24. August 2012

Reise nach Andalusien und Marokko

Unsere sorgfältig geplante elftägige Reise führte uns nach Andalusien und Marokko. Am 31. Mai starteten wir mit 20 Personen per Flugzeug über München nach Madrid. Hier erwartete uns unsere Reiseleiterin Meike, die schon seit vielen Jahren in Spanien lebt.
Der klimatisierte Bus erwartete uns mit dem Fahrer Louis und wir fuhren gleich weiter nach Granada. Unterwegs hielten wir an einer Raststätte, die an Don Quixote, den mittelalterlichen Ritter, erinnerte. Am nächsten Morgen besichtigten wir die weltberühmte Alhambra und die Gärten des Generalife. Die Festungsanlage ist ein prächtiges Zeugnis moslemischer Herrschaft in Spanien. Es ist das meist besuchte Monument Europas und als Weltkulturerbe wird nur für 300 Personen pro Stunde der Zugang gewährt. Unser lokaler Reiseführer Carlos führte uns gekonnt durch die Anlagen. Besonders sehenswert ist der Löwenbrunnen und der Saal der Zwei Schwestern. Die mitten im Stadtzentrum von Cordoba stehende Kathedrale in der Moschee ist ein Mosaik der Kulturen und Zivilisationen und vereint mehrere architektonische Stilrichtungen, die während der neun Jahrhunderte des Baus aufeinander folgten. Über den Zauberwald von hunderten Säulen mit rot-weiß bemalten Bögen kann man nur staunen. In Sevilla gab es am Abend fakultativ eine Flamencovorstellung mit Gitarrenbegleitung und Kastagnettenklang, die von verschiedenen Paaren und auch einzeln durchgeführt wurde. Bei wunderschönem Wetter machten wir eine Fahrt nach Cadiz. Beeindruckend war der Besuch der Sherry-Bodega "Teresa" in Jerez de la Frontera, wo uns in schönem Deutsch die Herstellung dieses Likör-Weines erklärt wurde. Nach einer Weinverkostung konnten wir auch das Gestüt der Zuchtpferde aus spanisch-arabischer Kreuzung besichtigen.

Während der Fahrt erfuhren wir sehr viel über das Land und seine wechselvolle Geschichte. Über El Cid, den Nationalhelden Spaniens, erfuhren wir, dass der tödlich Verwundete in voller Rüstung auf sein Pferd gesetzt wurde und als Toter im Kampf die Feinde vertrieb. Einen besonders guten Einblick erhielten wir bezüglich der verschiedenen Landschaftsgegenden Andalusiens. Die Prägung des Landes erfolgte durch die verschiedensten Völkergruppen, die sich hier ansiedeten und ihre Spuren hinterließen: Phönizier, Karthager, Römer, Griechen, Araber, Berber, Vandalen, Westgoten, Juden, Christen und Muslime.
Gruppenbild der Rosenheimer Reisenden vor dem ...
Gruppenbild der Rosenheimer Reisenden vor dem Mausoleum in Rabat. Foto: Erwin Schuster
Unser nächstes Ziel waren die vier Königsstädte Fes, Marrakesch, Meknes und Rabat in Marokko. Mit einem Riesenkatamaran fuhren wir von Teriffa nach Tanger. Unseren spanischen Bus nahmen wir gleich mit. Bei der Überfahrt war die Sicht auf das Mittelmeer klar, aber der Affenfelsen (Gibraltar) hüllte sich leider in einen undurchsichtigen Dunst. Nach den Einreiseformalitäten konnte uns unser marokkanischer Reiseführer Abdel in einem sehr guten Deutsch mit leicht französischem Akzent begrüßen. Wir fuhren zum Hotel. Am nächsten Morgen ging es nach Meknes, eine typische Berberstadt. Sie ist die jüngste Königsstadt und hat eine 40 km lange Stadtmauer mit dem schönsten Stadttor Marokkos.

Die Innenstadt (Medina) von Fes gehört zum Weltkulturerbe und hat die zweitälteste Universität der Welt. Sie ist die älteste der vier Königsstädte. Bei der Besichtigung der Keramikfabrik und Lehranstalt konnten wir uns davon überzeugen, was durch Handarbeit geleistet werden kann. Mosaiksteine wurden mit der Hand behauen, wobei der Arbeiter in einer gewissen Sitzposition den Hammer immer im gleichen Winkel betätigte und die Kanten eines kleinen Keramikstückchens bearbeitete. Dabei musste er diese Arbeit nach jeweils 10 bis 15 Minuten unterbrechen und seine Gelenke einmal durchrütteln. Die Mosaiksteine wurden dann im Elektro- oder propangasbeheizten Ofen gebrannt, glasiert und nochmals gebrannt. Auf diese Art werden verschiedenartige Vasen, Teller, Töpfe, Ornamente und sonstige Objekte erzeugt, die in einem großen Verkaufsraum besichtigt werden konnten.

Der Besuch der lang gestreckten Innenstadt bei einer Temperatur von über 40° C war sehr lehrreich, aber ziemlich anstrengend. Vor allem wurden wir oft durch den Ruf „Ballack, Ballack“ von Esels- oder Maultiertreibern zur Seite gedrängt, die Vorfahrt hatten. Unser Reiseleiter hatte uns schon im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht, dass es sich nicht um den Fußballspieler handele, sondern der Ruf einfach „macht Platz“ bedeutet. Ein Blick durch das blaue Tor mit seiner kobaltblauen Farbtönung auf das Minarett der Bou-Inania-Moschee entschädigte uns für die Anstrengungen und den unangenehmen Geruch im Gerberviertel, der bei der Bearbeitung der Felle entsteht. Im Innenhof dieser Mosche, die im Mittelalter als Studenten-Unterkunft diente, machten wir ein Gruppenbild. Das Dekor besteht aus wunderschönen Fliesen, Mosaiken, Stuckverzierungen und Holzschnitzereien. Der Besuch einer Werkstatt für Ziselierarbeiten war auch sehr aufschlussreich.

