20. Februar 2017

Gedenkbäume pflanzen: Neues aus der „Batullapfelbaumschule“

Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Siebenbürgen verstärkt für die Ausbreitung des Obstanbaus geworben. Eine Maßnahme war die immer wieder ausgesprochene Anregung, Familienfeste und Ereignisse durch Pflanzung von sogenannten Gedenkbäumen dem Gedächtnis einzuprägen. Dies geht aus einer Festschrift von 1924 hervor, die der Oberverwaltung des siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaftsvereines Bistritz gewidmet war.
Michael Fograscher, geboren 1933 in Denndorf Nr. 14, erinnert sich an sein Heimatdorf im Kokeltal: „Hinter meines Vaters Haus war ein schöner großer Garten. Da standen mehrere Äpfel- und Birnenbäume und Hauszwetschen (Long Pelsen). Von den Apfelbäumen waren drei Batull, die waren 7-8 Meter hoch gewachsen. Einen dieser Bäume pflanzte mein Großvater zur Erinnerung an seine Konfirmation 1893.“
Michael Fograscher sen. in seinem Schrebergarten ...
Michael Fograscher sen. in seinem Schrebergarten in Heidelberg: ein fachgerechter Schnitt ist wichtig für eine gute Ernte! Foto: Michael Fograscher jr.
In seinen Schrebergarten in Heidelberg pflanzte Michael Fograscher im Herbst 2015 einen Batullapfelbaum zum Gedenken an seine Großeltern. „Ich war das Lieblingskind meines Großvaters“, erzählt er mir am Telefon. „Wir hatten im Farreschguerten und auf dem Friedhof eine Pflanzschule. Dort lernten wir von unserem Lehrer das Veredeln und andere Gartenarbeiten. Vor der Schule durften wir Kinder in den Keller gehen und uns einen Apfel mit auf den Schulweg nehmen.“ Der Geruch und der Geschmack der Äpfel bleiben Michael Fograscher bis heute unvergessen. Früher lebten in dem Dorf ca. 600 Sachsen und 500 Zugehörige anderer Ethnien (Rumänen und Ungarn). Heute sind alle Sachsen ausgewandert, so wie auch die Familie Fograscher 1990 den Weg nach Deutschland einschlug. „Die Auswanderung war im Ansatz schon nach 1945 abzusehen, weil 77 junge Denndorfer nach Kriegsende nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren durften.“

„Ich war 20 Jahre alt, mein Großvater 75 Jahre alt“, erzählt Fograscher weiter, „als 1953 die Kollektivwirtschaft gegründet wurde. Alle Bäume im Garten wurden vernichtet. Oft standen wir in diesem Garten und mein Großvater zeigte auf die restlichen Wurzeln seines ‚Konfirmandenerinnerungsbaumes‘ und sagte: ‚Das war einmal ein Batull.‘“ Auf die Frage, was er sich wünschen würde, antwortet Michael Fograscher im Hinblick auf sein Heimatdorf, dass man sich um die Erhaltung der Kirchenburg und deren berühmten Turm kümmern möge. Er freut sich, dass seine Kinder in der neuen Heimat gut angekommen sind und dass er für sie einen Batullapfelbaum pflanzen konnte, der im milden Heidelberger Klima fest verwurzelt ist und schon 17 Äpfel getragen hat.

Brunhilde Böhls




Die Verfasserin setzt sich für die Erhaltung alter siebenbürgischer Apfelsorten und für ihre Verbreitung in Europa ein. Sie nennt ihr Vorhaben „Batullapfelbaumschule“, obwohl auch andere Sorten wie Poinic, Boiken, Goldparmän, Jonathan gemeint sind. Inzwischen wurden Apfelbäume in Deutschland, Österreich, Frankreich, Griechenland, auf Gran Canaria und Rumänien gepflanzt. Unterstützung bekommt sie durch den Verein „Kulturerbe Kirchenburgen e.V.“ deren Mitglied sie ist. Brunhilde Böhls sucht Mitstreiter, vom Hobbygärtner (m/w) bis zum Pomologen (m/w). Weitere Fragen beantwortet sie gerne (Website: www.bboehls.de).

Schlagwörter: Batull, Obst

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