29. Juni 2013

Lothar Blicklings Buch ist eine lesenswerte Familien- und Dorfchronik

„Ein beispielhaftes, aufopferungsvolles und pflichterfülltes Leben fand seinen Abschluss. Für mich geht damit auch ein Teil meiner Kindheit, meiner Jugend und auch ein Stückchen Heimat für immer verloren. (…) Deinen Vater werte ich als den vielleicht fortschrittlichsten Landwirten im Ort, er scheute sich nicht vor Neuerungen, wenngleich er dadurch bei seinen Berufskollegen nicht selten aneckte. Er war – wenn man so will – ein Vorreiter der modernen Landwirtschaft“. So blickte 1989 Dipl.-Ing. agr. Hans Haas in seinem Beileidsschreiben zum Tode von Johann Blickling (1904-1989) zurück. Jedoch war dies nur ein Teil des markanten Lebens von Johann Blickling, denn er wurde tatsächlich in der Zeit des Kommunismus zum wahren Knecht.
Johann Blickling ist ein Sinnbild seiner Zeit, des 20. Jahrhunderts mit seinen tiefen Umbrüchen in der Geschichte aller Deutschen, insbesondere auch der Deutschen außerhalb Deutschlands, in unserem Fall im deutschen Banat in Rumänien. Er hat die „Ruhe vor dem Sturm“, die braune und die rote Diktatur, den Zweiten Weltkrieg und Deportation wie viele seiner Landsleute am eigenen Leibe erlebt und durchlitten, sie reflektiert. „Vom Bauern zum Knecht“, das ist das Thema des Buches, das Lothar Blickling, der Sohn des Protagonisten, meisterhaft auf mehr als 400 Seiten ausbreitet. Ihm gebührt Hochachtung für eine bemerkenswerte intellektuelle und literarische Leistung. Es gelingt ihm anhand der umfassenden Darstellung der Biografie seines Vaters ein breitangelegtes Panorama eines Lebens in einer vielfältigen Welt mit klaren geografischen, historischen, sozialpolitischen Koordinaten zu schaffen. Das Leben in einem banatschwäbischen Dorf mit seinen Unwägbarkeiten, mit seinen Traditionen fleißigen, beharrlichen, zuverlässigen, auf Weiterkommen ausgerichteten Tuns, das Panorama einer jahrhundertealten Aufbauleistung mit ihrem abrupten Ende, all das vereint dieses Buch. Familienchronik und Dorfchronik von Großsanktnikolaus von seinen Anfängen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gehen in diesem Buch eine fruchtbare Symbiose ein. Diese Schrift ermöglicht ein differenziertes Verstehen einer im tiefen Wandel begriffenen, eindeutig vergangenen Welt.
Sowohl durch seine Detailangaben als auch durch die zusammenfassenden Elemente des Einordnens oder des Bewertens erscheint das Buch in seinem Inhalt klar, präzise, zielgerichtet, sprachlich unkompliziert, sachgerecht, gut verständlich und niveauvoll zugleich. Die minutiös zusammengetragenen wertvollen Erinnerungen, Beschreibungen, Recherchen, Bewertungen, Schlussfolgerungen erweisen sich als sehr überzeugend. Insbesondere die Darstellung des Überlebens in der sibirischen Deportation erweist sich auch literarisch als eine wahre Meisterleistung.

Lothar Blickling, schon seit Jahren als Autor von zahlreichen Veröffentlichungen hervorgetreten, ist mit seiner neuesten Publikation „Vom Bauern zum Knecht. Die Geschichte eines Betroffenen“ (Nürnberg 2013) wahrlich ein großer Wurf gelungen. Das handliche, klar gegliederte Buch (es umfasst zehn Kapitel), mit zahlreichen passenden Fotos aufgelockert, ist beim Autor Lothar Blickling, Paumannstraße 124, 90469 Nürnberg (E-Mail: lothar.blickling[ät]kabelmail.de) zum Preis von 20 Euro zuzgl. Versand, oder telefonisch unter (0911) 4801501 zu bestellen.

Horst Göbbel

Schlagwörter: Buch, Buchpräsentation, Banat

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