14. November 2008

Siebenbürgisch-sächsisches Kulturwochenende in Köln

Vom 10. bis 12. Oktober richtete die Kreisgruppe Köln ein siebenbürgisch-sächsisches Kulturwochenende in ihrem Vereinshaus in Köln aus. Mit drei thematischen Schwerpunkten hatte das Kulturwochenende einen festen Rahmen und bot trotzdem viel Platz für Improvisation und Spontaneinlagen. Die Resonanz auf die einzelnen Veranstaltungen war sehr gut.
Mit der Eröffnung der Ausstellung „Trachten, Urkunden, Gebrauchsgegenstände aus Siebenbürgen“ gaben der Kreisvorsitzende Fritz Ziegler sowie seine Frau Hanni, Kulturreferentin der Kreisgruppe, den Startschuss zu einem langen siebenbürgisch-sächsischen Wochenende. In diversen Wortbeiträgen zur Ausstellungseröffnung würdigten Richard-Waldemar Mildt, Ehrenvorsitzender der Kreisgruppe, und Gustav Schneider, pensionierter und passionierter Lehrer, die Bedeutung der tatsächlich gelebten Kultur für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen. Das anschaulich und unterhaltsam vorgetragene Referat zu den traditionellen Nachbarschaften illustrierte Gustav Schneider anhand eines Ausstellungsstücks: Innerhalb der thematisch aufgebauten Ausstellung fand sich auch ein Nachbarschaftstisch aus Schaal, komplett ausgestattet mit Nachbarschaftslade und -zeichen, Dokumenten zum Richttag sowie diversen Chroniken und Verzeichnissen.
Stolzenburger Bockelung beim siebenbürgisch ...
Stolzenburger Bockelung beim siebenbürgisch-sächsischen Kulturwochenende in Köln: Katharina Zink (sitzend) wird von Katharina Barth (rechts) und Katharina Kohl (Mitte) gebockelt. Hanni Ziegler (links) moderiert.
Große Aufmerksamkeit erregten die lebensgroßen Mannequins, die, in Sommer- und Wintertracht gekleidet, Zeugnis ablegten von der Raffinesse und üppigen Schönheit der sächsischen Frauentracht. Die Ausstellung, übrigens vollständig aus dem Fundus der Kreisgruppe und ihrer Mitglieder bestückt, bot thematisch sortierte Komplexe zu zahlreichen Aspekten des bäuerlichen Lebens, wie es für die Siebenbürger Sachsen vormals typisch war. So fand sich das berühmte Hochbett, die Bauernstube, die Bauernmalerei und -tischlerei, Küchenutensilien, aber auch, genauso beeindruckend, eine Auswahl alter Bücher und Druckwerke, die ein gut entwickeltes Schulwesen sowie eine gesellschaftlich und literarisch aktive Gemeinschaft dokumentierten.

Auf einen willkommenen Nebeneffekt der Ausstellung wies Fritz Ziegler hin: „Durch die Anwesenheit von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens tragen wir ein Stück zur Wahrnehmung unserer Kultur bei. Die Teilnahme von Lokalpolitikern an der Eröffnung ist ein Zeichen von Aufeinanderzugehen. Ich freue mich, dass die Vorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung Köln, Frau Marlies Schiebuhr, die Gelegenheit ergriffen hat, eine stärkere Verzahnung der Vertriebenen- und Aussiedlerverbände anzumahnen. Wir brauchen mehr Präsenz in der Öffentlichkeit!“
Blick in die Ausstellung, die beim siebenbürgisch ...
Blick in die Ausstellung, die beim siebenbürgisch-sächsischen Kulturwochenende in Köln gezeigt wurde.
Der zweite Schwerpunkt des Kulturwochenendes war die Feier des Erntedankfestes. Auch hier lag der Leitgedanke zugrunde, die Grenzen der eigenen Kreisgruppe zu überschreiten, um eine Verzahnung der Siebenbürger Sachsen untereinander zu befördern. Dazu hatten die Kölner die befreundete Kreisgruppe Siegen zur gemeinsamen Feier des Erntedankfestes eingeladen. Sie kamen unter der Leitung ihres Vorsitzenden Kurt Schuster mit gut 60 Mitgliedern, so dass sich nach einem von Pfarrer i.R. Walter Bimmel (Siegen) gehaltenen Gottesdienst ein reger Austausch untereinander ergab. Bei strahlendem Sonnenschein konnten Kölner und Siegener im Garten des Vereinshauses gemeinsam Erfolge und Misserfolge der Verbandsarbeit besprechen und am Ende feststellen, dass kreisgruppenübergreifende Aktionen in NRW zur Stellschraube erfolgreicher Verbandsarbeit werden könnten.

Dritter und vielleicht anspruchsvollster Schwerpunkt des Kulturwochenendes war die detaillierte Nachstellung des tief im Brauchtum der Siebenbürger Sachsen verankerten Rituals der Bockelung. Drei Frauen in unterschiedlichen Trachten (Stolzenburger, Botscher und jungsächsische) wurden vor zahlreichem Publikum, darunter auch der Landesvorsitzende von NRW, Harald Janesch, sowie die Mitglieder des Bundesvorstands Enni Janesch und Waltraud Hartig-Hietsch, von so genannten Bocklerinnen optisch von der ledigen zur verheirateten Frau verwandelt. Die Frau kommt im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Haube“ – der Borten wird abgenommen, Haube und Schleiertuch aufwändig mit Bockelnadeln befestigt. Die langwierige Prozedur wurde aus dem Publikum heraus rege diskutiert und schärfte bei vielen Zuschauern das Gespür dafür, dass nicht mehr gelebte Traditionen schnell in Vergessenheit geraten können. Viele Details der Bockelung, die in jedem Dorf anders zelebriert wurde, sind offenbar schon verloren gegangen. Aus dieser Erkenntnis heraus setzte das Kulturwochenende nicht nur einen Akzent auf Pflege und Vermittlung unseres Brauchtums, sondern auch ein deutliches Zeichen gegen das Vergessen.

„Wenn ich Revue passieren lasse, was wir hier kurzfristig auf die Beine gestellt haben, dann freue ich mich, dass ich sowohl bisher unerkannte Kreativität als auch Gestaltungswillen unserer Mitglieder richtig eingeschätzt habe“, so Hanni Ziegler zum Abschluss des Kulturwochenendes. Es steckt offensichtlich ein Vielfaches dessen an Potential in unserer Gemeinschaft, als landläufig angenommen wird. Die Kreisgruppe Köln ist verstärkt auf Einzelinitiativen ihrer Mitglieder angewiesen. Wo organisatorische Strukturen nicht mehr „wie von selbst“ gegeben sind, weil die Personaldecke dünn ist, da ist unser Verband eben auf jeden Einzelnen angewiesen.

Roland Zillmann

Schlagwörter: Kulturprogramm, Köln, Brauchtum, Öffentlichkeitsarbeit

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