7. März 2002

Erhard Plesch: Beispielhaft engagiert in allen sächsischen Fragen

Der vor 25 Jahren verstorbene Rechtsanwalt Erhard Plesch war 15 Jahre lang - von 1963 bis zu seinem Tode 1977 - Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. Damit aber nicht genug: „Seine ganze Kraft und Energie, seine ganze Lebensaufgabe galt immer den Menschen seiner siebenbürgischen Heimat“, heißt es in der Todesanzeige der Familie. An seine herausragende Stellung erinnert einer seiner Nachfolger im Amt: Dr. Wolfgang Bonfert.
Als Erhard Plesch am 6. März 1977 starb, jäh herausgerissen aus dem aktiven Einsatz für seine siebenbürgischen Landsleute, empfanden viele dieses Ereignis als das Ende einer wichtigen Epoche siebenbürgisch-sächsischer Gegenwart.
Erhard Plesch beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen zu Pfingsten 1974 in Dinkelsbühl.
Erhard Plesch beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen zu Pfingsten 1974 in Dinkelsbühl.


Geboren wurde Erhard Plesch am 7. April 1910 in Sächsisch-Regen. Nach dem Besuch der Schäßburger Bergschule, dem Jurastudium in Klausenburg und dem Beginn der beruflichen Tätigkeit in einer Reener Anwaltskanzlei führte sein Weg ins politische Leben nach Hermannstadt. Nach Kriegsende folgten Zwangsarbeit in Russland und die Übersiedlung nach München. Im Rahmen der noch jungen Landsmannschaft wirkte er hier ab 1952 als Lastenausgleichsreferent, als Vorsitzender der Landesgruppe Bayern, als stellvertretender Bundesvorsitzender und schließlich seit 1963 und bis zu seinem Tode 1977 als Bundesvorsitzender ebenso zum Wohle seiner Landsleute wie auch in seiner beruflichen Stellung als Leiter der Heimatauskunftsstelle Rumänien im Bayerischen Arbeits- und Sozialministerium.
Erhard Plesch hat das Ehrenamt des Bundesvorsitzenden fast 25 Jahre lang innegehabt. Heimatpolitisches wie verbandspolitisches Denken und Handeln waren aufs engste mit seinem Namen verknüpft. Seine Initiativen galten dabei in mehreren Bereichen als bahnbrechend. So wurde er nicht müde, die „Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen über Grenzen und Kontinente hinweg“ zu propagieren und durch ständigen Kontakt - Besuche, Arbeitsgespräche und Aktionsabstimmungen - mit den Landsleuten in Österreich, in Kanada und in den USA ein Problembewusstsein der Lage zu schaffen, aus dem sich dann später die Föderation dar Siebenbürger Sachsen entwickelte.
Politisch ebenso auf weite Sicht gedacht war sein Anliegen, durch ständige Fühlungnahme mit den Politikern in Bonn und Bukarest keine Gelegenheit zu versäumen, auf die besondere Situation dar Sachsen in Siebenbürgen einzuwirken. „Unser Weg zu den Landsleuten in Siebenbürgen“, war öfter von ihm zu hören, „führt über Bonn und über Bukarest.“ Es war daher nur folgerichtig, dass er die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien aktiv unterstützte, dass er mit den höchsten Repräsentanten Deutschlands und Rumäniens zusammenkam - von Nicolae Ceausescu wurde er zweimal empfangen. Ja sogar an Kabinettssitzungen der Regierung des Patenlandes Nordrhein-Westfalen nahmen er und weitere Vertreter der Landsmannschaft teil. Dort wurde unter anderem die Errichtung der Siebenbürger-Siedlung Drabenderhöhe vorangetrieben, und mit der „Vier-Punkte-Erklärung“ vom 2. Juli 1963 wurde der Übergang zur Aussiedlung eingeleitet, sollte doch diese jedem Willigen die Ausreise aus Siebenbürgen und die Aufnahme in Deutschland ermöglichen.
Das Engagement Pleschs in allen sächsischen Fragen war beispielhaft. Es gab keine Belastung, der er sich im Zusammenhang mit dem Schicksal der Siebenbürger Sachsen zu unterziehen nicht bereit war. Dass bei solchem Einsatz wenig Platz für Familie und Privatleben blieb, nahm er in Kauf, ebenso die gesundheitliche Belastung. Wer Erhard Plesch persönlich näher stand, wusste, dass der nach außen robust erscheinende Streiter und Politiker, der über schier unerschöpfliche Kraftreserven zu verfügen schien, in seinem Innersten durchaus ein empfindsamer und verletzbarer Mensch war. Sein ungestüm anmutender und stets konsequenter Einsatz für die Sache, die Ausschließlichkeit, mit der er sich als wichtig erkannten Aufgaben widmete, führten mit zunehmenden Jahren auch zu einer Vereinsamung, die wohl nur wenige erspürten.
Am 11. März 1977 haben wir Erhard Plesch in Rimsting zu Grabe getragen. Dort, nahe dem sächsischen Altenheim, das ihm oft zum Refugium beim Überdenken von Entscheidungen wurde, und in dessen Garten ihn auch dar Tod ereilte, ruht er auf dem auf einer Anhöhe über der Gemeinde gelegenen Friedhof, von dem aus man einen weiten Blick auf die bayerischen Alpen und auf den Chiemsee hat.

Dr. WoIfgang Bonfert


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2002, Seite 2)

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