23. Februar 2023

Abschied von Meta Phleps, die im Dezember mit 102 Jahren verstorben ist

Meta Phleps, geborene Abraham, wurde am 16. November 1920 in Reps als erstes von drei Kindern geboren. Hier verlebte sie mit ihren Geschwistern Gerda und Hermann eine glückliche und sorgenfreie Kindheit. Nach der Elementarschule in Reps ging sie ans Mädchengymnasium in Schäßburg. Anschließend besuchte sie in Kronstadt die Handelsschule. Vorgesehen war, dass sie im Familienbetrieb der Gebrüder Abraham in Reps als Buchhalterin arbeiten sollte. Doch mit dem Tod des Vaters 1941 kam alles anders.
Sie war das Gedächtnis von Reps: Meta Phleps, ...
Sie war das Gedächtnis von Reps: Meta Phleps, aufgenommen im September 2022. Wegen ihrer freundlichen und gut gelaunten Art war sie auch beim Pflegepersonal sehr beliebt. Foto: Ingrid Brang
1942 heiratete Meta Abraham den Repser Apotheker Rudolf Schaaser und im Frühjahr 1943 wurde Tochter Ingrid, später verheiratete Brang, geboren (neuerdings mit ihrem Buch „Die Störche von Seiburg“ in Erscheinung getreten). Der Zweite Weltkrieg war in vollem Gange, und als Rumänien die Front wechselte, kam Rudolf Schaaser vom rumänischen zum deutschen Militär. Dort starb er im Dezember 1943 an Lungentuberkulose.

Es folgte die kommunistische Zeit mit all ihren unerfreulichen Segnungen einer „neuen Zeit“. Die Firma der Gebrüder Abraham sowie Grund und Boden wurden enteignet, das Wohnhaus musste innerhalb von 24 Stunden geräumt werden. Meta Schaaser, erst 23-jährig, musste nun für sich, ihre Mutter und das Kind ein Auskommen finden. Sie begann Angorahasen zu züchten, um deren Wolle zu verarbeiten sowie Stoffschuhe mit Spagat-Sohlen zu fertigen.

Als die enteigneten Geschäfte unter staatlicher Leitung wieder ihren Betrieb aufnahmen, hatte sie großes Glück, eine Stelle zunächst als Hilfsbuchhalterin zu finden. Von 1950 bis 1958 konnte sie dann in der Repser Staatsbank als Buchhalterin arbeiten. 1957 heiratete sie Dr. Hellmut Phleps und zog dann 1958 zu diesem nach Hermannstadt, wo sie bei der Genossenschaftsbank eine Anstellung als Buchhalterin fand. Zeitweilig war sie dabei für die Filiale in Rothberg verantwortlich, heute vielen ein Begriff durch den hier wirkenden Schriftsteller und Pfarrer Eginald Schlattner. Der Geldtransport zwischen Rothberg und Hermannstadt erfolgte an den Wochenenden per Anhalter mit dem Geld im Rucksack. Zum Glück geschah dies ohne Zwischenfälle.

1958 wurde Sohn Ingo geboren. 1963 konnte die Familie nach Deutschland übersiedeln. Hier arbeitete Meta Phleps bis zu ihrer Rente 1980 als Bankangestellte in der Volksbank Nürtingen und anschließend noch 17 Jahre „nebenberuflich“ bei verschiedenen Steuerberatern als Buchhalterin. 1986 starb ihr Ehemann Dr. Hellmut Phleps.

Seit den 1980er Jahren beschäftigte sich Meta Phleps mit Genealogie. Dazu erstellte sie Abschriften und Fotokopien von den Kirchenmatrikeln im evangelischen Pfarramt in Reps. Das Kirchliche Familienbuch Reps wurde Seite für Seite abfotografiert. Ursprünglich war der Fokus auf die eigene Familie gerichtet. Die vorhandenen Daten zeigten jedoch vielfältige Verflechtungen zwischen den einzelnen Familien, so dass sie ihre Forschungen auch auf Familien ausdehnte, die einen Bezug zu Reps aufwiesen.

