2. Mai 2019

Erich Bergel in Bayreuth 1974-1980: Gheorghe Mușat über das Internationale Jugendfestival

Der ehemalige Solotrompeter der Klausenburger Philharmonie, Prof. em. Gheorghe Mușat – neben den Jahrhundertgrößen Maurice André und Adolf Scherbaun der dritte Meister im internationalen Konzertleben –, widmete sich nach dem Ausscheiden aus dem universitären Lehrfach und dem Konzertbetrieb dem Verfassen und Veröffentlichen musikgeschichtlicher Literatur. Aufsehen erregten dabei vor allem mehrere Bände über den Dirigenten Erich Bergel (1930-1998), darunter das Buch über Bergels Securitate-Akte, das wegen belastender Nennung erster Namen des Musiklebens Rumäniens zu heftigen Diskussionen führte. Vor Kurzem erschien nun Mușats 400 Seiten umfassender Band „Bayreuth. Oraș al festivalurilor. Prezențe românești“ („Bayreuth. Stadt der Festspiele. Rumänische Präsenzen“), Verlag Ecou Transilvan, Klausenburg, 2019, Harteinband, ISBN 978-606-7304718.
Das reich bebilderte Buch bietet eine Übersicht der berühmten, seit 1872 abgehaltenen Festspiele, eine stattliche Porträtgalerie der Musiker, die auf der Bühne des Festspielhauses auftraten, der Dirigenten, Solisten, dazu Konzertprogramme, Zeitungsausschnitte u.v.a. Nicht zuletzt finden die jährlichen Jugend-Festspiele breite Erwähnung – sie wurden in den Jahren 1974-1980 mit außerordentlichem Erfolg von dem am 1. Juni 1930 in Rosenau geborenen Dirigenten Erich Bergel geleitet. Mușat, virtuoser Trompetist und begnadeter Pädagoge, wurde von Bergel für die Arbeit mit den jugendlichen Blechbläsern aus mehreren Dutzend Ländern herangezogen und lernte auf diese Weise auch die musikalischen Ereignisse auf dem berühmten Festspielhügel „aus erster Hand“ kennen.

Diese persönliche Nähe zum Festspielgeschehen drückt dem Buch den Stempel auf. Mit einem kurzen Vorwort eröffnet Mușat den Band und lässt den Schriftsteller Hans Bergel, den älteren Bruder des Dirigenten, zum wiederholten Mal in einem seiner Bücher zu Wort kommen, hier mit einer bereits andernorts veröffentlichten Porträt-Skizze: „Über Ernst und Humor in Gheorghe Mușats Persönlichkeit“. Dem an der Klausenburger Universität wirkenden, aus Kronstadt stammenden Prof. Dr. Wilfried Schreiber dankt Mușat im Vorspann für die Übersetzung deutscher Texte. Abgesehen vom historischen Überblick, den das Buch über die Bayreuther Festspiele bietet, gelten weite Teile dem zu früh verstorbenen genialen Dirigenten und gefeierten Leiter der Bayreuther Jugendfestspiele 1974-1980 Erich Bergel, Mușats ehemaligem engem Freund. So wird das Buch nicht zuletzt gleichzeitig auch zu einer wichtigen Dokumentation über Erich Bergel, der nach dem Verlassen Rumäniens 1972 nur relativ kurze Zeit als Dirigent in Deutschland zu halten war – er zog Aufenthalt und Tätigkeit in den angelsächsischen Ländern vor.
In den Jahren 1974-1980 leitete Erich Bergel ...
In den Jahren 1974-1980 leitete Erich Bergel (1930-1998) die Internationalen Jugend-Festspiele in Bayreuth, deren Höhepunkt die Abschlusskonzerte bildeten. Bild: Plakat des Konzertes vom 27. August 1979 in der Meistersingerhalle.
In dem 400-Seiten-Band beschäftigen sich rund 200 Seiten vor allem mit Erich Bergel. Die Rechtfertigung für diesen Aufwand sieht Mușat in der grundlegend neuen Orientierung, die das Jugendfestspieltreffen durch Bergel erhielt. Er zitiert dafür herausragende Konzertkritiker wie etwa Fritz Schleicher, der in der Juni-Folge 1981 der Zeitschrift „Das Orchester“ unter dem Titel „Dank an Erich Bergel“ unter anderem schrieb: Bergel „erschien in Bayreuth wie ein Zauberer“, seine Arbeit mit den Musikstudenten aus einem Dutzend Länder „machte Furore. Das Wunder“ der von Bergel dirigierten Konzerte „wiederholte sich (...) Das Außergewöhnliche bekam Permanenz“; im Jahr 1981 überbot das Jugendorchester sogar den „Luxuszug der Festspiele (...) Bergels Meisterschaft als versierter Orchestererzieher und Dirigent feierte jedes Jahr neue Triumphe.“ Als entscheidendes Ergebnis der Tätigkeit Bergels in Bayreuth stellte Schleicher fest, dass Bergel „die idealistisch provisorische Sommerakademie“ der Jugendliehen „grundlegend überwand“ und „zum Festival entwickelte“.

So stellt Gheorghe Mușats „Bayreuth“-Buch eine wertvolle Ergänzung bisheriger Dokumentationen zum Wirken Erich Bergels dar, zu dessen 20. Todestag im Jahr 2018 in mehreren Städten Rumäniens Gedenkkonzerte stattfanden; sie fügt den Buchpublikationen von und über Prof. Dr. h.c. Erich Bergel, der neben seinen weltweiten Dirigaten von 1979 bis 1990 an der Hochschule der Künste in Berlin den Lehrstuhl für Orchesterleitung und -erziehung innehatte, detaillierte Informationen speziell über Bergels Bayreuther Jahre hinzu.

Dokumentationsliteratur von und über Erich Bergel

Bergel, Erich: Johann Sebastian Bach. Die Kunst der Fuge. Ihre geistige Grundlage im Zeichen der thematischen Bipolarität, Max Brockhaus Musikverlag, Bonn, 1980.

Bergel, Erich: Bachs letzte Fuge. Die „Kunst der Fuge“ ein zyklisches Werk. Entstehungsgeschichte. Ordnungsprinzipien, Erstausgabe, Max Brockhaus Musikverlag, Bonn, 1985.

Bergel, Erich (Hrsg.): Johann Sebastian Bach. Die Kunst der Fuge. Partitur. Max Brockhaus Musikverlag, Bonn, 1996

Bergel, Hans: Erich Bergel. Ein Musikerleben. Persönliche Notizen zur Biographie. Gehann Musik-Verlag, Kludenbach, 2006.
auch rumänisch: O viață de muzician: Erich Bergel. Fundația Academia Civica. Bukarest, 2013

Csiky Boldizsar Tamás: Erich Bergel. Cronologia concertelor din perioada exilului (1972-1990). Editura Media Musica, Klausenburg (Cluj Napoca), 2016

Mușat Gheorghe: Amintirile mele despre Erich Bergel. Mit einem Vorwort von Hans Bergel. Editura Risoprint, Klausenburg, 2008

Mușat Gheorghe: Lumini și umbre. Din nou despre Erich Bergel; cu documente preluate din arhiva CNSAS. Mit einem Vorwort von Hans Bergel, Editura Risoprint, Klausenburg, 2010

Mușat Gheorghe: Lumini și umbre. Din nou despre Erich Bergel; cu documente preluate din Arhiva CNSAS. Mit einem Vorwort von Hans Bergel, Editura Ecou Transilvan, Klausenburg, 2014.

Schlagwörter: Bergel, Musik, Komponist, Dirigent

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