14. April 2003

GoEast-Festival in Wiesbaden

Die Kamera trügt nicht, möchte man als Motto des 3. GoEast-Festivals voranstellen. Obwohl in den Ankündigungen des Filminstituts Frankfurt, des Trägers dieses Festivals, und der Hertie-Stiftung stets vom Wandel in Osteuropa die Rede war, fühlen sich die Vertreter dieser Länder bereits vom Wandel eingeholt.
An den Wandel glaubten sie Anfang der neunziger Jahre, 13 Jahre danach jedoch konzentrieren sich die Filme der osteuropäischen Regisseure vielmehr auf die Realität. Die sechs Kommentarfilme und neun Spielfilme schildern das harte Leben der Menschen in den ehemaligen Ländern des Ostblocks. Ob es das Leben der Waldarbeiter und Köhler Nordungarns in "Nordland" von Zoltan Füredi ist, die Sorgen des Schrottsammlers Edi im gleichnamigen Film des Polen Piotr Trzaskalski, die "Nachtwandler" Budapests in der Regie von Bence Miklauzic oder das Leben der Dorfbewohner in Tadschikistan in "Engel auf der rechten Schulter" von Dzamsed Usmonov. Alle haben eines gemeinsam: Sie kämpfen um eine bessere Existenz, um Gerechtigkeit und Menschlichkeit in einer Gesellschaft, die nach jahrzehntelanger Unterdrückung immer noch nicht ihr Gleichgewicht gefunden hat, von Korruption und Bestechlichkeit, Armut und Existenzangst gekennzeichnet ist.

Die Preisverleihung des 3. GoEast Festivals vom 26.März bis 3. April fand im Caligari-Kino in Wiesbaden statt. Obwohl kein rumänischer Film im Wettbewerbsprogramm mit dabei war, da die Filmproduktion in Rumänien, wie von der künstlerischen Leitung des Festivals zu erfahren war, zurzeit kaum Geld für Eigenproduktionen hat, residierte der Preisträger des Vorjahres, Nae Caranfil in der Jury.

Die "Goldene Lilie", den Hauptpreis für den besten Film erhielt überraschenderweise der Dokumentarfilm "Der Schlüssel, um die Zwerge zu definieren" in der Regie von Martin Sulik, der die Lebensgeschichte des Prager Filmemachers Pavel Juracek erzählt, der nach dem Prager Frühling 1968 seine Heimat verließ und sich im Westen niederließ. Den mit zehntausend Euro ausgestatteten Dokumentarfilmpreis der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung erhielt der Film "Brot über den Zaun" von Stephan Komandarev. Der Preis für die beste Regie ging an den Dokumentarfilm "Tanzsaal" von Livia Gyarmathy, die in den braven Tanzstunden der Gesellschaft eines Dorfes in Ungarn ein stilles Porträt der Gesellschaft zeichnet, die in harmonischen Tanzstunden den Blick auf die Zukunft richtet.

Der Schwerpunkt des Festivals war dieses Jahr Anton Tschechow und die Verfilmung seiner Romane, Novellen und Theaterstücke. Auch dieses Jahr hat das Festival wieder mehr Besucher angezogen und den Westen dem Osten näher gebracht.

Katharina Kilzer


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 6 vom 15. März 2003, Seite 6)

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