4. August 2021

Leserecho: Sind die Kirchenburgen noch zu retten?

Zum Bericht „Gemeinsam Hand anlegen – aber richtig!“ von Nina May, Folge 11 vom 5. Juli 2021, Seite 4 (veröffentlicht auch in der SbZ Online unter dem Titel "Kirchenburgengespräch: Die essenzielle Rolle der HOGs und freiwilligen Helfer beim Erhalt der siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft").
Kirchenburg Arkeden: Beispiel für ein ...
Kirchenburg Arkeden: Beispiel für ein erfolgreiches Restaurationsprojekt. Foto: George Dumitriu
Mehr zufällig als geplant habe ich am 15. Juni mit weiteren 64 Beteiligten an dem von der Stiftung Kirchenburgen der Evangelischen Kirche in Rumänien (EKR) initiierten Kirchenburgengespräch teilgenommen. Das Gespräch fand online unter der Überschrift „Heimatortsgemeinschaften packen an! – Wie lassen sich die vielseitigen Bemühungen zur Rettung des kirchlichen Kulturerbes koordinieren?“ statt. Die relativ hohe Zahl der Teilnehmer, die Impulsreferate wie auch ein Teil der schriftlich im Chat vorgetragenen Fragen lassen den Schluss zu, dass sich ein relativ großer Kreis von Interessierten an der Rettung des Kulturerbes Kirchenburgen beteiligen möchte und zu einem entsprechenden Engagement bereit ist. Im aktuellen Gespräch stand die Rolle der Heimatortsgemeinschaften im Fokus. Der Einsatz einzelner HOGs ist bemerkenswert, doch sind deren Erfolge wegen fehlender Finanzmittel und/oder Initiatoren nicht auf alle anderen Heimatortsgemeinschaften übertragbar. Eine strukturierte Vorgehensweise unter Einbindung der HOGs könnte allerdings Abhilfe schaffen. Ich erlaube mir, dazu nachfolgend einige Überlegungen anzustellen.
Nach meiner Kenntnis ist bis heute nur ein geringer Teil der Kirchenburgen mit Fördergeldern von der EU oder auf anderen Wegen restauriert worden. Wohl gibt es auch eine Priorisierungsliste bezüglich der Restaurierung. Trotz allem wartet der Großteil der Kirchenburgen noch auf seine Sanierung, oder auch nicht! In diesem Zusammenhang dürften unter anderen auch folgende Aspekte relevant sein. Welche Kirchenburgen sollen überhaupt restauriert werden? Nach meiner Einschätzung ist es aus naheliegenden Gründen ausgeschlossen und auch nicht sinnvoll, alle noch übrigen Kirchenburgen zu restaurieren. Zur Auswahl der sanierungswürdigen Kirchenburgen könnte die Erarbeitung eines Kriterienkataloges, sofern dieser nicht bereits existiert, in dem die künftige Nutzung der Kirchenburgen eine prioritäre Rolle spielen sollte, gute Dienste leisten. Ziel müsste sein, über die künftige Nutzung auch die nachhaltige Instandhaltung sicherzustellen. Die Einbindung der örtlichen Kommunalverwaltungen verspricht hier sicherlich große Vorteile. Andernfalls stellt sich nach einigen Jahren wieder die Frage nach der Renovierung, und niemand kann heute voraussehen, ob diese dann noch zu bewerkstelligen ist.
Wie auch sonst so oft im Leben, stellt sich auch in Bezug auf die Erhaltung der Kirchenburgen die Frage der Finanzierung. Nur sehr wenige HOGs dürften in der Lage sein, umfangreiche Restaurierungsarbeiten aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Sie könnten aber von Fall zu Fall organisatorisch und motivierend tätig werden. Der rumänische Staat, zu dessen Kulturpatrimonium auch die Kulturen der mitbewohnenden Nationalitäten zählt, also auch die siebenbürgischen Kirchenburgen, gilt in Verbindung mit seiner Verpflichtung zur Bewahrung der Kulturgüter als ein wichtiger potenzieller Geldgeber. Ebenso der deutsche Staat, der sich schon immer zur Erhaltung deutscher Kultur im Osten bekannt und dafür eingesetzt hat. Darüber hinaus haben selbstverständlich die Evangelische Kirche in Rumänien als Eigentümer und der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland als Vertreter all derer, die ihre alte Heimat Siebenbürgen verlassen haben, aber am Erhalt der Kulturstätten vor Ort interessiert sind, eine wichtige Rolle vor allem als Organisatoren und Impulsgeber zu erfüllen. Weitere Institutionen und Personen wären zu eruieren. Mit Blick auf das weitere Vorgehen kann meines Erachtens die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus sachkundigen Vertretern der Evangelischen Kirche in Rumänien (mit allem was dazu gehört), des HOG-Verbandes, des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und evtl. weiterer Organisationen von Vorteil sein. Alternativ dazu könnte auch ein Consultingunternehmen zu Rate gezogen werden. Die Arbeitsgruppe bzw. das Consultingunternehmen sollten als Ziel die Erstellung eines Konzeptes haben, welches sowohl eine eingehende Situationsanalyse wie auch darauf aufbauende Handlungsempfehlungen beinhaltet. Nach Vorliegen des Konzeptes folgt der Weg in die Politik zwecks Erlangung von Unterstützung und Akquisition von Finanzmitteln. Ebenso bietet es sich an, Sponsoren in der Wirtschaft und unter privaten Personen zu suchen.

Horst Karl Dengel, Düsseldorf

Schlagwörter: Leserecho, Kirchenburgen, Kulturerbe, Denkmalpflege

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