27. April 2003

Siebenbürgisches Museum am Ende oder am Anfang?

Die Darstellung von Dr. Jürgen Martens (Leserbrief in der Siebenbürgischen Zeitung vom 31. März 2003) zur Existenzfrage des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim bedarf einiger Klarstellungen und Korrekturen. Im Leitartikel von Karin Servatius-Speck und in der Leserzuschrift von Alfred Mrass, veröffentlicht in der "Siebenbürgischen Zeitung" vom 15. April, sind die wichtigsten Aspekte enthalten. Im Folgenden bringt Dr. Christian Phleps, Vorsitzender des Hilfsvereins "Johannes Honterus" die Sichtweise des Trägers des Heimathauses Siebenbürgen in Gundelsheim zur Geltung.
Die Aussage von Dr. Martens: "Die Bundesregierung hat als alleinige Fördererin des Siebenbürgischen Museums alles getan, um diese wichtige und wertvolle Kultureinrichtung zu erhalten" suggeriert die falsche Annahme, dass nur der Bund das Museum geschaffen und gefördert habe - so wie das beim Donauschwäbischen Museum in Ulm der Fall ist.

Es ist wahr, dass der Bund vor zwölf Jahren gemäß seiner gesetzlichen Verpflichtung nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) es übernommen hat, das Museum zu fördern und damit institutionell aufzuwerten (Zentralmuseum), personell (übermäßig) auszustatten und gemäß einer "Neukonzeption" von 1993 mit viel Aufwand umzugestalten. Die Folge war, dass sich die Siebenbürger Sachsen nicht mehr im Museum wiederfinden können und ihre bisherige Identifikation verloren ging. Unter den Landsleuten machte sich Frust, Ärger, Wut breit, was zum drastischen Rückgang der Besucherzahlen führte. Letzteres wird heute von Dr. Martens unter Verkennung der Tatsachen auf den provinziellen Standort Gundelsheim zurückgeführt.

"Was habt ihr aus unserem Museum gemacht?" Diese Frage - wie oft gestellt! - ist weiterzugeben an die Politiker und ihre Ausführungsorgane in Bonn und Berlin und an die von dort favorisierten Wissenschaftler vor Ort.

Die Repräsentanten der verschiedenen siebenbürgisch-sächsischen Organisationen, die zusammen mit engagierten Fachleuten ehrenamtlich den Trägerverein bilden, haben sich gutgläubig blenden lassen vom Mammon Geld. Gutgläubig, weil sie davon ausgingen, dem Bund und den angestellten Mitarbeitern ginge es primär um unser Kulturgut.

Für den Hilfsverein "Johannes Honterus" ist dies alles eine ernste und schmerzliche Entwicklung. Aus bescheidenen Anfängen (private Sammlungen von Heimbewohnern) heraus hat der Hilfsverein in seinem Schloss Horneck seit den sechziger Jahren die räumlichen Voraussetzungen für eine Heimatstube und dann für eine immer größer werdende Schausammlung mit Nebenräumlichkeiten von 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche geschaffen. Bis 1983, als sich der Museumsverein als eigenständig und tragfähig etablierte, hat der Hilfsverein "Johannes Honterus" alle Umbau- und Ausbaukosten bezahlt, rund eine halbe Million DM investiert, dem Kustos Rolf Schuller kostenlosen Heimaufenthalt bis zu seinem Ableben gewährt, sechs Jahre lang die Verwalterstelle durch Benno Kopp finanziert und schließlich durch eine groß angelegte Darlehens- und Spendenaktion in den siebziger Jahren 50 000 DM beigebracht. Die Darlehen hat der Hilfsverein in jährlichen Raten zurückbezahlt. Von Anfang an bis heute ist das Museum ebenso wie die Bibliothek mietfrei im Heimathaus untergebracht, lediglich Nebenkosten werden seit einigen Jahren verrechnet. In der Satzung des Hilfsverein ist das Engagement für die Kulturinstitute verankert: Neben der Hilfe für notleidende Landsleute (im Alten- und Pflegeheim) wird auch die "Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes und Brauchtums" als Vereinsziel festgelegt.

"Tue Gutes und rede darüber !" Der Hilfsverein und ungezählte Landsleute, Freunde, Sponsoren, Ratgeber und tatkräftige Ehrenamtliche haben nicht nach diesem Motto gehandelt, sondern sich auch eingebracht für unser Kulturerbe, gearbeitet, gesammelt, gezahlt und einen Großteil der Exponate gespendet, Exponate, die für die Geber einen hohen persönlichen ideellen Wert darstellten, die sie aber unserem Museum gegeben haben im vertrauensvollen Glauben, dort seien sie am besten aufbewahrt als Zeugnisse siebenbürgisch-sächsischer Identität.

Mit Bundesmitteln wurden vor allem nach 1990 Exponate angeschafft und wissenschaftliche Vorhaben finanziert. Hieraus wird jetzt abgeleitet, dass diese Güter aus dem Bestand herausgerissen und nach Ulm oder Berlin verbracht werden könnten. Der Bund war und ist leider ein fragwürdiger Partner. Enttäuschung breitet sich mit Recht unter all denen aus, die sich mit dem Museum verbunden fühlen und bereit sind, mit persönlichem Opfer den Erhalt des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes soweit und so lange wie möglich zu sichern.

Was bringt uns weiter? Wir müssen versuchen zu retten, was "uns" gehört. Wir müssen jetzt in bescheidenem Rahmen und mit Hilfe von ehrlichen Spendern und Freunden durch qualifizierte Museologen die Museumsarbeit fortführen. Der Hilfsverein wird seinen Beitrag weiterhin leisten, indem unsere Kultureinrichtungen in unserem Heimathaus Siebenbürgen in Gundelsheim eine Bleibe haben.

Ich rufe Sie auf, dem neu gegründeten "Verein zur Förderung des Siebenbürgischen Museums e.V." beizutreten. Vorsitzender des Vereins ist Rechtsanwalt Rolf-Dieter Happe und dessen Stellvertreter Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft. Nehmen Sie Kontakt auf mit dem Förderverein des Siebenbürgischen Museums, Rolf-Dieter Happe, Sauerstraße 9, 85049 Ingolstadt, Telefon: (08 41) 9 31 05 01.

Dr. Christian Phleps, Nürtingen


1. Vorsitzender des Hilfsvereins "Johannes Honterus" e.V. Stuttgart

Weitere Artikel zum Thema Siebenbürgisches Museum:

Bundesregierung will Sammlungen in Gundelsheim zerschlagen, Siebenbürgische Zeitung-Online, 16. April 2003

Totgesagte leben länger, Siebenbürgische Zeitung-Online, 12. April 2003

Siebenbürgisches Museum existenziell bedroht, Siebenbürgische Zeitung-Online, 22. Februar 2003

Förderverein Siebenbürgisches Museum gegründet, Siebenbürgische Zeitung-Online, 22. November 2002

Nach den Bundestagswahlen: Zuversicht in Gundelsheim, Siebenbürgische Zeitung-Online, 12. Oktober 2002

Gemeinsame Lösung für Siebenbürgisches Museum angestrebt, Siebenbürgische Zeitung-Online, 9. März 2002

Neue Intervention für Kulturzentrum Gundelsheim, Siebenbürgische Zeitung-Online, 11. Januar 2002

Kulturzentrum in Gundelsheim als Einheit erhalten, Siebenbürgische Zeitung-Online, 24. November 2001

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