5. Oktober 2011

Oskar-Pastior-Gedenktafel in Hermannstadt

Hermannstadt - Eine Gedenktafel erinnert seit kurzem in Hermannstadt an den Dichter Oskar Pastior (1927-2006). Enthüllt wurde die Tafel am 29. September am Haus Reißenfelsgasse Nr. 6 (Str. Gheorghe Lazăr), in dem Pastior seine Kinder- und Jugendjahre verbrachte.
„Ich weiß, du kommst wieder“, rief ihm die Großmutter vom Umgang im Hof hinterher. Der 17-jährige Oskar Pastior verließ 1945 das Haus in der damaligen Reißenfelsgasse 4 mit ungewissem Ziel. Zurück blieben außer den Großeltern, die Patentante sowie Eltern und Geschwister, mit denen er unter einem Dach gelebt hatte. Fünf Jahre später kehrte Pastior aus der Russlanddeportation in dieses Haus zurück, von dem aus er 1955 Richtung Bukarest aufbrach, „in den sonnigen Süden, wie er damals glaubte“.
Der Literaturwissenschaftler Klaus Ramm (links) ...
Der Literaturwissenschaftler Klaus Ramm (links) würdigte in Hermannstadt das dichterische Werk Oskar Pastiors; daneben von links: Ernest Wichner, Cristina und Detlev Pastior, Hans Klein. Fotos: Holger Wermke
Der Literaturwissenschaftler Klaus Ramm würdigte den 2006 verstorbenen Dichter mit einem Blick zurück auf dessen Hermannstädter Jahre. Initiiert habe die Gedenktafel die Oskar-Pastior-Stiftung, sagte Stiftungsvorsitzender Ramm. Die Inschrift auf der Tafel lautet: „Indem ich schreibe, begebe ich mich aber ganz allein in die Mehrheit. - In diesem Haus verbrachte der Dichter und Übersetzer seine Kindheit und Jugend.“ Die Stiftung ließ die Porzellantafel in Berlin anfertigen und brachte sie nach Rumänien. Das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt half mit, die notwendigen Formalitäten vor dem Anbringen zu erledigen.
Zu dem feierlichen Akt in die Heimat gereist waren auch der Bruder Pastiors, Detlev, und Schwägerin Cristina sowie der Leiter des Literaturhauses Berlin, Ernest Wichner. Oskar Pastior habe sich immer dagegen gewehrt, seine Herkunft vor seine Dichtung wie vor einen Karren spannen zu lassen, erklärte Ramm. „Dennoch aber war es selbstverständlich und unausweichlich für ihn, dass in jedem seiner Gedichte auch das Biografische mitsprechen musste. Die Reißenfelsgasse, die Heimatstadt Hermannstadt, die siebenbürgische Landschaft der Kindheit und Jugend bilden, sieht man genauer hin, hintergründig ein reichhaltiges Reservoir für seine Dichtung vom ersten („Fludribusch im Pflanzenheim“, Bukarest 1960) bis zum letzten Buch („Speckturm“, Basel 2007; die Redaktion).“
Ernest Wichner, stellvertretender Vorsitzender ...
Ernest Wichner, stellvertretender Vorsitzender der Oskar-Pastior-Stiftung, las aus Pastiors Texten.
Vielleicht trete man ihm mit der Aktion schon viel zu nahe, sinnierte Ramm, denn Oskar Pastior habe um seine Person nicht das geringste Aufheben gemacht. Abgerundet wurde die Zeremonie mit Gedichtvorträgen auf Rumänisch von Corina Bernic, auf Deutsch von dem Schweizer Schriftsteller Urs Allemann und Oswald Egger, dem ersten Träger des Oskar-Pastior-Literaturpreises für experimentelle Lyrik, und Ernest Wichner.

Holger Wermke

Schlagwörter: Oskar Pastior, Hermannstadt

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Neueste Kommentare

  • 05.10.2011, 08:29 Uhr von Äschilos: Der Artikel in der ADZ online vom 2. Oktober ist wohl etwas gehaltvoller [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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