12. Dezember 2023
Draaser Schwert: drei Hypothesen zu seinem Abhandenkommen
Allen drei Hypothesen ist gemeinsam, dass sie von den widersprüchlichen Angaben Hans Kastenhubers ausgehen, dessen Namen erstmals einer der Unterzeichner der vorliegenden Mitteilung in dieser Zeitung in Umlauf brachte (siehe Leserecho: Spurensuche nach dem Draaser Schwert).
Hans Kastenhuber hatte in einer Eidesstattlichen Erklärung von 1982 behauptet, er hätte das Draaser Schwert am 5. Oktober 1944 in Budapest im Hotel Royal von Andreas Schmidt in Empfang genommen mit dem Auftrag, es solle in Berlin „dem Reichsführer solange zu treuen Händen überreicht [werden], bis es wieder seinen alten Platz in der befreiten Heimat einnehmen könne“. Diesen Auftrag, behauptet Kastenhuber, habe er auch am 6. Oktober 1944 erfüllt.
Unsere erste Hypothese geht von der Wahrheit dieser Behauptung aus, wie das auch Gerhard Beer (siehe Folge 6 vom 10. April 2022, S. 10) annimmt, woraus folgt, dass das Schwert in Berlin in den Kriegswirren der folgenden Monate verlorengegangen sein muss.
Die Umstände, unter denen das Schwert den Draasern abgenommen wurde, die einer „Entführung“ eher als einer „freundlichen Übernahme“ durch gut gesinnte Helfer ähnlich sehen, haben einen von uns veranlasst, eine zweite Hypothese aufzustellen (siehe Leserecho: Draas in den Schlagzeilen – dass ich das noch erleben durfte!). In den letzten Augusttagen 1944 hatte Andreas Schmidt mit einer Handvoll Leuten versucht, vom noch zu Ungarn gehörenden Teil Siebenbürgens aus seine Familie (Ehefrau, Sohn, Schwiegermutter und Schwägerinnen) sowie die Frauen einiger anderer Amtswalter, die sich im Bad Hamruden jenseits der noch existierenden Grenze aufhielten, „herauszuhauen“ (Rudolf-Sonntag-Protokoll), was allerdings misslang. Dieser Misserfolg und die dadurch ausgelöste Panik, ihre Angehörigen einem ungewissen Schicksal zu überlassen, könnten Schmidt und sein Gefolge von Amtswaltern (darunter Hans Kaufmes) veranlasst haben, das Schwert der im Stress der überhasteten Vorbereitungen zur Flucht befindlichen Draaser als mögliches Mittel zum eventuellen „Freikauf“ der in Rumänien zurückgelassenen Familienangehörigen zu betrachten und es in eigener Regie den Draasern zu entwenden. Dabei war es wichtig, falsche Spuren zu legen, zu welchem Zweck gleich nach Kriegsende die Aussagen Kastenhubers in die Welt gesetzt wurden. Gemäß unserer zweiten Hypothese hieße das, dass Kastenhuber das Schwert gar nicht, wie er behauptet, von Schmidt in Budapest übernommen hat, um es nach Berlin zu schaffen. Dieser Hypothese zufolge, könnten Hinweise zum Auffinden des Schwertes am ehesten noch aus dem Umfeld der heute noch lebenden Mitglieder der Familien Kaufmes-Schmidt (USA) und Kastenhuber (Salzburg/Österreich) kommen.
