18. März 2016

„Großkokler Botschaften – Bunte Kleinanzeigen“

Günter Czernetzky gehen die Ideen nicht aus. Nach dem 2015er Novum „Gottes Mühlen mahlen … im Haferland 2014 – torsi & impressiones & infinitos“ wendet er sich in seiner DVD-Serie der bisher herausgegebenen siebenbürgisch-sächsischen „Dorfportraits“ 2016 einem Genre zu, das zwischen Vorstellung von Orten und echter Werbung für Bauten oder neuartige Produkte aus siebenbürgischen Dörfern angesiedelt werden kann. Der Titel „Großkokler Botschaften – Bunte Kleinanzeigen“ ist regelrecht ernst aufzufassen.
Hier wird in zwanzig Kleinanzeigen geworben: etwa für Bräuche, Volkstanz & Volksmusik in Malmkrog (Eduard Schneider, Ema Balan, Alexandru Stoian), für ein „Haus des Lichtes“, einen Hilfsverein für behinderte Kinder in Weißkirch (Iuliana Rof), für Bildhauerarbeiten von Tihamer Katona ebenfalls in Weißkirch (Loredana Muntoiu), für traditionelles Zimmererhandwerk eines zugewanderten glücklichen Sebastian Bethge in Trappold (Valentin Șerbatiuc), für das Ankämpfen gegen Dorfverfall des Mihai-Eminescu-Trusts, der Horizon Foundation und der Maria Nobrega-Foundation in Arkeden (Alexandru Stoian), für den Erhalt des Renaissance-Schlosses Bethlen in Kreisch (Ema Bălan), für das Hilfswerk Casa Familială „Sf. Nicolae“ in Kreisch der Asociația Filantropică Daneș (auch Ema Bălan), für den Bona Fide International e.V., der sich durch den flammenden Aufruf von Uwe Hann für die Erhaltung der Kirchenburg in Denndorf einsetzt (Alexandru Stoian), für das Pferdegestüt Domeniul Dracula in Dunnesdorf (Alexandra Mihaela Lețu), für die Bienenzucht von Vasile Neag und dessen „Sommersachsen“-Freund Michael Dietrich – „Wir produzieren Gesundheit für die Menschen!“ – in Großlasseln (Alexandru Munteanu), für den traditionell hergestellten rumänischen Schafskäse ebenfalls in Großlasseln – „Kommt und lobt unsere Produkte!“ (Laura Coltofean), für das Reiterparadies der Cross-Country-Farm in Pruden (Florin Pîrvu), für den Erhalt des Kulturhauses Rauhtal – mit herrlicher Manele-Musik (Laura Coltofean), für feine Naturprodukte der Familie Delmasso im Keisder „Haus am Berg“ (Loredana Muntoiu), für weitere Lokalprodukte aus der „Pivnița Bunicii“ ebenfalls in Keisd (Iuliana Rof), für das Begegnungs- und Gästehaus „Georg Albert Schaser“ in Großalisch (Adrian Muntean) oder für die Bienenzucht von Vasile Tuns in Waldhütten (Laura Pavel).
Unsere allgemeine Haltung wird de facto seit Jahrzehnten stark vom Schmerz über den Verlust der Heimat, der dortigen sächsischen Hinterlassenschaften geprägt. Der Verfall vieler ­Gebäude, speziell vieler so lieb gewesener Kirchenburgen oder Pfarrhäuser oder Schulgebäude oder Gemeindesäle – die letzten Meldungen über den teilweise eigestürzten Kirchturm in Radeln und, noch härter, über den Einsturz des Kirchturms und eines Teils des Kirchenschiffes in Rothbach im Burzenland tun weh und klingen zugleich für einige Pessimisten eher wie Bestätigungen für ihr „Finis Saxoniae“. Jedoch gibt es in Siebenbürgen, in Rumänien, in unseren so sehr geliebten Heimatorten auch neues Leben, auch optimistische Züge.

Es geht beispielsweise darum, dass Rumänen, ebenso Touristen (inzwischen hunderttausende) wie auch Siebenbürger Sachsen, die in Siebenbürgen gelebt haben, ebenso deren Nachkommen, Siebenbürgen neu, auch positiv kennen lernen sollen. Da reiht sich Günter Czernetzkys Film-Serie in besonderem Maße in die mehr und mehr erfolgreichen Schritte der Landeskirche in Hermannstadt (etwa mit ihrem Projekt „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ mit der Neuauflage des Tourismusprojekts und Kirchenburgenpasses oder mit den Fahrradtouren von Kirchenburg zu Kirchenburg), aber auch der rumänischen Tourismusagenturen ein, Siebenbürgens Attraktivität sowohl Einheimischen als auch Touristen aus aller Welt näher zu bringen. Hoffnungsvoll stimmt außerdem die wachsende Zahl von Heimatortstreffen in Siebenbürgen mit den zahlreichen jungen Teilnehmern. In diesen Kontext gehören diese „Großkokler Botschaften“, diese Bunten Kleinanzeigen. Deren Macher sind wieder Student(inn)en der Fakultät für sozio-humanistische Wissenschaften (Dekan Univ.-Prof. Dr. Dumitru Brătar) der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt innerhalb eines großangelegten Forschungsprojekts. Für das Konzept und die Produktion zeichnet Günter Czernetzky, Projektkoordinatorin war Prodekanin Dr. Ioana Narcisa Crețu.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Das erfolgreiche langjährige Projekt von Günter Czernetzky, siebenbürgisch-sächsische Landstriche unserer Tage thematisch von jungen angehenden rumänischen Journalisten filmisch einzufangen, ist nach wie vor sehr wertvoll. Abgesehen davon, dass hier fachliche Ausbildung junger rumänischer Studenten vorangetrieben wird, kommen diese mit der Geschichte der Siebenbürger Sachsen in Kontakt, suchen die von unseren Vorfahren geprägten Orte auf, sehen, was daraus ­geworden ist, fangen gegenwärtige Lebensverhältnisse ein, verarbeiten diese filmisch und sind über jeden Kurzfilm hinaus auch eine Art „Botschafter“ der siebenbürgisch-sächsischen Welt: Sie registrieren und verbreiten Kenntnisse über die zivilisatorische Leistung der Siebenbürger Sachsen auch über den Tag hinaus. Sie machen auf deren Wert aufmerksam und tragen dazu bei, auch in der rumänischen Gesellschaft, die Notwendigkeit der Erhaltung dieser hochwertigen kulturellen Zeugnisse zu begreifen.

Das Projekt wurde wieder gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien über das IKGS (Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas e.V.) an der Ludwig-Maximilians-Universität München unter Beteiligung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration durch das Haus des Deutschen Ostens München. Der Produzent dankt für die Unterstützung allen am Projekt Beteiligten, namentlich dem Mihai Eminescu Trust (Schäßburg), dem Haus Walter Jakobi (Malmkrog), Eduard Schneider (Mühlbach), Maria Turcu (Hermannstadt), Karl Hann (Kerz), Uwe Hann (Denndorf). Es ist lohnend, sich auch auf diese DVD von Günter Czernetzky einzulassen.

Horst Göbbel




Die DVD „Großkokler Botschaften – Bunte Kleinanzeigen“ (einschließlich Bonus-DVD) kann zum Preis von 20,00 Euro, zuzüglich 1,45 Euro Postgebühr, Günter Czernetzky, Fritschestraße 77, 10585 Berlin, E-Mail: g.czernetzky [ät]gmail.com, bezogen werden.

Schlagwörter: DVD, Czernetzky, Besprechung

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