16. September 2013

Grenzüberschreitende Kooperation: Michael-Barner-Ausstellung in Agnetheln

Am 22. August wurde im Agnethler Harbachtalmuseum eine Ausstellung mit Gemälden und Zeichnungen des in Agnethen beheimateten Künstlers Michael Barner (1881-1961) unter Beteiligung von zahlreichem Publikum aus dem In- und Ausland eröffnet. Diesem Festakt gingen mehrjährige Vorbereitungen voraus.
Helga Lutsch, die Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft (HOG) Agnetheln und Initiatorin des Projektes, hatte schon vor Jahren auf den Nachlass des Künstlers im Museum hingewiesen, zugleich mit den Recherchen zu Barners Œuvre begonnen und diesbezüglich auch eine Ausstellung ins Auge gefasst. Um das Vorhaben jedoch umsetzen zu können, galt es den Nachlass zu sichten, die größtenteils konservatorisch prekären Bilder restaurieren zu lassen, die graphischen Arbeiten zu rahmen. Dieses konnte dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die HOG Agnetheln bewältigt werden. Schließlich blieb noch das Herrichten der beiden Ausstellungsräume übrig, wobei das Agnethler Bürgermeisteramt und die Museumsleitung ihren Teil beitrugen.

Am Mittwoch, den 22. August, war es dann soweit. Aus Deutschland war extra ein Bus mit ehemaligen Bewohnern von Agnetheln aber auch anderen kunstinteressierten Bundesbürgern angereist. Die Stadt hatte im Hof schattenspendende Zelte aufstellen lassen. Als prominenter Gast kam aus Hermannstadt Generalkonsul Thomas Gerlach zur Eröffnung. In seinem Grußwort hob er gleich anfangs hervor, dass er es als eine glückliche Fügung ansehe, hier in Agnetheln an einer hochprofessionellen kulturellen Veranstaltung teilnehmen zu können, Einblick in museale Sammlungen zu erhalten, die jenseits der allbekannten in den Großstädten wie Hermannstadt, Klausenburg oder Kronstadt den kulturellen Reichtum des Landes ausmachten. Auch schätze er die Zusammenarbeit der Heimatortsgemeinschaft Agnetheln mit dem Harbachtalmuseum und dem Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim sehr. Über solche Veranstaltungen könne man nicht nur gemeinsam bedeutende Leistungen erbringen und den Weg für das gegenseitige kulturelle Verständnis der jetzigen und ehemaligen Bewohner von Agnetheln ebnen, sondern auch positive Akzente im Bezug auf das Image Rumäniens im Ausland setzen.
Vernissage im Agnethler Harbachtalmuseum, von ...
Vernissage im Agnethler Harbachtalmuseum, von links: der Agnethler Bürgermeister Ion Dragoman, die Vorsitzende der HOG Agnetheln, Helga Lutsch, die Kuratorin Dr. Irmgard Sedler, Generalkonsul Thomas Gerlach und Museumsleiterin Mihaela Navodari. Fotos: Werner Sedler
Die Einführung in die Ausstellung erfolgte durch Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Trägervereines des ­Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und Kuratorin der Ausstellung. Dabei zitierte sie zwei zeitlich wie inhaltlich weit auseinander liegende Einschätzungen von Kritikern, die sich Barners Arbeiten zu dessen Lebzeiten bzw. nach seinem Tod angenommen hatten. Aus dem Jahr 1912 gibt es eine überschwängliche Lobeshymne auf die noch zu erwartenden Bilder des jungen Künstlers, 1971, zehn Jahre nach dem Tode Barners, schreibt der Bukarester Dichter und Literaturkritiker Alfred Kittner viel nüchterner über Barners (literarisches) Werk: „Unbestreitbar stößt man bei ihm auf kraftgeniale Züge, ein rundes, vollendetes Stück [Literatur, der Verfasser], das als Kunstwerk besteht, hat er leider nicht zustande gebracht … Die beiden Aussagen können als Verankerungspunkte aufgefasst werden, Verankerungspunkte des Spannungsbogens, welche bildlich für den Lebensvollzug eines Künstlers und Menschen stehen könnte, der als vielversprechendes und künstlerisch vielseitig begabtes Talent um 1900 in die große, weite Welt aufbrach und den letztlich eine unheilbare Krankheit daran hinderte, seine geradezu geniale künstlerische Begabung zur Vollendung zu bringen“, so Sedler.

