29. Dezember 2023
Sanierungsarbeiten an der Kleinschelker Kirchenburg mit Mitteln der Europäischen Union abgeschlossen
Die rumänische Presse brachte am 17. März 2022 eine Nachricht, aus der hervorging, dass die Sanierungsarbeiten an der evangelischen Kirche in Kleinschelken beginnen sollten. Die Durchführung erfolgt durch das Evangelische Bezirkskonsistorium A.B. Mediasch. Die evangelische Kirchengemeinde Kleinschelken gab am 23. März 2022 auf einer Pressekonferenz den Beginn der Arbeiten im Rahmen des Projekts „Reparaturarbeiten, Erhaltung und Tourismuskonzept der evangelischen Kirche Kleinschelken“ bekannt, das über das Regionalprogramm 2014-2020 finanziert wird. Die Investition stützt sich auf einen Zuschuss der Europäischen Union in Höhe von 1,9 Millionen Lei (387755 Euro) und davon 26000 Euro, die von der HOG Kleinschelken zur Verfügung gestellt wurden. Weitere 10000 Euro gab die HOG für die Beschaffung von Dachziegeln aus. Die vorangegangene Expertise von Fachleuten aus Hermannstadt hatte erhebliche Mängel an der gesamten Anlage festgestellt, von denen die Durchfeuchtung der Grundmauern, Fäulnis am Dachstuhl und an der Inneneinrichtung, kaputte Dachziegel die weitere Nutzung der Kirche in Frage stellten. Die Anlage soll zukünftig verstärkt für kulturelle Veranstaltungen genutzt und für den Tourismus ausgebaut werden. Ziele des Projekts sind zum einen die Sanierung des Kirchenkomplexes und zum anderen die Digitalisierung des sächsischen Kulturerbes sowie die Ausarbeitung und Umsetzung eines Marketingplans mit Maßnahmen, die das Kulturerbe als attraktive Touristenattraktion etablieren.

Kleinschelken liegt in einem engen Seitental der Großen Kokel südöstlich von Kleinkopisch und gehörte von der Gründung an zu den besonders großen Dörfern der Kokelgegend. Als erster unumstrittener Beweis deutscher Ansiedlungen im Kleinschelker Gebiet gilt die Urkunde vom 21. Mai 1311, aus der hervorgeht, dass eine Hälfte von Kleinschelken zusammen mit den Nachbargemeinden Abtsdorf, Scholten, Schorsten und Donnersmarkt zum Besitz der neben Arad liegenden Egrescher Abtei (Zisterzienserkloster) gehörten. Die Dorfbewohner scheinen schon kurz nach der Gründung eine Kirche erbaut zu haben, denn im Jahr 1388 wird „Nicolaus plebanus de Schadschelkin“ (Nicolaus Pfarrer von Kleinschelken) unter den ersten Siebenbürger Sachsen an der Wiener Universität immatrikuliert.
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts begann man bereits mit dem Bau einer steinernen Basilika. In mehreren Etappen entstanden der Chor und die Schiffe, wobei sich die Arbeiten bis ins 15. Jahrhundert hinzogen. In einer Urkunde vom 30. Juni 1414 wird die Kirche zum ersten Mal als „ecclesia sanctae Katherinae de Schelk minori“ (Kirche der Heiligen Katharina von Kleinschelken) zusammen mit ihrem Pfarrer Georg erwähnt. Die geräumige spätgotische Basilika, die wiederholt umgebaut wurde, besteht aus einem Hauptschiff, zwei Seitenschiffen, einem lang gestreckten Chor und war anfangs turmlos. Als letzten Bauteil dieser Phase errichtete man über dem Westende des Mittelschiffs den zunächst nur dreigeschossigen steinernen Glockenturm, den so genannten „Alten Turm“. Die auf dem alten Glockenturm eingravierte Jahreszahl 1463 markiert den Abschluss dieser ersten Bauperiode der Kleinschelker Kirche.
Es ist im Einzelnen nicht bekannt, ob und wie Kleinschelken von dem großen Türkeneinfall in das Gebiet der Zwei Stühle im Jahre 1438 heimgesucht wurde. Fest steht jedoch, dass dieses Ereignis mit der Errichtung des inneren Berings der Kirchenburg in Verbindung steht, durch den die alten Palisadenwälle ersetzt wurden. Die ovale Form ihres Grundrisses zeigt, dass die innere Ringmauer wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Auf dem gesamten Gebiet der Zwei Stühle stand Kleinschelken im 16. Jahrhundert mit seiner Bevölkerung an vierter Stelle, nach Birthälm (1500 Einwohner), Mediasch (1280) und Meschen (1050). Da unter diesen Umständen der Burghof zu klein wurde, begann man um die Mitte des 16. Jahrhunderts mit den Erweiterungsarbeiten und errichtete in zehn bis zwölf Metern Abstand von der ersten Ringmauer einen zweiten Mauergürtel. Er umschloss eine Gesamtfläche von etwa 5000 Quadratmetern, so dass die befestigte Fläche etwa 1000 Menschen Schutz bieten konnte. Zur neuen Ringmauer gehörte nur ein dreigeschossiger Torturm, der im Westen, wo heute die „Neue Schule“ steht, errichtet wurde. Dieser Torturm, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde, soll nach einer Zeichnung des österreichischen Offiziers Schlichting auch eine Zugbrücke besessen haben.

Bedenkt man, welche Mengen von Steinmaterial herangefahren werden mussten, welche Arbeitskraft nötig war, um die hohen Mauern aufzurichten, so ist die kollektive Leistung unserer Vorfahren umso erstaunlicher, als während der ersten Bauzeit nur etwa 400 bis 500 Menschen in Kleinschelken lebten, davon jeweils nur die Hälfte Männer und von diesen kaum mehr als die Hälfte im wehr- und leistungsfähigen Alter.
Die stattgefundenen Sanierungsarbeiten haben leider nicht alle Teile der Kirchenburg erfasst. So müssen in nächster Zeit die äußere Ringmauer, die Bastei gegenüber dem Haupteingang zur Kirche, die Bastei mit dem Musikzimmer und die Toreinfahrt ebenfalls saniert werden. Die Kosten belaufen sich auf 60000 bis 80000 Euro und können nur durch Spenden aufgebracht werden. Die sehr schön renovierte evangelische Kirche wird während des kommenden Kleinschelker Treffens am 8. August 2024 durch Bischof Reinhart Guib wieder eingeweiht.
Hans Gerhard Pauer
Schlagwörter: Kleinschelken, Kirchenburg, Sanierung
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- 30.12.2023, 05:08 Uhr von Peter Otto Wolff: Meine Bewunderung für die Leistung der Vorfahren aber auch vor der der Nachkommen, ist doch die ... [weiter]
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