22. Dezember 2021

Für die Ewigkeit arbeiten/Vorbeugende Maßnahmen zum Langzeitschutz von Archivalien: Verwaltungsunterlagen

Unter Verwaltungsunterlagen verstehen wir im archivalischen Sinne sämtliche Unterlagen, die im Geschäftsablauf einer Institution entstehen. Das können etwa Verträge, Rechnungen, Mitgliederverzeichnisse oder die täglich anfallende Korrespondenz sein. Als Institutionen gelten beispielsweise Behörden, Vereine, Firmen, schulische oder kirchliche Einrichtungen. Da sich das Archiv der Siebenbürgischen Bibliothek in Deutschland und nicht in Rumänien befindet, hat das Archiv keinen Zugang von Material siebenbürgischer oder rumänischer Behörden. Schriftgut in Deutschland befindlicher Behörden gehört wiederum nicht zum Sammelgebiet der Siebenbürgischen Bibliothek. Gleiches gilt für die zeitgenössischen Unterlagen von Institutionen aus Siebenbürgen. Aber: Schriftgut historischer siebenbürgischer Vereine findet durchaus seinen Weg in die Bücherburg am Neckar, überwiegend durch Spenden von Privatpersonen oder gelegentlich durch Ankauf.
Abbildung 1: ein fertig bearbeitetes Aktenbündel. ...
Abbildung 1: ein fertig bearbeitetes Aktenbündel. Die hellgrauen Abdeckpappen sind als Schutzschicht auf Ober- und Unterseite des Aktenbündels gelegt und ein Abheftbügel hält das Bündel zusammen.
Anders verhält es sich mit gegenwärtigen siebenbürgischen Vereinen, die ihren Sitz in Deutschland, Österreich oder anderswo außerhalb Siebenbürgens haben. Da ist Gundelsheim die erste Anlaufstelle für abzugebende Unterlagen und Archivalien. Um nur die beiden vom Umfang her größten Bestände zu nennen: Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland ist mit etwa 1200 Aktenordnern vertreten, das Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben mit etwa 500, Tendenz jeweils zunehmend.
Abbildung 2: das Entfernen von Heftklammern ...
Abbildung 2: das Entfernen von Heftklammern
Da zurzeit in Gundelsheim im Zuge zweier Projekte das Verbandsarchiv der Jahre 1960 bis 1975 inventarisiert wird, soll am Beispiel eines Aktenordners die Bedeutung von Maßnahmen zur langfristigen Aufbewahrung von Archivalien erläutert werden.

Aktenordner haben den unschätzbaren Vorteil, einen stabilen Aufbewahrungsort für etwa 600 Blatt Papier zu bieten. Ist der Inhalt inhaltlich geordnet abgeheftet (der Archivar spricht von einem Aktenplan), lassen sich einzelne Dokumente recht schnell finden. Der Aktenordner hat aber aus archivalischer Sicht auch Nachteile. Er ist 15-20 mm breiter als eine Archivkapsel gleichen Fassungsvermögens. Und er enthält Metall, das rosten kann. Deswegen werden Aktenordnerinhalte grundsätzlich gebündelt umgebettet, d.h. das Papier wird bündelweise aus dem Aktenordner entnommen und neu geheftet. Beim Inventarisieren erhält jedes Bündel dann eine eigene Signatur, also eine eigene Standortangabe. Die Bündel sollten nicht dicker als 3,5 cm sein, was in etwa der Hälfte eines Aktenordners entspricht, also ca. 300 Blatt. Oben und unten wird ein Bündel durch Abdeckpappen geschützt. Diese bestehen aus einem kräftigen säurefreien Archivkarton. Zusammengehalten werden Bündel und Abdeckpappen meist durch Abheftbügel, die aus weichmacherfreiem Kunststoff bestehen sollten, oder Bindfäden aus Wollgarn, die etwa mit Häkelnadeln durch die Lochung gefädelt werden (Abbildung 1).
Das Entfernen von Büroklammern. ...
Das Entfernen von Büroklammern.
Archivkapseln gibt es in den verschiedensten Standardgrößen und -breiten. Das professionelle Sortiment ist nach gängigen DIN- und historischen Formaten (z.B. Folio) genormt und durchweg aus säurefreiem Karton gefertigt. Die in Gundelsheim am häufigsten verwendete Archivkapsel ist groß genug, um den gesamten Inhalt eines gut gefüllten Aktenordners problemlos aufzunehmen.

