22. Oktober 2014

Meisterwerke der frühen siebenbürgischen Fotografie am Brukenthalmuseum

Am 24. Oktober um 16.00 Uhr findet in der Galerie für Zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums in Hermannstadt die Vernissage der Ausstellung „Soft Tourism“ statt, ein Gemeinschaftsprojekt der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. Hermannstadt, des Brukenthalmuseums und des Umweltamts Hermannstadt.
Die frühe Landschaftsfotografie, wie sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam, hatte nicht nur dokumentarischen, sondern auch ästhetischen Anspruch. Ihre raffinierten Kompositionen gründeten in Gestaltungslehren, wie sie bereits an Kunstakademien des 17. Jahrhunderts vermittelt wurden. So sind dann auch viele der frühen Fotografien pittoreske Landschaftsbilder, deren malerische Ungeordnetheit das Ergebnis eines sorgfältigen Komponierens ist. Die Fotografien wurden nach denselben Regeln arrangiert wie Altmeistergemälde: Sie inszenieren die Natur als Idyll oder erhabenes Spektakel.
Theodor Glatz: Der Tököly-See in Salzburg, um ...
Theodor Glatz: Der Tököly-See in Salzburg, um 1866/67. Brukenthalmuseum, Sammlung für Dokumentargrafik
Als der Siebenbürgische Karpatenverein im Jahr 1880 in Hermannstadt gegründet wurde, begann er, sich systematisch des jungen Mediums der Fotografie zu bedienen, um sein wichtigstes Ziel zu erreichen: die Belebung des Fremdenverkehrs in den siebenbürgischen Karpaten. Im Vordergrund stand nicht die Zielsetzung wirtschaftlichen Gewinnstrebens, sondern die Überzeugung, dass die körperliche Bewegung in der freien Natur – Wandern, Bergsteigen, Radfahren, Reiten, Skifahren – und das Naturerlebnis eine gesunde Wirkung auf den menschlichen Organismus habe. Gleichzeitig hatte die auf wissenschaftlichem Niveau getätigte Beobachtung der Natur den Zweck, die Allgemeinbildung zu bereichern. Dort, wo die Artenvielfalt bedroht war, betrieb der Siebenbürgische Karpatenverein aktiven Naturschutz.
Gustav Theis: Die Landskrone bei Talmesch, 1905. ...
Gustav Theis: Die Landskrone bei Talmesch, 1905. Brukenthalmuseum, Sammlung für Dokumentargrafik
So heißt es etwa im Jahrbuch des Siebenbürgischen Karpathenvereins aus dem Jahre 1922: „Wenn wir als wirkliche Touristen in den Bergen wandern, ergötzen ungezählte Freuden unser Herz. (…) Mit Entzücken beobachten wir still und lautlos auf seinem Pfad im tiefen Wald das Reh und werden so zum Freunde des Weidmanns, der nicht als Metzger in die Berge zieht. Voll andächtiger Bewunderung verfolgen wir den Kreis des Adlers hoch über jenem Felssprung, auf dem der Gemsbock sich zu kühnem Satze rüstet. Und wie gerne ruht unser Blick auf euch, freundliche Kinder der Alpenwelt, die ihr in satten Farben prunkt und aus großen Augen uns grüßt. (…) Edelweißmarder z. B., die ungestraft umhergehen, weil in unserem Vaterlande die Behörden wohl noch lange auf entsprechende Maßnahmen werden warten lassen, dürfen wenigstens den Siebenbürgischen Karpathenverein mit ihrer Mitgliedschaft nicht verunglimpfen!“
Unbekannter Fotograf: Ausflug der Sektion ...
Unbekannter Fotograf: Ausflug der Sektion „Sächsisch-Regen” des SKV auf die Sattelburg, 1905. Brukenthalmuseum, Sammlung für Dokumentargrafik
Der Siebenbürgische Karpatenverein machte die landschaftliche Schönheit der heimischen Gebirge nicht nur durch seine Publikationen – vor allem das „Jahrbuch“ und die Zeitschrift „Der Wanderer“ – bekannt, sondern bediente sich in konsequenter Weise der Fotografie. Dem SKV-Jahrbuch waren von Beginn bis zum Ersten Weltkrieg regelmäßig Bildtafeln als Beilagen beigegeben, die den Abonnenten, ihren Familien und Freunden die Schönheiten der Karpatenwelt vor Augen führen sollten. Gleichzeitig gab der Siebenbürgische Karpatenverein Fotografien von Karpatenlandschaften in Auftrag, die er im Schriftentausch, in Gestalt von Postkarten und Bilderalben verbreitete.

Der Siebenbürgische Karpatenverein benutzte demnach künstlerisch gestaltete Bilder, um einen naturfreundlichen Fremdenverkehr zu bewerben. Die These unserer Ausstellung lautet folglich: Der Siebenbürgische Karpatenverein stellte die Kunst in den Dienst eines nachhaltigen Öko-Tourismus, eines „soft tourism“.
Landschaft mit der Burg Rosenau. Bildbeilage zum ...
Landschaft mit der Burg Rosenau. Bildbeilage zum Jahrbuch des SKV, VI. Jg. (1886), nach einer Fotografie von Leopold Adler. Brukenthalmuseum, Sammlung für Dokumentargrafik
Neben Fotografien und Druckzeugnissen aus dem ehemaligen Sammlungs- und Publikationsprogramm des Vereins bieten wir mit Handzeichnungen und Radierungen des 18. und 19. Jahrhunderts und mit einer Reihe herausragender Landschaftsfotografien der zweiten Häfte des 19. Jahrhunderts einen Einblick in die Vorgeschichte der SKV-Fotografie.

Die Ausstellung findet im Rahmen des Projekts Die Grüne Sendelbinde als zweite von vier Pilotausstellungen statt. Das auf 36 Monate angelegte Projekt widmet sich der experimentellen Aufnahme von umweltrelevanten Themen in die Vermittlungsmaßnahmen des Museums: kultur- und kunsthistorische Inhalte werden mit solchen der Umweltbildung verbunden. Am Brukenthalmuseum zeigt der Umweltschutz seine spannende Seite.

Frank-Thomas Ziegler

Soft Tourism. Die Liebe zur pittoresken Landschaft in der frühen siebenbürgischen Fotografie. Galerie für Zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums, str. Tribunei 6, Hermannstadt, 25. Oktober bis 30. November 2014, Vernissage am Freitag, dem 24. Oktober 2014, 16.00 Uhr

Schlagwörter: Ausstellung, Fotografie, Brukenthal, Hermannstadt, SKV

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