Die dritte Hypothese haben wir neuestens aufgestellt, nachdem wir zur Kenntnis nehmen mussten, dass Kastenhuber in einem 1952 zu Protokoll gegebenen Schreiben bezüglich des Schwertes eine Aussage machte, die gar nicht zu derjenigen passt, die er 30 Jahre später in seiner Eidesstattlichen Erklärung tätigte. Expressis verbis schrieb er 1952: „Am 4.10. [1944] fuhr ich von Budapest nach Berlin ab, Volksgruppenführer Andreas Schmidt gab mir das aus Draas gerettete ,Draaser Schwert‘ als Geschenk der Volksgruppe an Himmler [unsere Hervorhebung] mit. Ich überreichte es am 6.10. mit einem Begleitbrief Schmidts […] einem Adjutanten Himmlers.“ Sollte es tatsächlich so gewesen sein, dass die „Crème“ der rumäniendeutschen Volksgruppe sich erhoffte, sich durch solch ein Geschenk – in Anbetracht der schwierigen Zeiten – die Gunst und Protektion Himmlers zu erwirken? Denn es wird Andreas Schmidt bekannt gewesen sein, dass Himmler ein Faible für „deutsches Ahnenerbe“ hatte, also unter anderem für Beweise, die die germanische Präsenz außerhalb Deutschlands dokumentieren. Ein solches Geschenk wäre vom Reichsführer ohne jeden Zweifel mit großem Wohlwollen in Empfang genommen worden. Dazu hätte sich aber niemand speziell nach Berlin verfügen müssen, denn Himmler war zu jener Zeit kaum in Berlin anwesend. Er befand sich stattdessen in seiner Feldkommandostelle Hochwald in Ostpreußen, wo ihn Andreas Schmidt zwischen dem 16. und 17. September 1944 besuchte, zu einem Zeitpunkt also, als sich das Schwert in seiner Obhut befunden haben muss. War das Schwert also als „Geschenk an Himmler“ angedacht, hätte Andreas Schmidt es persönlich überbringen können, und zwar höchstwahrscheinlich per Flugzeug und nicht umständlich durch eine „zufällig“ aufgetauchte Gelegenheit (in der Person Kastenhubers). Es wäre dann auch logisch anzunehmen, dass Himmler das Schwert alsbald „in den Süden“ geschafft haben würde, wo seine Familie, aber seit Kurzem auch seine „Zweitfrau“ Hedwig Potthast mit ihren beiden gemeinsamen Kindern wohnten, und wo er überdies noch eine Feldkommandostelle südlich von Salzburg besaß. Die Gelegenheit bot sich ihm schon Anfang Oktober, als er tatsächlich bei Hedwig und seinen Kindern aufkreuzte und dort, wie wir aus einem Brief Martin Bormanns an dessen Frau erfahren, „Bilder aufgehängt und im Haus gearbeitet und den ganzen Tag mit den Kindern gespielt“ und auch keine Telefonanrufe entgegengenommen hätte. Möglicherweise eine gute Gelegenheit, auch dem Schwert in Frau Potthasts Haus einen Ehrenplatz zu finden. Durch die sich überstürzenden Ereignisse des Frühjahres 1945 bot sich Himmler keine Gelegenheit mehr, in die Salzburger Gegend zu gelangen. Wir wissen nur, dass er Paul Baumert, den Stabsführer seines persönlichen Stabes, am 17. April 1945 in den Süden sandte, „um die Flucht von Marga und Gudrun [seiner Ehefrau und Tochter] sowie von Hedwig“ und deren Kindern zu organisieren (siehe Katrin Himmler und Martin Wildt: „Himmler privat“, Piper 2014). Dann wären, im Falle dass die dritte Hypothese zutreffen würde, Paul Baumert und Frau Potthast die Letzten gewesen, die über den Verbleib des Schwertes hätten Bescheid wissen können.
Unsere erste Hypothese geht von der Wahrheit dieser Behauptung aus, wie das auch Gerhard Beer (siehe Folge 6 vom 10. April 2022, S. 10) annimmt, woraus folgt, dass das Schwert in Berlin in den Kriegswirren der folgenden Monate verlorengegangen sein muss.
Die Umstände, unter denen das Schwert den Draasern abgenommen wurde, die einer „Entführung“ eher als einer „freundlichen Übernahme“ durch gut gesinnte Helfer ähnlich sehen, haben einen von uns veranlasst, eine zweite Hypothese aufzustellen (siehe Leserecho: Draas in den Schlagzeilen – dass ich das noch erleben durfte!). In den letzten Augusttagen 1944 hatte Andreas Schmidt mit einer Handvoll Leuten versucht, vom noch zu Ungarn gehörenden Teil Siebenbürgens aus seine Familie (Ehefrau, Sohn, Schwiegermutter und Schwägerinnen) sowie die Frauen einiger anderer Amtswalter, die sich im Bad Hamruden jenseits der noch existierenden Grenze aufhielten, „herauszuhauen“ (Rudolf-Sonntag-Protokoll), was allerdings misslang. Dieser Misserfolg und die dadurch ausgelöste Panik, ihre Angehörigen einem ungewissen Schicksal zu überlassen, könnten Schmidt und sein Gefolge von Amtswaltern (darunter Hans Kaufmes) veranlasst haben, das Schwert der im Stress der überhasteten Vorbereitungen zur Flucht befindlichen Draaser als mögliches Mittel zum eventuellen „Freikauf“ der in Rumänien zurückgelassenen Familienangehörigen zu betrachten und es in eigener Regie den Draasern zu entwenden. Dabei war es wichtig, falsche Spuren zu legen, zu welchem Zweck gleich nach Kriegsende die Aussagen Kastenhubers in die Welt gesetzt wurden. Gemäß unserer zweiten Hypothese hieße das, dass Kastenhuber das Schwert gar nicht, wie er behauptet, von Schmidt in Budapest übernommen hat, um es nach Berlin zu schaffen. Dieser Hypothese zufolge, könnten Hinweise zum Auffinden des Schwertes am ehesten noch aus dem Umfeld der heute noch lebenden Mitglieder der Familien Kaufmes-Schmidt (USA) und Kastenhuber (Salzburg/Österreich) kommen.
