24. Juli 2021
Als Schloss Horneck ins heimische Wohnzimmer kam: Digitales Schlossfest begeistert Publikum mit reichem Kulturprogramm
Ein Jahr nach der Eröffnung lud der Verein Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ zum digitalen Schlossfest. Ohne selbst vor Ort zu sein, bekamen die Gäste aus erster Hand umfassende Einblicke und genossen ein hochkarätiges Kulturprogramm.

Früchte des Engagements ernten
„Wir wollten alle Interessenten über den aktuellen Stand informieren und ihnen ein hochkarätiges Kulturprogramm bieten – als Vorgeschmack auf einen möglichst baldigen Besuch vor Ort“, sagt Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch, Vorsitzender des Schlossvereins.
Rück- und Ausblick zum einjährigen Jubiläum
Zwei Festtage umfasst das Programm, das die Organisatoren in wenigen Wochen vorbereitet haben. Am 10. und 11. Juli wurde es jeweils ab 15 Uhr auf mehreren digitalen Kanälen übertragen, sodass alle Gäste vor dem heimischen Bildschirm dabei sein konnten. Helge Krempels übernahm einen Großteil die Moderation. „Ein Jahr nach der Eröffnung – Erinnerungen und Ausblick“ hieß der erste Programmpunkt: Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, überbrachte die besten Grüße der Bundesregierung und sprach von einem „Leuchtturmprojekt siebenbürgisch-sächsischer Kultur in Deutschland“.Die beiden Geistlichen, die zur Eröffnung 2020 den ökumenischen Segen erteilt hatten, kamen im Gespräch mit Gündisch erneut zu Wort und machten Mut für die Zukunft. Frank Bayard ist Hochmeister des Deutschen Ordens mit Sitz in Wien. Er erwähnte „die unglaubliche Leistung in der Restaurierung, Einrichtung und Ausstattung dieser alten Burg“. Sie sei „ein Ort der Begegnung und des Gedächtnisses“ geworden, ein „Stück Heimat für Menschen, die ihre Heimat verloren haben“. Er freue sich, dass ein herausragendes Baudenkmal nun mit Leben gefüllt sei.

Musikalisch wurde dieser erste Programmteil vom Eybler-Trio aus Nürnberg begleitet. Wolfrun Brandt-Hackl (Viola), Georg Ongert (Cello) und Myriam Nothelfer (Violine) spielten Stücke von Beethoven, Haydn und Ignaz Pleyel.
Von der Deutschordensburg zum Siebenbürgen-Zentrum
Im Anschluss nahm Gündisch die Zuschauer mit auf eine historische Schlossführung. Als Historiker hat er sich ausführlich mit der wechselvollen Geschichte des Ortes auseinandergesetzt: Das Schloss war jahrhundertelang Sitz des Deutschen Ordens, Angriffsziel für Götz von Berlichingen im Bauernkrieg, Bierbrauerei, berühmte Kurklinik und Erholungsort für Prominenz, Lungensanatorium, Luftschutzkeller im Zweiten Weltkrieg, siebenbürgisches Altenheim und ist jetzt Kultur- und Begegnungszentrum. All diese Epochen lassen sich in verschiedenen Teilen des Schlosses wiederfinden.Dass Geschichte nicht nur spannend erzählt, sondern auch amüsant vertont werden kann, bewiesen Hans und Angela Seiwerth. Ihr Horneck-Lied, das musikalisch durch die Jahrhunderte führt, feierte im Jugendstilsaal Premiere. Die beiden Liedermacher sind vielen Zuschauern als Mitglieder der siebenbürgischen Musikgruppe „De Lidertrun“ bekannt.

Ein Umbau, der Geschichte(n) schreibt
Als Manager der Um- und Ausbauarbeiten kennt Dr. Axel Froese das Schloss wie seine Westentasche. Entsprechend detailliert konnte er über das vierjährige Bauvorhaben berichten. Er führte ins Besucherzentrum, das die Geschichte des Schlosses und der Siebenbürger Sachsen dokumentiert, den Jugendstilsaal, die Veranda und viele weitere Räume. „Für mich persönlich ist die Treppe eines der schönsten Umbaustücke“, schwärmte er. Jede der 94 Stufen, die unterschiedlich hoch waren, wurde geometrisch erfasst, zurückgebaut und dann mithilfe einer Schablone neu eingebaut. Exemplarisch stellte er das Zimmer „Schäßburg“ und die Fürstenzimmer „Hermannstadt“ und „Reußen“ vor. Ob Türrahmen, Stuckdecke, Holzverkleidung oder handgefertigte Gardine: Zu jedem Teil der Innenausstattung kann Froese eine Geschichte erzählen. Zum Schluss fiel der Blick aus dem Fenster des Sekretariats auf das Pflegeheim: Es wurde von einem siebenbürgischen Architekten geplant und hat die gleichen augenförmigen Dachfenster, die man aus Hermannstadt kennt.

Siebenbürgen im Schlosshotel
Der zweite Festtag am 11. Juli startete mit Blasmusik: Vor dem Schlosseingang war die siebenbürgische Blaskapelle „Original-Karpatenblech“ zu sehen. Sie spielte Kostproben aus ihrer neuen CD, die auf Schloss Horneck aufgenommen wurde.

