3. Mai 2020

Eine Bereicherung für das Tartlauer Gemeinschaftsleben: Nachruf auf Walter Schmidt

Walter Schmidt ist am 30. März 2020, kurz nach seinem 91. Geburtstag, in Böblingen gestorben. Die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft hat er begeistert gelebt und sie durch viele Initiativen bereichert. Bedingt durch die Corona-Zeit, fand seine Urnenbeisetzung am 7. April auf dem Waldfriedhof in Böblingen in engem Familienkreis statt.
Pfarrerin Friederike Strauß würdigte Walter Schmidt in der Trauerfeier anhand eines Artikels, der anlässlich seines 80. Geburtstages in der Siebenbürgischen Zeitung erschienen war: „Ob im Sport, beim Fuß- und Handball, in der Musik, in der Tartlauer Nachbarschaft oder auch in der Kirchengemeinde: Walter Schmidt war überall dabei, wo er gebraucht wurde. Vieles rief er ins Leben, um die Gemeinschaft und das Gemeindeleben zu stärken. Denken wir nur an die Sportmannschaften, die er als 17-Jähriger gründete und auf deren Erfolg er stolz sein konnte. Oder den Jugendchor und die Tartlauer Blasmusik, nicht zu vergessen die Tartlauer Trachtengruppe – ohne Ihren Mann, den Vater und Großvater, den Bruder hätte es sie nicht gegeben. Sicher denken jetzt viele Menschen an ihn und nehmen in der Stille von ihm Abschied, weil sie nicht hier mit uns auf dem Friedhof sein können.“

Die Familie hätte dieses vielfältige Engagement mitgetragen, ihn unterstützt und ihm den Rücken freigehalten, sagte die Pfarrerin. Walter Schmidt sei stets für seine Familie da gewesen, erkrankte aber an Alzheimer-Demenz und lebte seit letztem Jahr „nur noch in seiner eigenen Welt“ im Pflegeheim, wo seine Frau ihn täglich besuchte.

Walter Schmidt (1929-2020) hat das Tartlauer ...
Walter Schmidt (1929-2020) hat das Tartlauer Gemeinschafts- und Kulturleben vielfach bereichert.
Walter Schmidt wurde am 26. März 1929 in Tartlau geboren. Das sächsische Gemeinschaftsleben in der Burzenländer Marktgemeinde, das in den ersten Nachkriegsjahren unter wirtschaftlicher Not und politischen Schikanen zu leiden hatte, versuchte er durch seinen Einsatz in den Bereichen Musik, Sport und Kultur wieder in Schwung zu bringen. So gründete er 1947 als 17-Jähriger eine Mädchen- und eine Jungen-Handballmannschaft, die recht erfolgreich waren. Er selbst spielte Handball in der ersten Liga zunächst für Sf. Gheorghe in der Saison 1947/48, danach bei Spartac Kronstadt und CCA Bukarest. In Tartlau wirkte er von 1951 bis 1961 als Spielertrainer.

Das Musikleben gestaltete er mit, indem er 1947 zu den Begründern des Tartlauer Jugendchors unter Jugendlehrer Ernst Fleps gehörte und zusammen mit vier anderen Männern die Tartlauer Blasmusik neu gründete. Bis Mitte der sechziger Jahre wirkte er an unzähligen Konzerten, Wettbewerben und Tanzunterhaltungen mit der Blasmusik, an den Auftritten des Chors und des Doppelquartetts der Musikanten mit. Von 1961 bis 1967 war Walter Schmidt Nachbarvater der achten Tartlauer Nachbarschaft (Mühlgasse). Als Textilmeister arbeitete er bis zur Ausreise 1984 in der Tartlauer Tuchfabrik. In Böblingen, wo er sich mit seiner Frau Anni sowie den beiden Söhnen Walter und Harald niederließ, spielte er einige Jahre in einer Alt-Herrenmannschaft. 1992 machte er das Sportabzeichen in Gold des Deutschen Sportbundes.

Von 1990 bis 1994 war er stell­vertretender Nachbarvater der „9. Tartlauer Nachbarschaft“, der Heimatortsgemeinschaft Tartlau in Deutschland, und vorher war er als Beisitzer in deren Vorstand aktiv gewesen. Um das siebenbürgisch-sächsische Kulturleben zu dokumentieren, machte er viele Tonbandaufnahmen der Blasmusik, des Chors und Männerquartetts. Für das Tartlauer Wort schrieb er zahlreiche Artikel und lieferte Fotos zu heimatkundlichen Themen.
Walter Schmidt (vorne rechts) und die Tartlauer ...
Walter Schmidt (vorne rechts) und die Tartlauer Blaskapelle, die er 1947 mit begründet hat, beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen 1998 in Dinkelsbühl.
Zu seinen größten Leistungen gehört die Gründung der Tartlauer Trachtengruppe, die 1992 anlässlich des 40. Heimattages in Dinkelsbühl mit zwei historischen Fahnen, 39 Trachtenträgern und 22 Tartlauer Musikanten erstmals beim Festumzug mitwirkte. So lange er konnte, hat Walter Schmidt am Trachtenumzug in Dinkelsbühl, den Tartlauer Treffen und den Stammtischen der Siebenbürger Sachsen in Stuttgart teilgenommen. In Deutschland hat er sich gut integriert und allen Grund gehabt, sich wohlzufühlen, „seine Heimat ist Tartlau geblieben“, wie mir sein Sohn Harald Schmidt schreibt.

Walter Schmidt hat die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft geliebt und sie durch sein vielseitiges Wirken bereichert. Wir werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Verbandsleben, Nachruf, Tartlau, Sport, Handball, Trachtengruppe

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