Erwähnt wurden die wichtigsten künstlerischen Stationen in Michael Barners Lebensvollzug sowie die finanzielle Hilfe zu einer Studienreise, die ihm die Agnethler Gemeinschaft damals wie heute dem Erhalt seines Werkes haben zukommen lassen. Einen Schwerpunkt in den Ausführungen der Kuratorin bildeten die Aufenthalte des Malers in der Künstlerkolonie in Frauenbach (Nagybánya, Baia Mare) bis 1918, die seine künstlerische Sicht der Dinge maßgeblich geprägt haben. Matisse und die niederländischen Fauvisten standen über die Vermittlung der Nagybányaer Maler für Barners Malwerk Pate, aber auch der Dekorativismus eines Ziffer Sándor. Selbstredend für die Persönlichkeit Barners ist ein Selbstbildnis aus dem Jahre 1903. „Der junge Maler ist sich seiner Gaben sehr wohl bewusst. Der Blick geht jedoch durch den Betrachter hindurch, irgendwo in eine Weite des Zukünftigen, der er sich zu stellen hat.“, so Sedler. Ein unheilbares Nervenleiden machte diese Versprechen zunichte und verflachte eine Künstlerlaufbahn, die so vielversprechend begonnen hatte.
Generalkonsul Thomas Gerlach in der Ausstellung ...
Generalkonsul Thomas Gerlach in der Ausstellung in Agnetheln.
Helga Lutsch dankte der HOG Agnetheln für die großzügige finanzielle Unterstützung und dem Agnethler Museum für die Möglichkeit, die kulturellen Schätze seiner Sammlungen dem breiten Publikum zugänglich zu machen. Auf der Basis der guten Zusammenarbeit mit dem Museum wolle man mit der Barner-Dokumentation weitermachen. Sie kündigte eine weitere Ausstellung mit Barner-Bildern aus Privatbesitz für 2014 im Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim an.

Die Museumsleiterin Mihaela Navodari äußerte ihre Freude über die Zusammenarbeit mit der HOG Agnetheln und dem Siebenbürgischen Museum, die sie sich auch auf lange Sicht erhofft. Zugleich sei es ihr ein Anliegen, die Persönlichkeit Michael Barners in seiner ganzen Vielschichtigkeit als Maler, Komponist und Literat an die Öffentlichkeit zu bringen.

Zur Ausstellungseröffnung war auch eine Großnichte von Barner angereist, sie dankte für die große Ehre, die ihrem Verwandten, den sie aber nicht persönlich gekannt habe, zuteil geworden sei. Abschließend sprach der Bürgermeister von Agnetheln, Ion Dragoman. Er sei beeindruckt von der Qualität der Ausstellung und vom Engagement der Agnethler Sachsen. Er wünsche sich, auch in Zukunft an weiteren ähnlichen Projekten teilnehmen zu können, diese würden zum besseren gegenseitigen kulturellen Verständnis der Siebenbürger Sachsen und der Rumänen aus Agnetheln führen. Die Veranstaltung wurde durch eine kurze Darbietung von rumänischen Volksliedern abgerundet.

Die Ausstellung ist noch bis zum 21. Dezember 2013 im Harbachtalmuseum in Agnetheln, Dienstag bis Freitag von 9.00-16.00 Uhr zu sehen.

Werner Sedler

Schlagwörter: Ausstellung, Agnetheln, Siebenbürgisches Museum, Gundelsheim

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