19. Oktober 2021

Chorrüstzeit 2021 der Siebenbürgischen Kantorei

„Und das sind tatsächlich nur Laien?“, fragte fast ungläubig eine Besucherin des Gottesdienstes in der Markuskirche in Köln-Porz. Die Siebenbürgische Kantorei hatte am Sonntag, dem 8. August, den Gottesdienst musikalisch mitgestaltet und im Anschluss ein kleines, feines Konzert geboten. Gesang, aber auch Instrumentalstücke (Triosonaten von Telemann mit Andrea Kulin - Querflöte, Maria Braun – Violine und Brigitte Byrla - Orgel) begeisterten die Besucher. Sie waren hin und weg: „So ein hohes Niveau. Wir hatten gar nicht damit gerechnet. Und Sie proben tatsächlich nur eine Woche im Jahr? Und die Liedauswahl… wunderbar! Eine tolle Dirigentin haben Sie da.“ Das waren einige der Kommentare, die uns alle sehr gefreut haben.
Gottesdienst in der Markuskirche in Köln-Porz. ...
Gottesdienst in der Markuskirche in Köln-Porz. Foto: Konrad Wimmer
Zugute kam uns auch, dass dieses das erste musikalische Ereignis mit Chorgesang nach langer Durststrecke war. Wir waren glücklich, mal wieder aus vollem Herzen singen zu können, und die Besucher, weil sie endlich wieder Gesang genießen konnten. Da erinnerte man sich an die gute alte Zeit, die gar nicht so lange zurückliegt, als das musikalische Leben brummte. Und es wird einem bewusst, wie man danach gehungert hat.

Ja, wir waren alle hungrig nach Musik und Gemeinschaft, waren doch die jährliche Chorrüstzeit im Januar in Bad Herrenalb und auch die geplanten Auftritte in Dinkelsbühl und Gundelsheim ausgefallen. Umso mehr freuten wir uns, dass Georg Hutter, der „Manager“ unseres Chores, eine Probenwoche im Sommer in Köln organisiert hatte. Hier konnten wir unseren Hunger stillen. Wir feierten das freudige Wiedersehen nach fast zwei Jahren und sangen, was die Stimmbänder hergaben. Und siehe da, sie waren nicht ganz eingerostet. Wir tönten fleißig und immer besser im Lauf der Woche. Andrea Kulin, unsere Dirigentin, hat alles, was musikalisch ging, aus uns Laien herausgeholt. Mit viel Energie, Geduld und Kreativität hat sie uns über uns hinaus wachsen lassen.

„Lasst uns Miniaturen zum Leuchten bringen“. Diese Aussage der Dirigentin bringt es auf den Punkt. Die Werke siebenbürgischer Komponisten – wo sie die nur immer findet? – unters Volk zu bringen, sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, gar neu zu entdecken, ist das Ziel der Siebenbürgischen Kantorei. Wer lieber „Ein deutsches Requiem“ von Brahms oder sonstige berühmte große Werke singen möchte, sollte das freilich in seinem örtlichen Chor tun.

Gefreut haben wir uns sehr über Neuzugänge: Dagmar Seck (Bundeskulturreferentin unseres Verbandes) und Waltraud Scheithauer haben Alt und Sopran unterstützt. Verstärkung könnten unsere Tenöre und Bässe gut gebrauchen – wie die meisten Chöre. Warum singen denn so wenige Männer? In Siebenbürgen war das Chorsingen selbstverständlich, wie die vielen Männerchöre der Vergangenheit belegen. Heute sind singende Männer die Ausnahme. Wie schade! Strahlende Tenöre und sonore Bässe sind das Salz in der Suppe eines gemischten Chores. Unsere Sänger waren sehr gefordert, musste doch eine Handvoll den vollen Klang erzeugen. Danke, liebe Männer, für euren Einsatz.

