1. Mai 2016

16. GoEast-Festival mit zwei rumänischen Filmen

Das GoEast-Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird vom Deutschen Filminstitut veranstaltet. 2016 verbuchte das Festival mehr als zwölftausend Besucher, die an den Kinotagen des Festivals die Spielfilme in Wiesbaden, Frankfurt, Mainz und Darmstadt besuchten. Den Hauptpreis von GoEast hat der russische Beitrag „Insight“ von Aleksandr Kott mit der Geschichte eines Erblindeten gewonnen. Das Spielfilmdebüt „Die rote Spinne“ von Marcin Koszalka wurde für die beste Regie ausgezeichnet. Den Preis des Auswärtigen Amts erhielt der russische Dokumentarfilm „Fremde Arbeit“ des Regisseurs Denis Shabaev. Ab 2016 trat das Festival noch stärker für menschenrechtlich verpflichtetes Filmemachen ein und hat mit Förderern entsprechende Projekte entwickelt: Im Rahmen der 16. Edition startete das Pilotprojekt OPPOSE OTHERING!, ein anderes erfolgreiches Projekt, Young Filmmakers for Peace, ging 2016 in die zweite Runde. Rumänien war vertreten mit den Filmen „Orizont“ von Marian Crisan und „Aferim“ von Radu Jude.
Wer von uns erinnert sich nicht an die Schullektüre der „Moara cu noroc“ im rumänischen Literaturunterricht? Einer der Klassiker von Ion Slavici (1881 veröffentlicht). Die Novelle „Die Mühle des Glücks“ erzählt eine Familiengeschichte aus Transsylvanien, die sich aufgrund der sozialen und gesellschaftlichen Einflüsse zu einer Tragödie entwickelte. Der aus Salonta stammende Regisseur Marian Crisan, hat diese Geschichte als Vorlage für seinen Thriller „Orizont“ genommen.

Die samtweichen Hügel der Apuseni-Berge sind der Schauplatz einer schaurigen Geschichte inmitten der Natur, abgewandelt und angepasst an zeitgenössische rumänische Verhältnisse: Lucian pachtet mit seiner Familie eine verlassene Pension in den Bergen und hofft, dort sein Glück zu finden und mehr Geld zu verdienen als in Turda, wo er davor als Küchenmeister arbeitete. In der neuen Pension „Orizont“ tauchen jedoch eines Tages dubiöse Besucher auf, die Lucian vor die Alternative stellen, ihnen Geld zu „leihen“ oder, falls nicht, mit unangenehmen Folgen rechnen zu müssen. So gelangt der Pächter in den Strudel von Macht und Korruption einer Bande, die sich mit illegaler Waldabholzung und Holzverkauf beschäftigt. Wie in der Originalgeschichte, treibt Lucian seine schöne Frau Andra in die Arme des Anführers der Bande, hier Zoli genannt.

Marian Crisan, Regisseur von "Orizont" ...
Marian Crisan, Regisseur von "Orizont"
Als ihm die Geschichte zu gefährlich wird für sich und den Frieden seines Hauses und seiner Familie, überlegt er sich einen Plan. Die Hütte brennt und Lucian kehrt in seinen Familienalltag am Abend der Oster-Auferstehung zurück. Dank der großartigen Schauspieler wie dem Kronstädter András Hatházi, Bogdan Zsolt und Rodica Lazar bleibt die Handlung spannend bis zuletzt.

Der Regisseur Crisan hat bereits 2011 einen Preis des GoEast-Festivals für seinen Film „Morgen“ erhalten, in dem ebenfalls Andras Hathazi die Hauptrolle spielt, der eine Flüchtlingsgeschichte erzählt – eine Apotheose auf Menschlichkeit, Toleranz und Freundschaft. „Orizont“ appelliert indirekt an ebendiese gesellschaftlichen Eigenschaften, um den „Frieden in den Hütten“ (so Slavici) zu erhalten.

Radu Jude, Regisseur von „Aferim“ ...
Radu Jude, Regisseur von „Aferim“
Im Gegensatz zu „Orizont“ hat der zweite rumänische Film „Aferim“ (eigentlich eine Koproduktion mit Bulgarien, Frankreich und Tschechien mit Unterstützung von EU-Geldern) von Radu Jude eine historische Vorlage: Wie Don Quijote mit Sancho Panza reiten der Gendarm Costandin und sein Sohn Ionița durch die Weiten der Walachei, um den entlaufenen Leibeigenen Carfin ausfindig zu machen. Die Handlung des Films spielt 1835 in Tara Romaneasca. Was wie ein Western im rumänischen Niemandsland beginnt, endet in grausamer Misshandlung des Leibeigenen und wirft Fragen nach der Akzeptanz anderer in der Gesellschaft auf. Ein aktuelles Thema auch in der heutigen Gesellschaft. Empathie mit den Hauptfiguren, die für Gerechtigkeit kämpfen, kommt auf. Die sich entspinnende Vater-Sohn-Geschichte wird zu einer Parabel der Menschlichkeit. Ohne Sentimentalität und historisch fundiert widmet sich der Film, der auf der Berlinale 2015 einen Bären für beste Regie gewonnen hat, gesellschaftlichen Themen, wie der Ausbeutung, der Klassengesellschaft in der vorrevolutionären Zeit (1848), den Bauernaufständen, der Roma, Antisemitismus u. a. Auch hier überzeugt der Film durch seine Schauspieler, Teodor Corban, Mihai Comănoiu, Cuzin Toma, Victor Rebengiuc hat eine Nebenrolle, als auch durch wundersame Landschaftsbilder.

Katharina Kilzer

Schlagwörter: Festival, Filme, Wiesbaden, Osteuropa

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