30. Mai 2025
Interview mit Helga Wagner: Videos regen an zum Nachbacken und Nachkochen
„Vor ein paar Jahren suchte ich auf YouTube ein Rezept für Rhabarberkuchen. Ich fand viele, aber eines fiel mir besonders auf, da es ein siebenbürgisches Rezept war und von einer Stimme vorgestellt wurde, die mir vom Klang her sehr vertraut vorkam. Es war der Kanal von Helgas Leckereien. So blieb ich dabei und sah, dass es viele andere Rezepte von ihr gab. Ich wurde neugierig, nahm Kontakt zu ihr auf und führte mit ihr das folgende Interview“, erklärt Detlef Schuller. Das hier in gekürzter Fassung abgedruckte Interview ist zuvor in der Neuen Kronstädter Zeitung, Folge 1 vom 31. März 2025, erschienen.

Durch meine Tochter bin ich 2014 auf Instagram gekommen und habe angefangen, meine eigene Seite voll mit meinen Kreationen zu füllen (Instagram: helgasleckereien). Doch den vielen Anfragen nach Rezepten wurde ich nicht mehr gerecht. Ich schaffte es zeitlich nicht, jedem eine E-Mail zu senden. Und so fragte ich erneut meine Tochter nach einer Lösung. So kam dann die öffentliche Facebook-Seite „Helgas Leckereien“ dazu. Dort lade ich bis heute noch viele Rezepte hoch. Mit YouTube fing 2019 alles an. Die ersten Videos filmte meine Tochter, da sie mehr Interesse an der ganzen Sache hatte. Mit einem einfachen Schnittprogramm half sie mir, das gefilmte Material einigermaßen zurechtzuschneiden. Danach kam alles anders für mich. Die Tochter heiratete, baute ein Haus und bekam zwei Kinder. Ich fragte sie, ob ich überhaupt mit den Videos weitermachen soll, und bekam folgende Antwort: „Mama, das schaffst du auch alleine.“ Alles, was ich zubereite, ist für die eigene Großfamilie. Die Videos mache ich hobbymäßig, so wie ich kann. Jeder kann sie sehen und vielleicht auch mal nachbacken oder nachkochen.
Wie viele Filme haben Sie schon auf YouTube hochgeladen?
Mein erstes Video habe ich am 17. März 2019 (Apfelvollkornkuchen) hochgeladen. Inzwischen kann man 497 Videos auf meinem YouTube-Kanal sehen.
Sie erklären sehr genau, wie man ein Gericht angehen soll, wichtig ist schon die Vorbereitung und auch die Zeit, die Sie empfehlen, einzuhalten.
In vielen alten Backbüchern fehlt die Backformgröße, Länge und Breite in cm und die Backtemperatur und die genaue Zutatenliste. Die neue Generation kann mit den alten Rezepten nicht viel anfangen. Das will ich, so gut es mir gelingt, verbessern und auch weitergeben, damit die Rezepte nicht in Vergessenheit geraten. Durch genaue Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Tipps zum besseren Gelingen sind sie mühelos umzusetzen. Das Wichtigste: Liebe, Hingabe, Planung, Vorbereitung und Umsetzung. Zum Backen viel Liebe und Zeit mitbringen und beim Kochen gute Produkte verwenden und Würzen und Abschmecken nicht vergessen.
Wer hat Sie inspiriert, so viele und gute Rezepte auszuprobieren?
Vieles habe ich schon vom Elternhaus mitbekommen. In Deutschland hatte ich die Absicht, als technische Lehrerin zu unterrichten und brauchte als Voraussetzung die Hauswirtschaftsschule. Dort lernte ich die Planung und Auswahl von guten Lebensmitteln genauer kennen und natürlich die deutsche Küche dazu. Trotz Abschluss der städtischen Hauswirtschaftsschule machte ich beruflich was ganz anderes. Die Leidenschaft für das Kochen und Backen ist hängen geblieben, hobbymäßig bis heute.
Sie kommen aus Malmkrog. Waren Sie noch in der alten Heimat und welches bestimmte Rezept haben Sie von dort mitgebracht?
Viele Hefegebäcke habe ich von Malmkrog gesammelt und mitgebracht. Ich war nicht oft in der alten Heimat. Im November 2022 war ich in Malmkrog. Es war sehr schön, die Heimat und Weiterentwicklung nochmals gesehen zu haben.
Sie haben mir erzählt, eine Tante von Ihnen wohnt in Kronstadt. Haben Sie die Stadt oft besucht, und welches sind Ihre Erinnerungen daran?
Für die damalige Zeit, wo man viel Zeit brauchte, um von A nach B zu kommen, war ich doch öfters zu Besuch in Kronstadt. In Kronstadt wohnte auch ein Onkel von mir. Von Tante Luise habe ich die leckeren Kipfelchen in Erinnerung. Bei Tante Katharina habe ich Ciorbă de perişoare (ein Gemüseeintopf mit Hackfleischbällchen) zum ersten Mal gegessen.
Haben Ihre Back- und Kochrezepte auch regionale Aspekte? Ich meine damit, ob sie aus unterschiedlichen Gegenden Siebenbürgens kommen? Und wenn ja, gibt es unterschiedliche Varianten? Ich habe es selber erlebt, dass Kuchen oft unterschiedlich schmeckten, auch wenn die Bezeichnung gleich oder ähnlich war.
Ja, natürlich gibt es regionale Aspekte. Jedes Dorf hat zum Beispiel die Hanklich etwas anders gebacken. Ich zeige meistens die Varianten, die ich von meiner Mutter, Oma und sogar von Tanten kennengelernt habe. Auch bei Krautwickel gibt es Unterschiede. Jede Hausfrau macht es etwas anders und dadurch variiert der Geschmack.
Sind Sie zuversichtlich, dass die siebenbürgischen Rezepte auch in Zukunft die Bäckerinnen und Bäcker begeistern werden?
Ich bin zuversichtlich, dass die Kinder und Enkelkinder und viele andere Menschen nach den alten Rezepten suchen und begeistert so manches nachkochen oder nachbacken werden. Erinnerungen an die alte Heimat, an ein köstliches Zuhause widerspiegeln sich in so manchem Gebäck oder Eintopf. Ein Kuchen mit Liebe gebacken gelingt und schmeckt einfach besser. Ein Essen mit Liebe gekocht und frischen Kräutern gewürzt schmeckt einfach gut.
Vielen Dank für das Interview.
Mehr auf www.youtube.com/@helgasleckereien
Schlagwörter: Interview, Kochen, Backen
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