25. Oktober 2021
Landesverband Bayern: Begegnungsreise ins Baltikum
Ende August brach eine Gruppe Ehrenamtlicher des Landesverbands Bayern des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. zu einer einwöchigen Begegnungsreise mit Deutschen des Baltikums auf. Das Ziel war es, die drei Länder Litauen, Lettland und Estland kennenzulernen, auf den Spuren der deutschsprachigen Bevölkerung zu wandeln und vor allem Kontakte zu der deutschen Minderheit vor Ort zu knüpfen.

Der frühen Geschichte Litauens widmet sich das Museum in der Wasserburg Trakai. Diese wurde im 14. Jahrhundert als Bollwerk gegen die Kreuzritter des Deutschen Ordens gebaut, war aber auch Schauplatz innerlitauischer Machtkämpfe.
Weiter ging es nach Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens. Von 1920 bis 1940 war Kaunas Hauptstadt Litauens und wurde zur Großstadt ausgebaut. Prächtige Gebäude säumen die Straßen. Die Burg Kaunas, 1361 erstmals urkundlich erwähnt, sollte den Kreuzzug in Richtung Litauen aufhalten. Aus diesem Grund wurde sie mehrmals vom Deutschen Orden angegriffen und schließlich erobert. Heute sind Teile rekonstruiert und beherbergen ein Museum.
Am nächsten Tag besuchten wir das IX. Fort. Dies ist eine kurz vor dem Ersten Weltkrieg fertiggestellte Festungsanlage, die heute als Gedenkstätte für die Opfer stalinistischer Verfolgung und nationalsozialistischen Massenmordes fungiert. Während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg wurden im IX. Fort mindestens 18500 jüdische Menschen aus Litauen und ganz Europa ermordet. 1958 wurde das Fort in ein Museum zum Thema Holocaust in Litauen umgewandelt. Das beeindruckende Denkmal „Kampf, Sieg und Leid im Widerstand“ ragt von einem Hügel weit sichtbar in den Himmel.
Unsere Reise führte nun an die Bernsteinküste und auf die Kurische Nehrung, wo wir das Sommerhaus von Thomas Mann und die schönen Häuser der ehemaligen Künstlerkolonie bewunderten. In Klaipeda stand nach Besichtigung der Altstadt ein Treffen mit Vertretern des Vereins der Deutschen in Klaipeda an. Es fand im „Simon-Dach-Haus“ statt. Dieses ist ein nach dem Dichter der Barockzeit und Verfasser des als Volkslied Berühmtheit erlangten Gedichts „Ännchen von Tharau“ benanntes Kultur- und Informationszentrum. Hier werden Kultur- und Jugendveranstaltungen sowie Deutschkurse und Freundschaftsabende mit Vertretern verschiedener Nationalitäten organisiert. Nach herzlicher Begrüßung stellte Arnold Piklaps, Leiter des Simon-Dach-Hauses Vereins, die Anwesenden vor, darunter den Vorsitzenden des Vereins Klaus Peter Paul Grudzinskas, und hielt einen Vortrag über „Die deutsche Minderheit in Litauen“. Rasa Miuller, Kulturmanagerin des Simon-Dach-Hauses, sprach zum Thema „Heimat und Multikulturalität in Litauen“ und informierte über das Kultur- und Sprachkursprogramm. Anschließend referierte Werner Kloos über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen sowie die Organisation, Aufgaben und Tätigkeiten des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Iris Oberth stellte das Kulturleben des Verbandes sowie die Arbeit des Kulturwerks vor. Die anschließende Diskussionsrunde bot viel Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. Nach gemeinsamen Singen wurden wir noch von unseren Gastgebern durch das Haus geführt.
Weiter ging es nach Lettland. Dort besichtigten wir Schloss Rundâle (Ruhenthal) und seine Ausstellung, die Exponate der Kunst Europas und des Ostens aus der Zeit von vier Jahrhunderten präsentiert. In Riga bestaunten wir dann die prachtvollen Jugendstilhäuser und lauschten im Dom einem Konzert auf der in Ludwigsburg am Neckar gebauten Orgel. Ein nachhaltig eindrücklicher Programmpunkt war der Besuch des Lettischen Okkupationsmuseums. Es dokumentiert die Zeit von 1940 bis 1990, als Lettland zuerst von der Sowjetunion, dann vom nationalsozialistischen Deutschland und anschließend erneut von der Sowjetunion besetzt war. Es ist das meistbesuchte Museum des Landes.

Das nächste große und auch letzte Ziel war Tallinn, die Hauptstadt Estlands. Schon bei der Einfahrt in die Stadt fielen uns die vielen modernen Gebäude mit ihren funkelnden Glasfassaden auf. Estland sei, dank kluger politischer Entscheidungen nach 1990, das wirtschaftlich bestgestellte Land unter den der drei baltischen Staaten, erklärte unsere Reiseleiterin. Man sei stets bemüht, Altes zu erhalten und Neues zu integrieren. Vor der pittoresken Altstadt besichtigten wir die Gedenkstätte Maarjamäe Memoriaal. 2018 wurde in der Nähe der Sowjetischen Gedenkstätte ein „Denkmal für die Opfer der Sowjetunion“ eingeweiht. Es gilt als eine der zentralen estnischen Gedenkstätten. Angrenzend an die Gedenkstätte befindet sich der deutsche Soldatenfriedhof des Zweiten Weltkriegs, der ebenfalls als Gedenkstätte mit Friedhofscharakter fungiert.

Dieser war der letzte Besuch bei Baltendeutschen und wir stellten fest, dass es trotz unterschiedlicher historischer Hintergründe viele Gemeinsamkeiten gibt und sich der Austausch als sehr fruchtbar erwiesen hat. Damit haben wir uns mit schönen Eindrücken und um viele persönliche sowie Verbandskontakte reicher vom Baltikum verabschiedet.
Die Begegnungsreise wurde durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.
Gerlinde Faff
Schlagwörter: Reise, Landesverband, Bayern, Baltikum, Riga, Estland, Werner Kloos, Iris Oberth
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