gründlich dokumentiert und für die meisten Hörer wenig bekannt waren die Ausführungen von Dr. Michael Kroner (Oberasbach) über die besondere Lage des deutschen Schulwesens in Nordsiebenbürgen in den Jahren 1940 bis 1950 als Folge des Wiener Schiedsspruchs und der 1944 ansetzenden Flucht des größten Teils der Nordsiebenbürger Sachsen.

Ein noch wenig behandeltes Thema in der Geschichtsschreibung erläuterte Prof. Dr. Andreas Möckel in seinem Referat über die Wandervogelbewegung in Siebenbürgen nach dem Ersten Weltkrieg, ihre Arbeitslager und Selbsthilfeinitiativen bis hin zur Gleichschaltung aller deutschen Jugendorganisationen Ende der 30er Jahre in der nationalsozialistischen „Deutschen Jugend“. Ausführlich war die Darstellung von Michael Schneider (Stein) des Werdegangs des Lorenz Sievert (1892 – 1961) vom Bauernsohn aus Stolzenburg zum Gymnasiallehrer am Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt aufgrund von Lebenserinnerungen und weiteren Primärquellen. Persönliche Erfahrungen schilderte humorvoll Arno Gündisch (Düsseldorf) aus seiner Deutschlehrervergangenheit von 1987 bis 1989 im Mediascher Raum, kurz vor dem Zusammenbruch der meisten deutschsprachigen Schulen in Siebenbürgen.

Eine Ausweitung der Schulgeschichte auf die Betrachtung der rumänischen Eliten, die an den deutschen Universitäten des Dritten Reiches studiert hatten, war eine wahre Bereicherung der Zielsetzungen unseres Projektes. Irina Nastasa (Klausenburg), Historikerin und Doktorandin, brachte ein vielfältiges Bild über die Studenten Rumäniens, Deutsche und Rumänen, ihre Motivation, ihre mögliche Indoktrination durch die nationalsozialistischen Ideologien und die Folgen des Studiums im nationalsozialistischen Deutschland für das intellektuelle Leben in Rumänien.

Ute von Hochmeister-Lamm (München) stellte eine Präsentation über den Ostkundewettbewerb „Europa im Karpatenbogen“ vor. Dieser Wettbewerb hatte 2009 an allen bayerischen Schulen stattgefunden. Ein Vortrag mit gründlich dokumentierten Fakten zur Lage der deutschsprachigen Hochschulausbildung im heutigen Rumänien, zusammengestellt und vorgetragen von der Hermannstädter Hochschullehrerin Dr. Sunhild Galter, entsprach voll und ganz den Zielsetzungen des Projektes „Dokumentation Schulgeschichte“, und das sowohl durch seine Gegenwartsbezogenheit als auch durch die gründliche Betrachtungsweise. Die vielfältigen Angebote der deutschen Studiengänge an vielen rumänischen Hochschulen, die zahlreichen finanziellen, organisatorischen und inhaltlichen Schwierigkeiten in der Praxis des universitären Alltags belegten den recht komplizierten, oft unübersichtlichen Gang dieser Unterrichtsformen in der Gegenwart des rumänischen Hochschullebens.

Die Mitteilungen sowie die kompetente Moderation der Tagung durch Dr. Erwin Jikeli ließ viel Zeit für Fragen, Diskussionen und Kommentare seitens der Zuhörer. Das Fazit am Ende, einmütig ausgesprochen, beinhaltete die Notwendigkeit der Fortführung des Projektes „Dokumentation Schulgeschichte“ und die Erweiterung auf Themen aus anderen Zeiten und andere Schulanstalten Siebenbürgens, z. B. die der Rumänen und der Ungarn.

HvKillyen

Schlagwörter: Schulgeschichte, Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde

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