17. Juni 2018

Ausstellung in Dinkelsbühl: "Alte Handwerkskunst trifft auf moderne Technik"

Beim Heimattag 2018 wurde in Dinkelsbühl erstmals eine Ausstellung zum Thema „Traditionelle Handwerkskunst trifft auf moderne Technik“ gezeigt. Eine Ausstellung zum Staunen, Anfassen und Lernen. Denn es gab auch ein Lernvideo zur Trachtenpflege.
Die Organisation dieses Projekts lag bei Roswitha Kepp, Stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes Bayern, und Christa Wandschneider, Bundesfrauenreferentin des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. Das Vorhaben wurde von langer Hand geplant. Denn wer kennt und beherrscht noch alte traditionelle siebenbürgische Handwerke wie Netzen, Orgelbauen oder kann noch einen Spinnwirtel herstellen? Kepp und Wandschneider haben keine Mühe gescheut, um acht Themen mit Leben zu füllen.

Sogar ein Drehbuch wurde von Roswitha Kepp extra für das Lernvideo „Siebenbürgisch-Sächsische Trachten – Pflegen, Verpacken und Aufbewahren“ geschrieben und mit zwei jungen siebenbürgischen Künstlern, Johannes Kirschner (Kamera und Schnitt) und Stefanie Schmidts (Sprecherin), sowie 35 aktiven und ehemaligen Mitgliedern der Jugendtanzgruppe Nürnberg produziert. Es ist das erste Lernvideo zur siebenbürgisch-sächsischen Trachtenpflege überhaupt, zu sehen auf YouTube.
Orgelbauer Wilhelm Schneider mit ...
Orgelbauer Wilhelm Schneider mit Orgelpfeifenmodell. Foto: Hans Kepp
Mit diesem Lernvideo sollte deutlich werden, so Roswitha Kepp bei der Eröffnung, „dass Tradition und Moderne nicht zwangsläufig ein Spannungsfeld bilden müssen, sondern dass vielmehr erst der Rückgriff auf tradiertes Wissen und Können den Weg in die Zukunft ebnet, da Kreativität und Erfindergeist unsere siebenbürgische Identität und Kontinuität erhalten haben“. Der der Ausstellung sei in doppelter Hinsicht zutreffend. Sie zeige erstmals acht verschiedene Handwerke nebeneinander und bringe gleichzeitig zum Ausdruck, wie traditionelle siebenbürgisch-sächsische Handwerkskunst heute als ein vielfältiges gestalterisches Medium eingesetzt werden könne, um damit unsere Kultur und Bräuche weiterhin zu erhalten und zu verwirklichen. Denn nicht nur Tanz, Theater, Musik und mündlich überlieferte Erzählungen oder Bräuche und Feste gehörten zu unserem geistigen Kulturererbe, sondern auch die Handwerkskünste, betonte Kepp.

Die Ausstellung war an zwei Standorten, innen im Konzertsaal und außen im Spitalhof, zu bestaunen; den „Handwerkern“ konnte man über die Schulter schauen und ihren Berichten zuhören.

Bei den Stationen Netzen, Papierblumenerstellung, Keramikmalerei und Bemalen von Wirteln standen nicht die erzeugten Gegenstände als technisch perfektes Ergebnis im Mittelpunkt, sondern es war wichtig, die entsprechende Techniken zu präsentieren und die entsprechenden siebenbürgischen Motive bekannt zu machen.
Schmied Peter Wagner. Foto: Maria Schneider ...
Schmied Peter Wagner. Foto: Maria Schneider
Seit acht Jahren gibt es in Schwabach den Keramikmalkurs mit siebenbürgischen Motiven. In Dinkelsbühl präsentierten folgende Personen verschiedene Maltechniken: Simona Binder, Hilde Kirschner und Johanna Schuster aus Schwabach, Annemarie und Jessica Meyndt sowie Amelie Chitea aus Treuchtlingen und Adriana Miess aus Nürnberg.

Was ist ein Wirtel? Oder ein Spinnwirtel? Diese Fragen und mehr beantwortete Arnold Markel aus Nürnberg an seinem Stand im Konzertsaal. Unter dem Titel „Dreh dich Med – Ich schenke dir einen Spinnwirtel“ zeigte er mit seiner Ehefrau das traditionelle Handwerk und erklärte den Brauch geschnitzte und bemalte Wirtel an die Mädchen zu verschenken. Dieser Brauch, der sich bloß noch in der Repser Gegend bis Ende der 1970er Jahre erhalten hatte, wurde ab 2011 von Arnold Markel mit der Deutsch-Weißkircher Nachbarschaft Nürnberg wiederbelebt. Die traditionellen Wirtelmuster werden von Arnold Markel als Computergrafik entworfen und über ein speziell von ihm entworfenes PC-Programm auf eine Fräsmaschine übertragen. Danach werden die „Wirkel“ auf herkömmliche Art mit der Hand bemalt.
Arnold und Hilde Markel erstellen nach ...
Arnold und Hilde Markel erstellen nach traditioneller Art Deutsch-Weißkircher Wirkel her. Foto: Annette Folkendt
Das Netzen, eine alte Handarbeit, welche wenige Frauen noch können, das aber dringend für unsere Trachten benötigt wird, wurde von vier kundigen Frauen vorgeführt: Gerda Knall, Katharina Folkendt, Ingolstadt, Gertrud Schmidt, Großhabersdorf, und Susanne Arndt, Fürth. Maria Ordosch, Ingolstadt, erklärte, wie man Papierblumen herstellt. Papierblumen haben eine vielfältige Verwendung in der siebenbürgischen Tradition, z.B. für Lichtert, als Brautschmuck oder für das „Gepäschken“, den Frauendorfer Blumenhut.

In der Außenausstellung durfte natürlich die „Königin“ der Instrumente, die Orgel, nicht fehlen. Orgelbauer Wilhelm Schneider, Öhringen, zeigte und erklärte, was sich in der 2000-jährigen Orgelbaugeschichte so alles verändert hat, und erstellte für Interessierte vor Ort kleine Orgelpfeifen. Seine in den 80er Jahren in Siebenbürgen selbst fotografierten und dokumentierten Orgeln hatte er eigens für den Heimattag digitalisiert.
Maria Ondrosch erstellte Blumenschmuck, und Hans ...
Maria Ondrosch erstellte Blumenschmuck, und Hans Schuster präsentiert ein Frauendorfer „Gepäschken“. Foto: Annette Folkendt
Stefan Fronius, Fürth, der den Beruf des Glasbläsers in Mediasch erlernt hatte, wurde beim Glaskugelnblasen bestaunt und hatte selbst erstellte Glaskunstwerke zum Erwerb mitgebracht. Beim „Schmied“, Peter Wagner aus Geretsried, heute auch Metallbauer genannt, konnte sehr deutlich sehen, wie sich dieses Handwerk über die Jahre verändert hat.

Ein Dankeschön allen Beteiligten für dieses gelungene und interessante Projekt.

Malwine Markel



Bilderserie: „Traditionelle Handwerkskunst trifft auf moderne Technik“

Schlagwörter: Heimattag 2018, Bayern, Ausstellung, Handwerk

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