8. Juli 2017

Dem Theater mit Hingabe verschrieben

Offiziell verkündet die Homepage der Landesbühne Bruchsal, dass der Schauspieler Hannes Höchsmann sich ab September 2017 im Ruhestand befindet. Im nächsten Halbsatz wird aber seine Mitarbeit als Gast, der das Ensemble verstärken wird, bekräftigt. „Ja, das ist das Schicksal der Schauspieler“, sagt Hannes Höchsmann, „sie können das Spielen nicht lassen. Wollen es auch nicht.“ Das zweite Gesicht habe er nötig, fügt er schmunzelnd hinzu. Im Sommer verabschiedet er sich vom Publikum aus Bruchsal mit der Rolle des Baptista in „Der widerspenstigen Zähmung“ von Shakespeare.
Seit 1979, damals noch in Hermannstadt, steht er ununterbrochen „auf den Brettern, die die Welt bedeuten“, da, wo „ewig jung ist nur die Phantasie“. Die Worte Friedrich Schillers hat Hannes Höchsmann, Schauspieler aus Leidenschaft, seit seiner Kindheit ernst genommen: „Was sich nie und nirgends hat begeben,/ Das allein veraltet nie!“

Das „Phänomen Theater“ hat ihn schon als Kind fasziniert, die Welt hinter dem Vorhang mit den unergründlichen Geheimnissen zog ihn magisch an. Sehr früh, im Alter von zehn Jahren, schrieb er sein ­erstes Stück, das mit Freunden in den Sommerferien in einem Nachbarhof aufgeführt wurde. Es folgte eine Schlagerrevue, er war gerade vierzehn, mit Sketchen und Tanzeinlagen. Im Brukenthal-Gymnasium, anschließend als Student der Germanistik in Hermannstadt hat er selbstverständlich seiner Leidenschaft frönen können. Er leitete das Studententheater, das jährlich eine große Produktion herausbrachte. Die Regie übernahmen professionelle Schauspieler des örtlichen Theaters. So knüpfte er sehr früh Kontakte zur Hermannstädter Bühne. Unter den Kommilitonen war er der Star; die von ihm inszenierten Stücke – „Die Glasmenagerie“, „Das Haus in Montevideo“, „Stern ohne Namen“ – begeisterten nicht nur die Hermannstädter Studenten.
Hannes Höchsmann als Salieri in Peter Shaffers ...
Hannes Höchsmann als Salieri in Peter Shaffers „Amadeus“ – der absolute Höhepunkt seiner Karriere, 2013. Foto: Peter Empl
Aus Leidenschaft wurde Ernst, die Neugier, die ihn als Kind vor dem Vorhang fiebern ließ, hielt an. Nach einem dreijährigen Intermezzo als Lehrer, eine Zeit, die er neben seiner pädagogischen Tätigkeit nutzte, um mit den Schülern kleinere Stücke aufzuführen, konnte er seinen „vorprofessionellen künstlerischen Werdegang“ beenden. Hannes Höchsmann fühlte sich bereit, aus dem ehemaligen Kindertraum Wirklichkeit werden zu lassen. Er bewarb sich als Schauspieler bei der deutschen Abteilung des Hermannstädter Staatstheaters. Er hatte etliches aufzuweisen: das Studium der englischen und deutschen Sprache und Literatur, nebenbei das Studium von Klavier und klassischem Gesang sowie Kurse im klassischen und modernen Tanz. Neben den großen Namen der Hermannstädter Bühne – Luise und Hans Pomarius, Christian Maurer, Hanns Schuschnig, Wolfgang Ernst oder Heinrich Mildner – konnte nun Hannes Höchsmann spielen und gleichzeitig, er sagt das in aller Bescheidenheit, „den Beruf von der Pike auf erlernen“.

1984 trat er neben Werner Schumacher, Klaus Zay und Wolfgang Ernst im Spielfilm „Der Glockenkäufer“ von Frieder Schuller auf. Der Film, der mittlerweile Kultstatus hat, wurde im kommunistischen Rumänien gedreht und thematisiert vorwegnehmend den Heimatverlust der Siebenbürger Sachsen. Es folgte die Auswanderung, der Bühnenwechsel nach Deutschland. Vor ihm aber ging ein Großteil des Publikums diesen Weg, der von den politischen Gegebenheiten des kommunistischen Rumäniens diktiert wurde. Schweren Herzens entschied sich Höchsmann 1984 Siebenbürgen zu verlassen. Die Perspektive, in Deutschland an einer Bühne gleich engagiert zu werden, schien sehr gering. Trotzdem verfolgte er stur seinen Traum vom Theater. Dass er den Mut aufgebracht hat, mit Frau und drei Kindern allen Schwierigkeiten zu trotzen, ist fast ein Mirakel.

Fortuna stand zusammen mit Thalia an seiner Seite. Die Chance bot sich ihm an der Badischen Landesbühne in Bruchsal. Er debütierte 1986 im Kinder- und Jugendtheater gleich in der Titelrolle des Märchenstückes „Des Kaisers neue Kleider“; zwei Jahre später wechselte er zum Abendspielplan. In kurzer Zeit spielte er sich in die Herzen der Zuschauer und konnte auch sehr bald Regisseure und Intendanten von seinem Können überzeugen. Das Außergewöhnliche seines Talentes wurde gebührend erkannt. Er durfte alle Traumrollen des Theaters spielen, so Alfieri in A. Millers „Blick von der Brücke“ oder Alfred ILL in „Der Besuch der alten Dame“ von F. Dürrenmatt, und brillierte in Komödien als Malvolio in Shakespeares „Was ihr wollt“ oder Jourdain in Molières „Bürger als Edelmann“. Die großen Klassiker waren selbstverständlich alle dabei: Lessing, Kleist, Ibsen, Strindberg und immer wieder Shakespeare. Nicht zu vergessen seine Rollen in der Sparte Musiktheater wie z.B. als Peron in „Evita“ von Webber/Rice. Insgesamt spielte er in 145 Inszenierungen. Rückblickend sagt Hannes Höchsmann, die Kunst der Verwandlung war sein Leben. Der absolute Höhepunkt seiner Karriere war die Rolle des Antonio Salieri in Peter Shaffers „Amadeus“, eine Inszenierung, bei der einfach alles stimmte: jeden Abend Bravo-Rufe und Standing Ovations. Ein anderer Höhepunkt war 2016 eine Hauptrolle in dem Film „Nellys Abenteuer“. Augenzwinkernd fügt Hannes Höchsmann hinzu: „Neben großen Schauspielern sechs Wochen Dreharbeiten in Hermannstadt, meiner Heimatstadt, zu verbringen ... Herz, was willst du mehr!“

Josef Balazs

Schlagwörter: Schauspieler, Höchsmann, Hermannstadt, Abschied

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