13. Juni 2006

Leserecho: Sind wir ein Volk von Geizkrägen?

Diese Frage drängte sich Georg Hienz, München, auf, nachdem er den Beitrag von Hatto Scheiner in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 19. Mai 2006 über die von ihm geleitete "Stiftung Siebenbürgische Bibliothek" gelesen hatte. Hier seine Gedanken über das Verhältnis der Siebenbürger Sachsen zu ihrem Kulturerbe und speziell über die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek.
Sparsamkeit ist bekanntlich eine Tugend, Geiz hingegen wohl eher ein Laster, eine angeborene negative Charaktereigenschaft oder sogar ein Schimpfwort? Darf man überhaupt die Titelfrage stellen ohne sich der Kritik auszusetzen, man sei ein Nestbeschmutzer? Nun der Geiz ist ein persönliches, meist angeborenes Attribut so wie Farbenblindheit, Sprachbegabung usw. Der Geizige tut eigentlich nichts Böses, er will oder kann nur nicht von seinem Geld etwas abgeben, auch wenn es sich um eine noch so geringe Summe handelt. Er schadet (nur) durch unterlassene Hilfeleistung.

Wie kann es sein, frage ich mich, dass wir, die in Deutschland lebenden ca. 200 000 Siebenbürger Sachsen, nicht in der Lage sind einen zweiten Betreuer für unsere Bibliothek und für unser Archiv in Gundelsheim zu bezahlen und dass diese Einrichtungen lediglich von einem einzigen Bibliothekar betreut werden, dessen Gehalt vom Land Baden-Württemberg getragen wird. Wenn in absehbarer Zeit diese Zuwendung aufgrund von Sparmaßnahmen ausfallen sollte, dann ist der Weiterbestand unserer Bibliothek akut gefährdet.

Uns Siebenbürgern kann man beim besten Willen nicht nachsagen, wir hätten keine patriotischen Gefühle. Ganz im Gegenteil, wir sind und waren immer stolz auf die Leistungen unserer kleinen Volksgruppe. Auf die Tapferkeit der Vorfahren in früheren Kriegszeiten, auf unsere Kirchenburgen, unsere Landwirtschaft, unsere Städte, auf unsere evangelische Kirche, auf unsere Bauern und Handwerker, auf Leute wie Honterus, Brukenthal, Stephan Ludwig Roth, Dr. Karl Wolff, Hermann Oberth, um nur einige zu nennen.

Die Siebenbürgische Bibliothek samt angeschlossenem Archiv in Gundelsheim, das sind zigtausende von Büchern, Landkarten und Dokumenten, die unsere Vorfahren, unsere alte Heimat und deren Geschichte und Kultur betreffen. Es sind einzigartige, nicht wieder beschaffbare Kulturgüter die unsere geschichtliche und kulturelle Identität dokumentieren. Wir haben ganz eindeutig die moralische Verpflichtung, dieses hohe Gut zu bewahren und unseren Nachkommen sowie allen Interessenten zugänglich zu erhalten. Eine Vernichtung dieser Einrichtung und deren Kulturgüter durch unterlassene Hilfeleistung ist ein unvorstellbares Szenario. Wenn uns das Schicksal dieser Einrichtung kalt lässt, dann sind wir alles andere als das, wofür wir uns halten.

Der Gedanke, die Bibliothek über ein Stiftungsvermögen abzusichern, ist bestechend und der Wichtigkeit dieser Aufgabe angemessen. Danach soll ein genügend hohes Vermögen angesammelt werden, von dessen Zinserträgen die laufenden Ausgaben zu finanzieren wären. Dies schafft Unabhängigkeit und Sicherheit gegenüber politischen oder konjunkturell bedingten Schwankungen von Subventionen oder anderen laufenden Einnahmen. Nach meinem Erachten müsste es möglich sein, dieses Stiftungsvermögen in einer Zeit von zwei bis vier Jahren anzusparen. Dazu sollten Nachlässe von kinderlosen Landsleuten, Zuschüsse seitens unserer Landsmannschaft und vor allem Spenden von uns allen eingesetzt werden.

Nachlässe von Landsleuten ohne direkte Erben sind sehr wichtig und sollten ernsthaft mit möglichen Spendern besprochen werden. Da es sich hier meist um ein durch harte Arbeit angespartes Vermögen handelt, sollte es für die Betroffenen Trost und Befriedigung sein, dass ihre Ersparnisse für die Rettung und den Erhalt unseres Kulturgutes Verwendung finden. Spenden von uns allen: Wenn von den 200 000 in Deutschland lebenden Landsleuten jeder nur ein einziges Mal 20 Euro spenden würde, dann wären das schon 4 Millionen und bei 4% Zinsen ein Jahreseinkommen von 160 000 Euro.

Die eingangs gestellte Frage "Sind wir ein Volk von Geizkrägen?" lässt sich bestimmt nicht mit Ja oder Nein beantworten. Versuchen wir es mal anders: Jeder Leser dieser Zeilen sollte sich fest vornehmen, einmal im Jahr einen ihm angemessen scheinenden Betrag an die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, Schloss Horneck, 74831 Gundelsheim, zu spenden. Am Ende jeden Jahres, in der Sivesternacht, sollte man Bilanz ziehen. Wer aus Sparsamkeit, Geiz oder einfach aus Vergesslichkeit nichts gespendet haben, sollte ein schlechtes Gewissen bekommen und gleich zu Beginn des neuen Jahres seine Spende überweisen.

Georg Hienz, München

Schlagwörter: Leserecho, Siebenbürgische Bibliothek, Kulturspiegel

Bewerten:

2 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.