In Marrakesch, der „Oase der Ruhe" am Fuße des Hohen Atlas gelegen, besuchten wir die Innenstadt und den Gewürzmarkt, wo wir uns einen interessanten Vortrag in deutscher Sprache über Rezepte und Mixturen anhörten. Interessant war auch der Gauklerplatz, auf dem täglich Akrobaten, Märchenerzähler, Schlangenbeschwörer, Koranleser und Künstler ihre Vorführungen machen. Am Abend gab es eine Folklorevorführung von Berbergruppen mit Trommelbegleitung, Gesang, viel Licht und Lärm. Reiter traten auf und schossen wild umher. Ein reichhaltiges Abendessen mit Hammelfleisch, Kuskus und Obst war im Preis enthalten. Öfters wurden wir von den Einheimischen in etwas gebrechlichem Deutsch angesprochen, die uns über das „Goldene Deutschland der siebziger Jahre“, wo sie einmal gearbeitet hatten, erzählten.

In der Hauptstadt Rabat mit ihrem milden Seeklima hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf den Atlantik. Durch ihre Lage und die großzügig angelegten Wohnviertel ist sie sehr attraktiv für westliche Arabisch-Studenten. Die Ruinen der Totenstadt, Reste einer römischen Siedlung, der Königspalast und das Mausoleum hinterlassen bleibende Eindrücke. Hier machten wir ebenfalls ein Gruppenbild (siehe oben).

In Casablanca, der westlich geprägten Stadt, ist die Moschee Hassan II ein Meisterwerk moderner islamischer Handwerkskunst mit einem Minarett von 210 m Höhe. Als einzige Moschee darf sie auch von Nichtmuslimen besucht werden. Strandcafés und Promenaden laden zu einem Spaziergang ein. Bekannt wurde die Stadt durch die Konferenz im Jahre 1943, auf der im Zweiten Weltkrieg der Angriff auf Sizilien beschlossen wurde.

Am vorletzten Tag ging es nach Asilah, einer wunderschönen Hafenstadt am Atlantik, die von Phöniziern gegründet wurde, dann portugiesisch und später spanisch wurde. Nach einem guten Mittagessen in Tanger machten wir uns auf den Weg zur Fähre. In der Stadt hatten wir noch ein besonderes Erlebnis. Ein etwa 12-jähriger Junge kam von vorne auf den Bus zugelaufen, um ihn aufzuhalten, sprang dann aber schnell zur Seite. Der Busfahrer Louis reagierte geistesgegenwärtig und konnte ausweichen. Bei der Weiterfahrt passierte das öfters, wir konnten uns nicht erklären, warum diese Jungen das machten. Entgegenkommende Autos blinkten uns an, bis uns die Polizei aufhielt und feststellte, dass sich sechs Jungen an der Rückwand des Busses festgeklammert hatten und mitfuhren. Wir erfuhren, dass sie über die Grenze nach Spanien geschleust werden wollten. Als die Polizei sie verjagt hatte, fuhren wir weiter. Bei der Zollkontrolle vor der Fähre wurde noch zwei Jungen herausgeholt, die sich unter dem Bus festgeklammert hatten. Auf den teilweise längeren Wegstrecken im klimatisierten Bus erhielten wir wertvolle Informationen über die Geschichte Marokkos: Phönizier, Karthager, Römer und Mauren hinterließen ihre Spuren, Araber, Juden und Christen leben in diesem Land, Franzosen, Spanier und andere Westmächte beherrschten es. Heute ist Marokko eine konstitutionelle Monarchie mit eigener Verfassung, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sichert. Der Wahlspruch des Landes lautet: „Gott, Vaterland und König“. Die Flagge ist rot mit einem fünfzackigen grünen Stern, der auf die fünf Säulen des Islam, die jeder Muslim zu erfüllen hat, hinweist: Glaubensbekenntnis, fünfmal täglich beten, Almosen an Arme geben, Fasten, einmal im Leben Fahrt nach Mekka. Marokko ist ein Land der großen Kontraste, dies gilt auch für die Preise. Auf den Märkten (Souks) gibt es die besten und günstigsten Einkaufsmöglichkeiten, wobei Handeln selbstverständlich ist. Wir erfuhren auch sehr viel über die Industrie des Landes, das Schulwesen, das tägliche Leben, Geschichte und Kultur sowie über Flora und Fauna, Wirtschaft und Industrie sowie Bodenschätze. Durch diese Reise erhielten wir einen sehr guten Einblick in die verschiedenen Kulturen und Religionen. Besonders lehrreich waren die Ausführungen über den Islam, die Bekleidung der Männer (Kaftan mit Kapuze) und der Frauen (Jelaba) und das Bestattungswesen. Die Reiseführer waren gut dokumentiert, beantworteten alle Fragen und waren sehr entgegenkommend in der Programmgestaltung. Es war eine sehr gut gelungene Reise.

Hildegard und Erwin Schuster

Schlagwörter: Rosenheim, Reisebericht

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Neueste Kommentare

  • 24.08.2012, 10:17 Uhr von gogesch: Ich finde dei Reisen der Rosenheimer Gruppe schon länger sehr interessant. Respekt für die Macher! [weiter]

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