3. April 2012

Die Gambe, das Instrument der Könige

Götz Teutsch ist ein geborener Redner. Seinen Broterwerb verdiente der gebürtige Hermannstädter seinerzeit als Solocellist der Berliner Philharmoniker. Seit er im Unruhestand ist, wird er oft als Vortragender „gebucht”. Beim Berliner Kranz hielt Teutsch am 4. März seinen dritten Vortrag.
Über „Bach und die Lyrik zu seiner Zeit” und den Philharmonischen Salon referierte er in den beiden vergangenen Jahren. Dieses Mal erfuhren wir über seine unglückliche Liebe, der er sich erst als 50-Jähriger genähert hat, die Viola da gamba, auch Gambe genannt. Das erste Mal hörte er in Kronstadt den Klang einer „scheußlichen” (Originalzitat Götz Teutsch) Gambe. Teutsch kaufte sich schließlich vor bald zwanzig Jahren eine. Es war kurz nach dem Mauerfall. So pendelte er öfter zwischen Basel und Philharmonie Berlin, einerseits als Lehrender, Cellist, andererseits auch als Lernender (Gambe) in der Baseler „Schola Cantorum Basiliensis”. Ob der Gambe begegnete ihm in der Philharmonie, seinem Arbeitsplatz, manch verwunderter Blick. Die Gambe wurde von manchen seiner Kollegen, und nicht nur von ihnen, nicht so gewürdigt, wie es ihr zusteht.

Der Vortrag war eine Liebeserklärung an dieses wunderbare Instrument. Teutsch beschrieb zuerst ihr Äußeres: Die Form einer Birne, mit einem geraden Boden und einem oft sehr kunstvoll geschnitzten Kopf. Charakteristisch für die Gambe sind ihre Bünde. Sie sind nicht eingelassen wie bei der Gitarre, sondern beweglich und können je nach Stimmung verschoben werden. Gestimmt wird sie in Quarten und Terzen. Die deutsche Gambe hat sechs Saiten, die französische sieben. Ausschließlich Darmsaiten werden aufgezogen. Das kann ein großes Handycap sein, weil sie die Luftfeuchtigkeit aufnehmen und sich leicht verstimmen. Es gibt einen treffenden Spruch: „Die Gambisten stimmen immer, die Gamben nie.”

Dann bekamen wir sie zu Gesicht. Es ist eine französische Gambe, eher schmucklos, wie bei den französischen üblich. Götz Teutsch hatte auch einige Bücher mit Gambendarstellungen mitgebracht. Dort waren viele wunderschöne, reich verzierte Gamben zu sehen. Dann bekamen wir sie zu hören. Sie klang wundervoll. Zu ihrer Zeit wurde die Gambe am Hof von Louis XIV., den anderen europäischen Königshäusern und beim Adel gespielt. Es war ein Muss, Gambe spielen zu können. Auch konnte man beim Barbier das Warten verkürzen, indem man eines der an der Wand hängenden Instrumente spielte, das nannten die Engländer „Chest of Viols”.

Götz Teutsch verriet, dass er die letzten fünf Jahre nicht mehr geübt habe. Deshalb brachte er seine kleine Stereoanlage mit. Auf dieser hörten wir Musik von den bekanntesten Gambenkomponisten ihrer Zeit, von John Dowland (1563-1626), Carl Friedrich Abel (1723-1787), Marin Marais (1656-1728), Sainte-Colombe (* um 1660; † zwischen 1690 und 1700) und Antoine Forqueray (1672-1745), gespielt von den besten Gambisten unserer Zeit: Jordi Savall, Paolo Pandolfo und Wieland Kuijken. Jordi Saval, Katalane, ist es zu verdanken, dass die Viola da Gamba ihren Siegeszug angetreten hat. Er spielte das „Prélude für Gambe” von Carl Friedrich Abel, „Lachrime Antique” von John Dowland und „Les Voix Humaines” von Marin Marais. Mit Wieland Kuijken im Consort spielte Savall das „Konzert für zwei Gamben” von Sainte-Colombe. Von Paolo Pandolfo hörten wir das „Prélude” aus der Suite No. 5 in c-moll von Antoine Forqueray.

Es war ein wunderbarer Sonntagnachmittag, den uns Götz Teutsch im Alten Krug in Berlin-Dahlem geschenkt hat. Herzlichen Dank, lieber Götz.

Ecaterina-Luise von Simons

Schlagwörter: Musik, Berlin, Vortrag

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