25. Dezember 2020

Minni Kloos: Weihnachtsabend

Hermine Kloos (geb. 1903 in Heltau, gest. 1987 in Heltau) war das dritte Kind von Sophia, geb. Sill, und Peter Herbert. Die Grundschule besuchte sie in Heltau. Infolge der schlechten wirtschaftlichen Lage entschlossen sich die Eltern 1913, mit ihren drei jüngsten Kindern nach Amerika auszuwandern. Dort lebten sie in Cincinnati/Ohio, wo Hermine die Schule nochmals ab der ersten Klasse besuchte. Das Erlernen der neuen Sprache machte ihr Spaß, doch musste sie früh ihren Beitrag zum Familieneinkommen leisten. In der Firma „Wurlitzer“ war sie zwei Jahre in der Saxophonabteilung tätig. Ihre geplante Rückkehr in die alte Heimat verzögerte sich wegen des Ersten Weltkriegs bis zum Jahre 1923. Die seelische Bindung zur alten Heimat muss in dem Mädchen, das schon so früh in die Ferne zog, sehr ausgeprägt gewesen sein. In vielen ihrer späteren Gedichte kommt die tiefe Verbundenheit mit ihrem malerischen Heimatort Heltau zum Ausdruck. Zum Beispiel in dem Gedicht „In goldenem Licht“, oder das Glück erlebter Kindheit in dem in siebenbürgisch-sächsischer Mundart geschriebenen Gedicht „Eous menger Kaindhit“ und „Angdrem Gitzembrich äm Hohn“.
Im Jahre 1925 heiratete Minni Herbert den Webmeister Hans Kloos.
Hermine Kloos ...
Hermine Kloos
Der Ehe entsprossen vier Kinder. Auch schwere Erlebnisse wie der Tod des erst vierzehnjährigen Sohnes Hans oder die Deportation der Tochter Ilse im Alter von nur siebzehn Jahren nach Russland sind ihr nicht erspart geblieben. Auch in schweren Zeiten bringt sie viele ihrer Gedanken in Versform zu Papier. So in den besinnlichen Gedichten „Weihnachtsabend“ und „Das Jüngste“. In vielen Gedichten ist ihr feiner Humor zu spüren, mit dem sie ihre Leser zum Schmunzeln bringt. Zum Beispiel „Vorfrühling in der Hintergasse“ oder „Der Städter im Heu“. Ihr Humor führte dazu, dass sie oft gebeten wurde, zu verschiedenen Anlässen wie Faschingsfeiern, familiären Festen, Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern oder von Ausflügen von Vereinen, Nachbarschaften oder der Liedertafel in Reimen zu berichten. Bei vielen Veranstaltungen trug sie ihre Gedichte auch selbst vor, wirkte außerdem bei Theatervorführungen im Johannis-Garten mit.

(Aus der 2002 erschienenen Ortsmonographie „Heltau – Geschichte und Kultur einer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft“, herausgegeben von der Heimatortsgemeinschaft Heltau e.V.)


Minni Kloos: Weihnachtsabend

Ich sitze und träume von fernen Zeiten,
Da ich als Kind bei den Eltern noch war.
Es dringt durch das Fenster das Abendläuten,
Und ich sinne zurück in vergangene Jahr‘.
Weihnachten ist’s, auf gescheuerten Dielen
Sind Decken gebreitet, stubenlang,
Drauf sitzen wir Kinder, müde vom vielen,
Das uns der Tag gebracht, freudig-bang.

Wie traulich ist’s in der großen Stube,
Der Webstuhl und das Spulrad ruhn,
Die Schwester putzt die letzte Rübe
Für das morgige Suppenhuhn.
Vater sieht draußen im Stall nach den Küken,
Der Bruder schleppt Körbe voll Holz herein,
Am Herd will die Mutter den Kaffee brühen,
Denn bald wird festliche Weihnacht sein.

Auf dem Tisch in der Reihe stehn schon die Töpfchen
Und geflochtene Stritzel, für jeden ein Stück,
Darüber beugen sich eifrige Köpfchen,
Und Kinderwangen glühen vor Glück.
Dämmerig wird’s, aus Türen und Toren
Quillt es, in Tücher und Mäntel gehüllt;
Noch trifft kein Glockenton unsere Ohren,
Und schon ist die Gasse von Menschen gefüllt.

Der Schnee knirscht unter unseren Tritten,
Im Lampenschein glitzert das weiße Geflock,
Wir eilen zur Kirche mit freudigen Schritten,
Fest angeklammert an Vaters Rock.
Doch hört, nun beginnen die Glocken zu läuten,
So feierlich und so wundersam schön;
Wir lauschen den Tönen, die uns begleiten
Und leise verklingen in fernen Höh’n.

Im Kirchgang brennt trübe das Licht der Laterne,
Grau-düster die Kirchmauer vor uns steht,
Wolkenverhangen sind droben die Sterne,
Doch Weihnachtszauber uns wohlig umweht.
An der Tür schiebt sich ein flüsternd Gedränge,
Zu klein fast ist heute der große Raum,
Andächtig blickt die gläubige Menge
Auf den im Lichterglanz strahlenden Baum.

Der Orgelgesang braust von der Empore,
Wir falten die Hände zu stillem Gebet.
„Vom Himmel hoch“ ertönt es im Chore,
Die Weihnachtsmär wieder vor uns ersteht.
Wir treten hinaus auf den Marktplatz, es dunkelt;
Hört ihr das Lied von der heiligen Nacht?
Der Sternenhimmel jetzt über uns funkelt,
In stiller weihnachtlicher Pracht,
Weihenacht ist es, Weihenacht war es
In Tagen der fernen Vergangenheit.
Und an keinem anderen Tage des Jahres
Gibt es solch‘ glückhafte Kinderzeit.

Schlagwörter: Gedicht, Weihnachten, Kloos, Ohio

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