21. April 2002

Äm Hontertstroch

Das sächsische Lied verbindet Siebenbürgen mit der kürzlich verstorbenen Marion Gräfin Dönhoff.
Erinnerungen an eine untergegangene Welt ... Sie sind in dem Buch „Kindheit in Ostpreußen“ festgehalten. Die sie heraufbeschwört, Marion Gräfin Dönhoff, wurde jüngst zu Grabe getragen. Ihrer gedachte man in der Öffentlichkeit durch eine Fülle von Würdigungen, erwies ihr als „Jahrhundertpersönlichkeit“, „Gewissen der Nation“, „Herz und Rückgrat der Zeit“, „moralische und, jenseits der Parteien, politische Instanz“, nicht zuletzt als „einer europäischen Patriotin“ die Reverenz (siehe insbesondere Die Zeit vom 14. März 2002).
Beim Lesen der Kindheitserinnerungen berührt uns Siebenbürger eine Stelle ganz besonders: „Die Gräfin“, wie sie allgemein genannt wird, berichtet von einem Lied: „Am Holderstrauch, da weint ein Mägdlein sehr“. Auf Seite 95 heißt es dazu: „Unterwegs sangen wir alle – zu den beliebtesten Liedern gehörten: ,Lustig ist das Zigeunerleben‘, ,Drei Lilien, die pflanzte ich auf mein Grab‘ oder ,Am Holderstrauch, da weint ein Mägdlein sehr‘. Überhaupt wurde früher – als es noch keine Musikkonserven gab – viel mehr gesungen.“
Im März 2000 nahm ich all meinen Mut zusammen und schrieb an Dr. Marion Gräfin Dönhoff. Ich erzählte kurz einiges über uns Siebenbürger Sachsen, um anschließend mein Hauptanliegen vorzubringen: Für die Sachsen gelte das in ihrer Heimat so gerne gesungene, schwermütige Lied „Äm Hontertstroch“ als ur-siebenbürgisch. Komponiert habe es Ende des 19. Jahrhunderts Hermann Kirchner, der zeitweilig in Siebenbürgen (Mediasch) wirkte; den Text habe Karl Römer, Pfarrer in Agnetheln, Meschen und Mediasch, verfasst. Inzwischen sei dieses volkstümliche Lied in zahlreichen Übersetzungen und verschiedenen Varianten in vielen Ländern - sogar in Japan und in den USA - bekannt geworden. Dem Brief legte ich die Noten der Melodie, sowie den deutschen und den sächsischen Text bei.
Und siehe da - nach wenigen Wochen traf folgende Antwort ein: „... ich danke Ihnen herzlich für Ihren Brief mit den interessanten historischen Mitteilungen, aus denen ich viel gelernt habe. Besonders interessiert hat mich auch, dass das Lied ,Im Holderstrauch‘, das ich in meiner Kindheit oft täglich gehört habe, eigentlich ein ur-siebenbürgisches Lied ist. Dank auch für den deutschen und den sächsischen Text. Ihnen beiden alle guten Wünsche und beste Grüße“
Das Lied „Äm Hontertstroch“ - es verbindet uns mit der Jahrhundertpersönlichkeit Marion Gräfin Dönhoff.

Irmgard Pelger

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