1. Januar 2017

Extreme Hingabe zum Medium „Weben“: die Künstlerin und Lehrerin Karin Blücher

Schon über ein halbes Jahrhundert ist sie künstlerisch tätig: Karin Kopton, geborene Blücher, geschiedene Niedermaier, die im vorigen Jahr ihren 80. Geburtstag feierte, hat im Laufe der Jahrzehnte viele Kunstwerke geschaffen. Von anspruchsvollen Holz- und Linolschnitten, oft als Illustrationen für Kinder- und Märchenbücher veröffentlicht, bis hin zu aufwändigen Bildteppichen reicht das vielfältige Werk der am 17. April 1936 geborenen Kronstädterin.
Ihre Leidenschaft für das künstlerische Arbeiten vermittelte sie nach dem Besuch des Honterus-Gymnasiums in Kronstadt und des Kunstlyzeums in Bukarest sowie einer Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen in Bukarest und Temeswar weit über 3 000 Schülern. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen hat ihr viel Spaß gemacht, ihre Schüler lagen ihr immer sehr am Herzen. Karin Blücher begann ihren Kunstunterricht 1963 in der damaligen Dreier-Schule in Hermannstadt und lehrte anschließend über zehn Jahre lang am Pädagogischen Lyzeum. In der Stadt am Zibin hatte sie 1977 auch ihre erste Einzelausstellung. 21 Holz- und Linolschnitte stellte sie in der Sirius-Galerie aus, eine „expressive, ganz und gar von allem Beschreibenden freie Graphik“, so die Rezensentin der Ausstellung Karin Bertalan. „Karin Niedermaier-Blücher kann wie ein Kind vor ihren Bildern erzählen, jede Figur, manchmal eine Linie nur, hat ihre Entstehungsgeschichte, ihren Erlebnisinhalt, ihren Ausdruckswert.“
Eine der bekanntesten Graphiken der Künstlerin ...
Eine der bekanntesten Graphiken der Künstlerin Karin Blücher ziert das Titelblatt einer siebenbürgischen Sagensammlung von Friedrich Schuster.
Ihre Ideen entspringen einer tiefen Naturverbundenheit sowie einem regen Interesse für Lyrik. So arbeitet Blücher an der Gestaltung einer Gedichtsammlung von Dr. Horst Schuller Anger mit und illustriert die von Friedrich Schuster in der Zeitung Neuer Weg sowie in dem Band „Der weiße Büffelstier“ veröffentlichten siebenbürgischen Sagen. Es folgen weitere Buchgestaltungen sowie Veröffentlichungen in diversen rumäniendeutschen Zeitungen.

Großen Einfluss auf ihr Werk hat der Schriftgraphiker Harald Meschendörfer, ebenfalls aus Kronstadt, der sie die Kunst der Kalligraphie lehrt und sie für die Schönheit der Formen der Buchstaben sensibilisiert.

Die Malerin und Grafikerin Renate Mildner-Müller, die ebenfalls mit Schriftbildern arbeitet und Karin Blücher aus Kindertagen kennt, erklärt: „Die Grafik hat durch die unendlichen Kopiermöglichkeiten schon lange einen vernichtenden Hieb bekommen. Umso schöner ist es, wenn man so konsequent und künstlerisch anspruchsvoll entstandenen Serien Holz- und Linolschnitten begegnet. Allein die physische Arbeit ist für viele nicht mehr vorstellbar.“
Den Bildteppich „Tristan und Isolde“ widmete ...
Den Bildteppich „Tristan und Isolde“ widmete Karin Blücher ihrem ältesten Enkelsohn Tristan.
Nach ihrer Ausreise aus Rumänien 1990 entschied sich Karin Blücher, ihre Kunstfertigkeit zu erweitern. Mit viel Disziplin und Fleiß erlernte sie das „Bildwirken“, eine aufwändige Technik im Bereich Textilkunst, die viel Fachwissen und Geduld voraussetzt. Die Künstlerin unternimmt viele Studienreisen zu den wichtigsten Sammlungen von Bildteppichen. Die Tapisserien von Oslo, London und Paris interessieren sie genauso wie die bekannten deutschen in Halberstadt, Marburg oder Nürnberg, denn „man muss auch lernen und sehen, wie es andere gemacht haben, bevor man aus sich selber schöpft“, erklärt Karin Blücher.

Die Themen, die sie aufgreift, sind phantasievoll und abwechslungsreich: Mal sind es Buchstaben, Initialen, mit denen sie sich auseinandersetzt, mal schöpft sie aus der reichen Märchen- und Sagenwelt, mal dient die Natur als Quelle und mal verarbeitet sie abstrakte architektonische Eindrücke oder Impressionen einer Reise.

In ihrer letzten Ausstellung 2001 präsentierte die Kronstädter Künstlerin 17 Textilobjekte im Gotischen Rathaus der ehemaligen bayerischen Reichsstadt Weißenburg, wo sie seit einigen Jahren lebt und arbeitet. „In all diesen Darstellungen ist eine extreme Hingabe zum Medium ‚Weben‘ spürbar. Karin Blücher webt nicht um darzustellen, sondern sie taucht in unkonventioneller Weise in die Materie ‚Weben‘ ein und lässt zum Beispiel ‚Goldene Häuser‘ wachsen (ohne Goldfäden zu benutzen) oder ,Eulen‘ entstehen mit einer unglaublichen bordüreähnlichen Gliederung dreidimensionaler Objekthaftigkeit“, erklärt Hansjürgen Gartner, diplomierter Textil-Designer aus Augsburg. Mittlerweile gibt es viele, zum Teil auch sehr große Tapisserien, an denen die Künstlerin monatelang gearbeitet hat. Und das hat ihr immer große Freude bereitet.

Bettina Ponschab

Schlagwörter: Kunst, Graphik, Kronstadt, Hermannstadt

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