Im Fokus: Industrie, Raketen und Musik
Drei der Themenwände wurden anschließend detailliert vorgestellt. Die „Siebenbürgische Industriegeschichte“, gespendet von der Binnen Konstruktionen GmbH, beschreibt die Entwicklung von der landwirtschaftlichen zur industriellen Produktion. Zu sehen sind beispielsweise die erste Zuckerfabrik in Hermannstadt (ca. 1849), einer der ersten elektrischen Wagenspinner in Heltau (ca. 1900) und der Turbinenraum des Elektrizitätswerkes von Zoodt (1926). Im Interview sprach Dr. Dr. h.c. Volker Wollmann, der zusammen mit Dr. Dr. Gerald Volkmer das Fachwissen und auch das meiste Bildmaterial zur Themenwand beigesteuert hatte, über die Industriegeschichte.
Drittens stand die „Siebenbürgische Musikgeschichte“ im Fokus. Prof. Heinz Acker beschrieb, wie sich das Thema künftig im Musiksalon „Irtel“ wiederfinden wird – die Inneneinrichtung des Salons wurde vom Ehepaar Dr. Ortrud und Gerhardt Graeser gespendet. Im drauffolgenden Konzert erklang erstmals ein Cembalo, das eine besondere Geschichte hat. Es wurde vom Hermannstädter Baumeister Kurt Wittmayer erbaut und gehörte der Heidelbergerin Helga Maria Höpfner, die es Prof. Acker hinterließ. Als das Ehepaar Acker die Historie des Instrumentes entdeckte, ließ es dieses auf eigene Kosten restaurieren – jetzt hat das Cembalo auf Schloss Horneck eine neue Heimat gefunden.
Klassik trifft Barock
„Klassik-Highlights aus dem barocken Festsaal“ präsentierte Prof. Acker erst am Cembalo und dann am Klavier gemeinsam mit der Sängerin Julika Birke und dem Cellisten Georg Ongert.
Wissen für Weinliebhaber
Sowohl die Gegend um Gundelsheim als auch Siebenbürgen sind traditionelle Weinbau-Regionen. Von der Veranda des Schlosses aus gibt es einen fantastischen Ausblick auf den Weinberg „Himmelreich“. Genau der richtige Ort, um die Themenwand „Weinland Siebenbürgen – Gundelsheim“ vorzustellen. Schon Anfang des 13. Jahrhunderts ist der Weinbau in einigen Dörfern im mittleren Miereschtal urkundlich belegt. Im Interview mit Krempels berichtete Dr. Hansotto Drotleff, Kulturreferent der HG Mediasch, von den Besonderheiten des siebenbürgischen Weinbaus. Wussten Sie beispielsweise, dass Friedrich Caspari „Reblauskommissär“ genannt wurde? Oder dass Dr. Hans Ambrosi über 60 Bände über den Weinbau hinterließ?
Nach der „Litertrun“ wird’s lateinamerikanisch
Anschließend gab es nochmal den bewegenden Auftritt der Musikgruppe „De Lidertrun“ vom Schlossfest 2018 zu sehen und zu hören. Karl-Heinz Piringer, Angela und Hans Seiwerth sowie Michael Gewölb entführten die Gäste in die Welt der siebenbürgisch-sächsischen Volkslieder. Dabei kamen auch sehr seltene Instrumente wie die Trompetengeige zum Einsatz.Der Abend und das digitale Schlossfest klangen mit lateinamerikanischen Tänzen aus. Nadine Jasmin Althof (aus dem Banat) und Illya Korovay, ehemaliger Profi-Tänzer und Trainer beim Tanzsportverein TSC Rot-Gold-Casino Nürnberg, erklärten kurz und prägnant einige Tänze, die bei nationalen und internationalen Turnieren aufgeführt werden. Sie zeigten jeweils eine kurze Kostprobe einer Samba, eines Cha-Cha-Cha, einer Rumba und eines Jive.
Begeistere Rückmeldungen
Wie viele Menschen das digitale Schlossfest verfolgt haben, zeigen die Klickzahlen auf Youtube. Bis dato wurden die Videos der einzelnen Programmpunkte zwischen 169 und 789 Mal angeklickt. Die Zahl wächst stetig, denn eine digitale Veranstaltung kann – im Unterschied zu einer vor Ort – von jedermann jederzeit und beliebig oft „besucht“ werden. Begeisterte Zuschriften an die Organisatoren belegen, dass das Fest sehr gut ankam. „Das ganze Festprogramm zeigt, wieviel Herzblut von Ihnen allen investiert wurde“, war eine Rückmeldung. Auch folgendes Kompliment kam: „Wir haben noch nie eine sächsische Veranstaltung gesehen mit solch einer Kombination aus Menschlichkeit, Herzlichkeit und ganz besonderem, dezenten Tiefgang.“ Dass auch aus Rumänien viele Rückmeldungen kamen, freute die Organisatoren besonders. Das Schlossfest wurde offenbar länderübergreifend besucht – ein Pluspunkt des digitalen Formats.Zum Abschluss möchte die Verfasserin gerne Georg Binnen zitieren, der im Interview mit Froese folgende Botschaft an seine Landsleute hatte: „Ich hoffe, dass viele Siebenbürger einsehen, dass wir hier unser Wissen und das in der Vergangenheit Geleistete präsentieren können. Ich rate jedem Siebenbürger, sich dem Schlossverein anzuschließen. Denn nur auf diese Art können wir dieses Schloss auch entsprechend erhalten. Es gibt zu viele, die sagen, ein Schloss ist ein Fass ohne Boden. Jetzt zeigt sich, dass dieses Fass einen Boden hat. Es ist so schön geworden, dass man nur staunen kann.“
Heidrun Rau
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Schlagwörter: Schlossfest. digital, Schloss Horneck, Konrad Gündisch, Froese, Feier, Schlossverein, Musik, Konzert
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