Die dritte Hypothese haben wir neuestens aufgestellt, nachdem wir zur Kenntnis nehmen mussten, dass Kastenhuber in einem 1952 zu Protokoll gegebenen Schreiben bezüglich des Schwertes eine Aussage machte, die gar nicht zu derjenigen passt, die er 30 Jahre später in seiner Eidesstattlichen Erklärung tätigte. Expressis verbis schrieb er 1952: „Am 4.10. [1944] fuhr ich von Budapest nach Berlin ab, Volksgruppenführer Andreas Schmidt gab mir das aus Draas gerettete ,Draaser Schwert‘ als Geschenk der Volksgruppe an Himmler [unsere Hervorhebung] mit. Ich überreichte es am 6.10. mit einem Begleitbrief Schmidts […] einem Adjutanten Himmlers.“ Sollte es tatsächlich so gewesen sein, dass die „Crème“ der rumäniendeutschen Volksgruppe sich erhoffte, sich durch solch ein Geschenk – in Anbetracht der schwierigen Zeiten – die Gunst und Protektion Himmlers zu erwirken? Denn es wird Andreas Schmidt bekannt gewesen sein, dass Himmler ein Faible für „deutsches Ahnenerbe“ hatte, also unter anderem für Beweise, die die germanische Präsenz außerhalb Deutschlands dokumentieren. Ein solches Geschenk wäre vom Reichsführer ohne jeden Zweifel mit großem Wohlwollen in Empfang genommen worden. Dazu hätte sich aber niemand speziell nach Berlin verfügen müssen, denn Himmler war zu jener Zeit kaum in Berlin anwesend. Er befand sich stattdessen in seiner Feldkommandostelle Hochwald in Ostpreußen, wo ihn Andreas Schmidt zwischen dem 16. und 17. September 1944 besuchte, zu einem Zeitpunkt also, als sich das Schwert in seiner Obhut befunden haben muss. War das Schwert also als „Geschenk an Himmler“ angedacht, hätte Andreas Schmidt es persönlich überbringen können, und zwar höchstwahrscheinlich per Flugzeug und nicht umständlich durch eine „zufällig“ aufgetauchte Gelegenheit (in der Person Kastenhubers). Es wäre dann auch logisch anzunehmen, dass Himmler das Schwert alsbald „in den Süden“ geschafft haben würde, wo seine Familie, aber seit Kurzem auch seine „Zweitfrau“ Hedwig Potthast mit ihren beiden gemeinsamen Kindern wohnten, und wo er überdies noch eine Feldkommandostelle südlich von Salzburg besaß. Die Gelegenheit bot sich ihm schon Anfang Oktober, als er tatsächlich bei Hedwig und seinen Kindern aufkreuzte und dort, wie wir aus einem Brief Martin Bormanns an dessen Frau erfahren, „Bilder aufgehängt und im Haus gearbeitet und den ganzen Tag mit den Kindern gespielt“ und auch keine Telefonanrufe entgegengenommen hätte. Möglicherweise eine gute Gelegenheit, auch dem Schwert in Frau Potthasts Haus einen Ehrenplatz zu finden. Durch die sich überstürzenden Ereignisse des Frühjahres 1945 bot sich Himmler keine Gelegenheit mehr, in die Salzburger Gegend zu gelangen. Wir wissen nur, dass er Paul Baumert, den Stabsführer seines persönlichen Stabes, am 17. April 1945 in den Süden sandte, „um die Flucht von Marga und Gudrun [seiner Ehefrau und Tochter] sowie von Hedwig“ und deren Kindern zu organisieren (siehe Katrin Himmler und Martin Wildt: „Himmler privat“, Piper 2014). Dann wären, im Falle dass die dritte Hypothese zutreffen würde, Paul Baumert und Frau Potthast die Letzten gewesen, die über den Verbleib des Schwertes hätten Bescheid wissen können.
Harald Hetzner, Werner Paulini, Carl Strutinski, Volkmar Weiß
Schlagwörter: Draas, Schwert, Geschichte, Schmidt, Nationalsozialismus
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- 02.01.2024, 19:03 Uhr von Christian Schoger: Vielen Dank für Ihren Hinweis, sibisax. Es handelt sich, wie von Verfasserseite eingeräumt, ... [weiter]
- 12.12.2023, 15:48 Uhr von sibisax: Das ist ein bisschen eigenartig: das Schwert wurde am 05.Okt.44 erhalten und und am 06.Sept.44 zur ... [weiter]
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