25. September 2010

Zekescher Heimatforscher Martin Ganesch wäre 75 geworden

Martin Ganesch war ein Kenner der Geschichte und der Traditionen der Siebenbürger Sachsen des Zekesch-Gebietes. Am 26. August hätte der gebürtige Gergeschdorfer seinen 75. Geburtstag gefeiert. Der engagierte Pädagoge ist am 1. Weihnachtstag 1993 im Alter von nur 58 Jahren verstorben.
Geboren wurde Martin Ganesch am 26. August 1935 in Gergeschdorf im Zekescher Land als ältester von drei Söhnen von Maria, geborene Kirr, und Martin Ganesch. Die Elementarschule besuchte er in seinem Heimatdorf; seine Lehrer waren u. a. der Schriftsteller und Publizist Hans Bergel und der Musikpädagoge und Dirigent Ernst Fleps. Bedingt durch die Kriegsereignisse wurde der Unterricht im Schuljahr 1944/45 ausgesetzt. In den Sommerferien des Jahres 1951 eignete sich Martin Ganesch den gesamten Lernstoff der 7. Klasse an und legte eine Prüfung vor einer Kommission unter Leitung von Professor Theobald Streitfeld in Mühlbach ab. Anschließend bestand er mit Leichtigkeit die Aufnahmeprüfung in die deutsche Klasse des Gheorghe-Lazăr-Lyzeums in Hermannstadt. In derselben Klasse saßen auch Bischof D. Dr. Christoph Klein, der Bildhauer Peter Jacobi, Pfarrer Hans Auner, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Auf der Rückreise aus Hermanstadt eröffnete ihm sein Lehrer Richard Waldemar Mildt, der ihn begleitet hatte, dass sein Vater im fernen Deutschland bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei. Die ganze Last der Erziehung und Ausbildung ihrer Söhne fiel nun der Mutter zu. Diese Aufgaben hat sie, viele Entbehrungen auf sich nehmend, voll und ganz erfüllt.
Martin Ganesch (1935-1993) ...
Martin Ganesch (1935-1993)
Nach einem sehr guten Abschluss studierte Ganesch Mathematik und Physik an der Universität Temeswar. Sein Abschluss hier geriet in Gefahr, da durch die Verhaftung seines Bruders Michael 1958 (er gehörte zur „Heltauer Gruppe“ der politischen Prozesse) er selbst ins Visier der Securitate geriet. 1959 kam er dann als junger Lehrer nach Sächsisch-Regen. Hier traf er auf seinen Freund Hans Auner, der kurz zuvor zum Stadtpfarrer gewählt worden war. Schnell erlangte er einen Bekanntheitsgrad als exzellenter Mathematiker, erstellte eine Sammlung von Aufgaben der höheren Mathematik mit den anfallenden Lösungen. Seine Berufung an den Lehrstuhl für Mathematik und Physik des Pädagogischen Institutes in Neumarkt a. M. scheiterte an seiner Weigerung, in die Kommunistische Partei einzutreten. 1966 heiratete er die Lehrerin Katharina Klein aus Obereidisch. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter. Martin Ganesch war vielseitig interessiert: Er trug eine beachtliche Mineraliensammlung zusammen, eine Münzen- und Uhrensammlung. Sein größtes Interesse galt der Geschichte des Zekescher Landes. Anfang der 70er Jahre begann er seine Forschungen in Archiven und vor Ort. Fachlichen Rat holte er sich bei Dr. Gustav Gündisch, Professor Theobald Streitfeld, dem Schriftsteller und Ethnologen Claus Stephani. Sein Interesse galt auch den Erbgräfen von Kelling, die großen Grundbesitz im Zekesch-Gebiet erworben hatten und maßgeblich an der Besiedlung des Gebietes mit sächsischen Bauern beteiligt waren. Darüber berichtete er in der „Siebenbürgischen Familienforschung“ Nr. 2, Jahrgang 1985. Von den Behörden immer misstrauisch beäugt und schikaniert (er wurde einmal einen halben Tag lang in Rothkirch von der Miliz festgehalten), sammelte er Material für eine Monografie über das Zekescher Land. Als Ergebnis veröffentlichte er viele Beiträge in der deutschen Presse Rumäniens. Begleitet von einem Fotografen, inszenierte er Einzel- und Gruppenbilder der sächsischen Tracht aus Gergeschdorf und Bluthrot und schuf so authentische Dokumente für die Nachwelt.

1981 erhielt das Ehepaar Ganesch wegen des Ausreiseantrages Berufsverbot. Es folgten zwei Jahre der Ungewissheit, der Schikanen und Mühe, sich und seine Familie mit Nachhilfeunterricht finanziell über Wasser zu halten. Beim Versuch, das gesammelte historische Material über die Grenze in Sicherheit zu bringen, wurde dies beschlagnahmt. In Deutschland angekommen, musste er zunächst eine zweijährige Referendarszeit absolvieren, ehe er eine Planstelle am Gymnasium Schrobenhausen erhielt.

Neu anfangen musste Ganesch auch mit seiner Monografie des Zekescher Landes. Seine in einem Privathaus in Siebenbürgen zurückgelassenen Unterlagen und vor allem seine Tonbänder wurden von der Securitate, die sich gewaltsam Zutritt verschafft hatte, zerstört. Er hoffte, einige Lücken mit Urkunden aus den Archiven in Wien und Budapest schließen zu können. Sein plötzlicher Tod am 25. Dezember 1993 setzte all seinen Vorhaben ein Ende. In seiner Arbeit war Martin Ganesch stets auf Genauigkeit und Vollständigkeit bedacht. Sehr bedauerlich war das Vorgehen der Herausgeber des Heimatbuches von Gergeschdorf: Diese brachten sich in den Besitz eines seiner Typoskripte und bedienten sich daraus reichlich, ohne die Quellen genau zu dokumentieren; auch verwendeten sie seine Trachtenfotos, ohne den Urheber anzugeben. Zum Schutz der Urheberrechte wurden rechtliche Schritte eingeleitet. Der Donaukurier schrieb vom „unaufgeräumten Schreibtisch“ und die Schrobenhausener Zeitung würdigte den Verstorbenen als „engagierten Pädagogen, einen vielseitigen Naturwissenschaftler und eine Persönlichkeit, die weit über seine Unterrichtsfächer hinaus an allem ‚Guten und Schönen‘ interessiert war“.

Hans Ganesch

Schlagwörter: Heimatforscher

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