2. Januar 2016

"Das Donaudelta – Biosphären-Reservat UNESCO Natur-und Kulturerbe"

Die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz machen auch vor dem Haus der Heimat in Stuttgart keinen Halt. Im Rahmen der „Stuttgarter Vortragsreihe“ hielt Prof. Dr. Erika Schneider am 27. November einen Bildvortrag mit dem Titel „Das Donaudelta – Biosphären-Reservat UNESCO Natur-und Kulturerbe“. Eine Rekordzahl von über 70 interessierten Landsleuten lockte der Abend ins Haus der Heimat.
Kulturreferent Helmut Wolff begrüßte die Referentin. Erika Schneider hat Biologie mit Schwerpunkt Botanik an der Universität Klausenburg studiert. Als Forscherin arbeitete sie bis 1969 am Biologischen Forschungszentrum der Rumänischen Akademie der Wissenschaften in Klausenburg und anschließend bis 1984 im Naturwissenschaftlichen Museum in Hermannstadt, damals eine Abteilung des Brukenthal-Museums. 1985 trat sie in das WWF-Auen-Institut Rastatt ein, wo sie als Expertin für Vegetationskunde, Pflanzenökologie, Renaturierung von Feuchtgebieten und Umweltverträglichkeitsstudien wirkt. In den letzten Jahren lag der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Renaturierung des Donaudeltas.

Es war ein interessanter, informativer und kurzweiliger Vortrag, eine Mischung aus historischen, kulturellen, geografischen und biologischen-ökologischen Details über die Donau und deren Delta. Die Donau, im Schwarzwald, östlich von Donaueschingen entsprungen als Zusammenfluss der zwei Quellflüsse Brigach und Breg, mündet nach 2860km bei Caraorman ins Schwarze Meer. Auf ihrem Weg durch zehn Länder und vier Hauptstädte ist sie der internationalste Strom mit einem Einzugsgebiet von ca. 817000km² durch seine zahlreichen Nebenflüsse. Sie stellt eine Verbindungsachse verschiedener Kulturen, Sprachen und Religionen dar, sichtbar gemacht u.a. in der Architektur der Städte im Delta, die ihre Vorbilder in Mittel- und Westeuropa hatten.

Tulcea, das Tor zum Donaudelta, eine Gründung aus dem 8. Jh. v. Chr., ist seit dem Altertum eine wichtige Hafenstadt und hat ab 1416 von den osmanischen Eroberern ihren heutigen Namen erhalten. Russische, später bulgarische Eroberer haben ihre Spuren hinterlassen, bis 1878 Tulcea und die Norddobrudscha Rumänien zugesprochen wurden. Es leben hier 19 Ethnien zusammen, mit ihren entsprechenden Kirchen. Ab Tulcea wird das Donaudelta von den drei Donau-Armen Chilia, Sulina und Sfântu Gheorghe definiert. Am Ende des Sulina-Armes befindet sich die gleichnamige Stadt, ein wichtiger Fluss- und Seehafen, bereits seit byzantinischer Zeit. Sie ist nur auf dem Wasserweg erreichbar. Ab dem 19. Jahrhundert war sie der Sitz der Europäischen Donaukommission. Der alte Leuchtturm von 1802, einige alte Villen am Kai und in den Seitenstraßen wie auch der große Friedhof von Schiffbrüchigen aus der ganzen Welt sind Zeugnisse ihrer bedeutenden Vergangenheit. Die Lage des alten Leuchtturms jetzt im Zentrum der Stadt zeigt das Maß der Anlandung.

Das Donaudelta ist ein Komplex von Ökosystemen und Lebensräumen, mit unterschiedlichen Gewässertypen, von trockenen Steppengebieten über Feuchtgebieten bis zu Dünenlandschaften in Meeresnähe. Es herrscht hier ein kontinentales Klima mit bis zu 70 °C im Sommer und sehr kalten Wintern mit gefrorenen Wasserflächen. In diesem Paradies für Ornithologen gibt es ca. 330 Vogelarten, wobei der Pelikan der bekannteste und auch das Wappentier der Region ist. Insgesamt findet man etwa 8000 Arten. An Nerzen gibt es hier die europaweit größte Population. Erwähnt werden müssen einige Pflanzen, wie z.B. der Wasserschlauch, eine fleischfressende Pflanze, oder die Seerose, deren Vorhandensein eine gute Wasserqualität bezeugen. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die Fischerei und die Schilfernte bzw. Schilfexport. An Ufererhöhungen werden Obst, Gemüse und Blumen angepflanzt. Die traditionellen Häuser sind den Umweltbedingungen angepasst, meist blau oder grün gestrichen, zum Schutz vor unliebsamen Insekten, oft mit Schilf gedeckt. Es gab vier Phasen von Trockenlegungsprogrammen, wobei die letzte ab 1984 von Ceaușescu angeordnete zur Gewinnung von landwirtschaftlicher Nutzfläche dasjenige Programm war, das die meisten Schäden hinterlassen hat: gestörte Fischlaichplätze, Reduzierung des Lebensraumes vieler Arten, Versalzung, Versteppung des Bodens, Verlust von Auen als biologischer Filter für Schadstoffe, Gefahr von Hochwasser durch das Abtrennen der Auen und damit das Fehlen von Rückzugsräumen, mit verheerenden Folgen.

Ab 1990 wurden die Projekte gestoppt. Naturschutz mit traditionaler Tätigkeit war das Ziel. Rumänien erklärte 1990 als erster Donauanrainerstaat seinen Teil des Deltas zum Biosphärenreservat. Die Liste der Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung der Ramsar-Konvention konnte 1991 um das Delta erweitert werden. Die UNESCO nahm das Gebiet 1993 in die Weltnaturerbeliste auf. Rumänien wies das Reservat im gleichen Jahr als Naturschutzgebiet von nationaler und internationaler Bedeutung aus. Seit 1998 ist auch der ukrainische Teil des Donaudeltas ein anerkanntes Biosphärenreservat. Im Jahr 2000 verpflichteten sich Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine zum Schutz und zur Renaturierung der Feuchtgebiete im Verlauf der etwa 1000 Kilometer langen unteren Donau. Mit diesem vom World Wide Fund For Nature (WWF) initiierten Grünen Korridor entstand das größte grenzüberschreitende Schutzgebiet in Europa.

Hannelore Plattner

Schlagwörter: Donaudelta, Stuttgarter Vortragsreihe

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