18. Januar 2022

Leserecho: Draas in den Schlagzeilen – dass ich das noch erleben durfte!

Zum Artikel „Draas kann gerettet werden! Die evangelische Kirche wird renoviert und eine neue Gemeinde entsteht“ von Christa Richter in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 19 vom 6. Dezember 2021, Seite 3 (siehe auch SbZ Online vom 5. Dezember 2021).
Die Draaser Kirchenburg auf einem Bild des ...
Die Draaser Kirchenburg auf einem Bild des Klausenburger ­Malers Karl Nebert.
Liebe Freunde, es schreibt euch ein ehemaliger „Bukarester Draaser“, wenn man das so sagen kann. Ich wurde zwar in Bukarest geboren, aber getauft wurde ich in der Draaser Kirche. Das ergab sich, weil meine Mutter eine geborene Draaserin war und es in den Nachkriegsjahren schwierig war, an der evangelischen Kirche in Bukarest getauft zu werden. Sogar den Konfirmandenunterricht habe ich während eines Ferienaufenthalts in Draas besucht. Ich lebe jetzt schon fast 20 Jahre in Deutschland, doch Draas hat mich für mein ganzes Leben geprägt, anders als viele geborene Draaser, die schon als Kinder im September 1944 im Zuge der Evakuierung Draas für immer verlassen mussten. Wenn ich nicht schon seit zehn Jahren Rentner wäre, würde der oben genannte Artikel mich vielleicht angeregt haben, darüber nachzudenken, ob die Rückkehr nach Draas nicht auch für mich eine Option gewesen wäre.

Ich verfüge über einige Quellen, die es mir erlauben, die im Artikel mitgeteilten Daten zu vervollständigen. Was das Draaser Schwert betrifft, notieren Johann und Michael Markus (Markus, Johann und Michael: "Draas – wie es einst war", Eigenverlag, Kitchener/Kanada 1977, 36 Seiten): „Es war kein Kampfschwert – dazu war es zu lang und zu schwer – es war ein Beidhänder und zweischneidig, wohl ein Richtschwert. (...) Vielleicht sollte es auch nur Sinnbild der Wachsamkeit und Abwehrbereitschaft oder ein Zeichen der Rechtshoheit des Sachsenlandes sein.“ Diesen Autoren zufolge gelangte das Schwert während der Evakuierung nicht nach Wien, wie Gerhard Rill in seinem Leserbrief (Folge 20 dieser Zeitung vom 20. Dezember 2021, S. 26, siehe auch SbZ Online vom 10. Januar 2022) vermutet, sondern nach Berlin. Michael Markus erinnert sich: „Der Treck [der im September 1944 aus Draas Flüchtenden] wurde von einer SS-Begleitmannschaft geführt, darunter war auch der ehemalige Ackerbauschuldirektor aus Marienburg Kaufmes, welcher das Schwert aus der Kirche mitnahm. Es wurde, wie ich später erfahren habe, in Berlin in der Dienststelle Himmlers einem seiner Adjutanten zur Aufbewahrung übergeben, seither weiß man nichts mehr von ihm.“ Dazu muss man allerdings sagen, dass Michael Markus nicht angibt, wie er erfahren haben will, dass das Schwert nach Berlin gelangte. Auch Michael Schenker gibt in seinem Erinnerungswerk zur Evakuierung der Draaser (1987) bloß lapidarisch an: „Die Mitnahme unseres Draaser Schwertes auf einem LKW der Wehrmacht soll nicht unerwähnt bleiben“. Andererseits fand ich auf Wikipedia den Hinweis, dass Johann (Hans) Kaufmes, ehemals „Direktor der Ackerbauschule in Marienburg“, also offensichtlich derselbe, der „das Schwert aus der Kirche mitnahm“, aller Wahrscheinlichkeit nach im Herbst 1944 nach Österreich flüchtete, „wo er sich in Innsbruck als Student einschrieb“ (da war er aber schon 47 Jahre alt). Also führte ihn sein Fluchtweg, laut Wikipedia, keineswegs nach Deutschland, sondern nach Österreich, weshalb wohl die Vermutungen entstehen konnten, die Herrn Rill veranlasst hatten, das Draaser Schwert in den Wiener Museen zu suchen. Fast unweigerlich kommt einem aber bei der Durchsicht dieser wenigen Anhaltspunkte in den Sinn, das Schwert könnte eher in Innsbruck als in Wien „gelandet“ sein. Ich enthalte mich weiterer Mutmaßungen.

In anderer Hinsicht möchte ich noch eine Berichtigung der Einwohnerzahl des Dorfes Draas, so wie sie von Christa Richter in ihrem Artikel angegeben wird, vornehmen. Laut Johann und Michael Markus zählte Draas im Jahr 1944 insgesamt 1126 Seelen, „davon waren 759 Sachsen, 212 Rumänen, 82 Zigeuner und 13 andere“. Dazu sollte man wissen, dass „dunkler Überlieferung nach, der Ort einmal viel größer gewesen“ sein soll und eine der ältesten Siedlungen der Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen darstellt. Sie wird im Goldenen Freibrief des Königs Andreas II (1224) als „Terra Daraus“ bezeichnet.

Zu guter Letzt: Anfang der 2000er Jahre stellte ich dem 2008 verstorbenen Klausenburger Maler Karl Nebert eine Ansichtskarte mit der Draaser Kirchenburg, die aus der Zwischenkriegszeit stammte, zur Verfügung, die dieser als Vorlage für eine Malerei benutzte. Er war daraufhin so fasziniert von der Kirchenburg, dass er sie an Ort und Stelle besuchte und sie da gleich nochmals malte. Das Bild, das dabei entstand, schenkte er mir. Es hängt in unserem Wohnzimmer.

Carl Strutinski, Saarbrücken

Schlagwörter: Leserecho, Draas, Kirchenburg

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