Meta Phleps auf ihrem Fernsehsofa in Nürtingen, ...
Meta Phleps auf ihrem Fernsehsofa in Nürtingen, aufgenommen im Oktober 2021. Über ihr ein Ölbild mit einem Dahlienstrauß und einem Teller voller herbstlicher Früchte, das Trude Schullerus 1940 gemalt hatte. Foto: Konrad Klein
Um leichter arbeiten zu können, lernte sie mit dem PC umzugehen. Als erster Schritt entstand die Abschrift des Kirchlichen Familienbuches Reps als Word-Datei. 1993 bis 2003 arbeitete sie in der Projektgruppe EDV-Genealogie Siebenbürgen (Dr. Christian Zaminer) bzw. der Projektgruppe Genealogie des AKSL (Balduin Herter) mit und erfasste die genealogischen Daten von Reps mit AHN-DATA. Da auch Grabsteine des Friedhofs wichtige genealogische Daten liefern ­können, erstellte Meta Phleps 1997 darüber hinaus eine „Fotografische Dokumentation der Gräber des Evangelischen Friedhofs von Reps/Siebenbürgen“.

2003 entstand aus den in AHN-DATA vorhandenen Daten die „Genealogische Datensammlung von Reps“. Diese Datensammlung besteht aus fünf Bänden und ist in der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim sowie in der deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig einzusehen. Es folgten Nachfahrenlisten von Persönlichkeiten wie z.B. von Michael Brekner von Brukenthal, Königsrichter von Leschkirch (1676-1736), Martin Pildner, Repser Königsrichter (1658-1721) und den Nachkommen des Georgius Melas, Pfarrer in Waldhütten (1694-1771). Aus den erfassten Daten entstanden außerdem eine Übersicht „Evangelische Pfarrer und ihre Familien“ (in Reps) und eine Liste der Lehrer in Reps. Bis 2006 arbeitete Meta Phleps mit Balduin Herter überdies an der Ergänzung der Sammlung Siebenbürgischer Familienwappen.

2007 bot sie dem Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim an, den damaligen Dia-Bestand von rund 2 600 Fotos professionell digitalisieren zu lassen. Die Beschriftungen, mit denen die Dias versehen waren, erfasste Meta Phleps anschließend mit dem PC, um diese Informationen auch bei den digitalisierten Bildern zu dokumentieren. Damit stehen diese Fotos im Museum in Gundelsheim auch in digitalisierter Form zur Verfügung.

Im September 2009 antwortete sie auf eine Anzeige in der Siebenbürgischen Zeitung: „Wer übersetzt Briefe in althochdeutscher Schrift?“ Es entstand eine Transkription von Tagebüchern und etwa 70 Briefen mit der Korrespondenz ab 1911 zwischen den Großeltern von Linda Gartz (Chicago). 2015 war dies abgeschlossen und Linda Gartz übergab die Briefe im Jahr 2022 als Teil des Gartz Familienarchivs an die Newberry Library in Chicago.

Außer genealogischen Daten sammelte Meta Phleps auch Unterlagen, Berichte und Bilder zu Reps, zur Repser Burg und zur Repser Kirche. Dies war als Materialsammlung für eine Repser Chronik gedacht, die aber nicht mehr verwirklicht werden konnte. Von einigen der Unterlagen erstellte sie Typoskripte, z.B. „Geschichte über Ort, Burg und Stuhl Reps“, zusammengestellt von Dr. Hellmut Klima, und „Dem Vergessen entrissen – Geschichten, die das Leben schrieb“, eine Sammlung der Texte „Princesse Omer“ von Hermine Melas, „Die Hinrichtung“ von Carl Friedrich Czink und „Der Keroly“, Letzterer ein Text von ihr selbst über den Kurort Kéroly/Băile Chirui, einem auch bei Siebenbürger Sachsen bis in die 1960er Jahre beliebten Wildbad im Szeklerland.

Bei ihrer Arbeit nutzte Meta Phleps ausgiebig auch die Siebenbürgische Bibliothek in Gundelsheim. Der Erhalt der Bibliothek und die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek lagen ihr sehr am Herzen.

Kurz vor ihrem 101. Geburtstag stürzte Meta Phleps unglücklich und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Danach war ein selbständiges Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich, so dass sie in ein Pflegeheim kam. Dort wurde sie vorbildlich umsorgt und ihr immer noch heller Geist von den jungen Pflegerinnen und Pflegern gerne gefordert und gefördert.

Sie war während ihres ganzen Pflegeheimaufenthaltes stets positiv gestimmt und immer für einen Spaß zu haben. So konnte sie noch ihre Geburtstagsfeier zum 102. Geburtstag genießen und sich über die vielen schönen Blumensträuße und das Ständchen der Schwestern und Pfleger ihrer Station freuen. Wenige Tage danach kam dann leider der Wendepunkt und ihre Kräfte ließen immer mehr nach. Am 19. Dezember 2022 schlief sie im Kreise ihrer Familie ruhig und ohne Schmerzen ein.

(I. I.)

Schlagwörter: Porträt, Nachruf, Reps, Genealogie

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