Was haben wir nicht alles Schönes erlebt in der Chorwoche! Unsere Unterkunft lag am Rhein, unweit des Kölner Zentrums. So konnten wir viele Spaziergänge am Fluss unternehmen und sogar zu Fuß zum Dom gehen. Eine kurzweilige Stadtführung hat uns Köln näher gebracht.

Den Freitag verbrachten wir im Vereinshaus der Siebenbürger Sachsen in Köln, wo uns der Bundes- und Landesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Rainer Lehni, begrüßte. Hier wurden wir vom Vorstand der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen kulinarisch nach Strich und Faden verwöhnt – wie könnte es anders sein. Sollte ich alles aufzählen, was aufgetischt wurde, bräuchte ich viele Zeilen. Danke, danke, danke euch allen, die ihr das alles freiwillig macht. Wir haben uns sehr wohl gefühlt bei euch. Im Garten des Hauses konnten wir unsere Probe abhalten. Alles, was wir geben konnten, war ein Ständchen für die fleißigen Organisatoren und Helfer.

Beeindruckt hat uns am Samstag der Besuch in Drabenderhöhe. Wohl keinen anderen Ort in Deutschland verbindet man so sehr mit Siebenbürgen wie diesen, wo Siebenbürger Sachsen 1966 eine eigene Siedlung gründeten. Die Kommentare über das „Sachsenghetto“ verstummten schnell, nachdem das Ehepaar Enni und Harald Janesch uns in seine Obhut nahm und uns über Geschichte, kulturelles Leben, Alltag und Miteinander in der Siedlung aufklärte. Voller Bewunderung und fast ein wenig beschämt folgten wir ihren Ausführungen, die von dem übergroßen Engagement vieler dortiger Siedler zeugten. Der „Turm der Erinnerung“, einem Wehrturm nachempfunden, ist ein architektonisch besonders gelungenes Zeichen und Zentrum der Anlage.

Obwohl, bedingt durch die aktuelle Situation in der Pandemie-Krise, ein Konzert in der evangelischen Kirche nicht möglich war, gab es dann doch noch ein schönes Freiluft-Konzert im Hof des Wohn- und Pflegeheims „Haus Siebenbürgen“. Unser Dank gilt allen, die sich in Drabenderhöhe engagiert und uns einen unvergesslichen Tag beschert haben.

Den abschließenden Höhepunkt erlebten wir in der eingangs erwähnten Markuskirche in Köln-Porz. Prof. Dr. Berthold Köber zelebrierte die liturgischen Teile. Die Predigt vom Kölner Stadtsuperintendenten i. R. Karl Schick kreiste um das Gedicht „Geh aus mein Herz und suche Freud“ von Paul Gerhardt und passte in diese Zeit. Gerade in Zeiten der Not, der Einschränkungen, der Sorge braucht es Zuversicht.

Genau das haben wir mit unserer Singrüstzeit gemacht. Wir sind ausgegangen und haben viel Freude gefunden. Wir schätzen es sehr, dass Rainer Lehni, der Bundes- und Landesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, und seine Frau Heike Mai-Lehni, Kulturreferentin der Siebenbürger Sachsen in Nordrhein-Westfalen, uns in diesen Tagen begleitet haben.

Unser besonderer Dank für Unterstützung und Förderung gilt der Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben - Hilfskomitee, besonders dessen Vorsitzendem, Prof. Dr. Berthold Köber, und dem Kulturreferat für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim, namentlich Frau Dr. Heinke Fabritius. Ebenfalls gilt unser Dank für die Förderung dieser Probewoche der Landeszentrale für politische Bildung im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Großer Dank für die freundliche Aufnahme und Gastfreundschaft gilt auch der Landesgruppe NRW der Siebenbürger Sachsen und der Kreisgruppe Drabenderhöhe – „Vergelt’s Gott“.

Auf ein baldiges Wiedersehen im Januar in Bad Herrenalb.

Annette Königes

(Beilage „Kirche und Heimat“, Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 12. Oktober 2021, Seite 13)

Schlagwörter: Kirche und Heimat, Chor Siebenbürgische Kantorei, Köln

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