Vor dem Umbetten von Unterlagen aus Aktenordnern erfolgt noch das Entgräten (so der Fachausdruck), also das Entfernen sämtlicher Metallteile (Heft- und Büroklammern, teilweise auch Stecknadeln) und das Ersetzen von Thermokopien. Zum Entgräten werden im archivalischen Bereich nicht die handelsüblichen Entklammerer verwendet, zu groß ist die Gefahr, Dokumente dadurch zu beschädigen, sondern kleine Taschenmesser, deren Schneiden nicht breiter als 24 mm sind. Ebenfalls bewährt haben sich die Taschenmesser beim Entfernen von Büroklammern, die ebenfalls nicht einfach hochgezogen werden dürfen, da auch hier die Gefahr der Dokumentenbeschädigung besteht.

Was können Verantwortliche in siebenbürgisch-sächsischen Institutionen nun tun, um ihre Unterlagen schon frühzeitig zu schützen? Hier ein paar einfach umsetzbare Vorschläge.
Abbildungen 4-5: Vorder- und Rückseite von mit ...
Abbildungen 4-5: Vorder- und Rückseite von mit Klebeband beklebten Papier. Auf der Rückseite kann man den chemischen Prozess der Papierzerstörung deutlich erkennen.
Vermeiden Sie Heft- und Büroklammern. Sofern Dokumente in einem Aktenordner inhaltlich geordnet und im Idealfall auch noch mit einem Aktenkennzeichen versehen sind, kann auf eine Klammerung verzichtet werden. Sind bereits Heft- oder Büroklammern vorhanden, entfernen Sie diese nach Möglichkeit. Schieben Sie die Schneide des Taschenmessers zwischen Papier und Draht und klappen Sie die Flügel der Klammer auseinander (Abbildung 2). Sollte dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein, verwenden Sie grundsätzlich keine Heftklammern aus Stahl, sondern aus Kupfer in 24 mm Breite. Verpassen Sie den Klammern dabei keine „O“-, sondern „X-Beine“. Dadurch können diese ohne Einsatz eines Werkzeuges einfach herausgezogen werden und die Schäden im Papier bleiben bis auf die kleinen Einstichlöcher minimal.
Abbildungen 4-5: Vorder- und Rückseite von mit ...
Abbildungen 4-5: Vorder- und Rückseite von mit Klebeband beklebten Papier. Auf der Rückseite kann man den chemischen Prozess der Papierzerstörung deutlich erkennen.
Natürlich können Sie die Ecken auch zusammenkleben. Verwenden Sie dazu Klebestifte, aber niemals Flüssigklebstoffe. Die darin enthaltenen Chemikalien dringen in das Papier ein und zersetzen es. Nach wenigen Jahren haben Sie wieder eine Loseblattsammlung mit braunen Ecken vorliegen.

Gleiches gilt für Klebebänder aller Art, ob durchsichtiges Büro- oder breites Paketklebeband. Beschädigte oder eingerissene Unterlagen am besten durch Kopien oder Neuausdruck ersetzen.
Abbildung 6: Thermokopie. Deutlich erkennbar die ...
Abbildung 6: Thermokopie. Deutlich erkennbar die verblassende Schrift und die hell glänzende Stelle etwa in Blattmitte der Fingernagelprobe; als „Wasserzeichen“ die chemische Spiegelung des halbrunden Schriftzuges an der Blattoberkante des Folgeblattes.
Verzichten Sie nach Möglichkeit auf Lesezeichen aus selbstklebenden Haftnotizblättern. Auch hier dringen die Chemikalien des Klebers in das Papier ein und zersetzen es. Beim Entfernen des Notizblattes bleibt Kleber auf dem Dokument haften und auf diesem wiederum Staub und Schmutz. Schneiden Sie sich aus Papier Lesezeichen in entsprechender Größe zurecht. Das bietet mehr Raum für Notizen und geht durch Einheften nicht verloren.
Abbildung 7: das „Wasserzeichen“ auf der ...
Abbildung 7: das „Wasserzeichen“ auf der Rückseite einer Thermokopie auf Fotopapier
Thermokopien sind Fotokopien der ersten Gerätegeneration. Das auffälligste Merkmal ist die verblasste Schrift. Das Papier selbst ist mit einer hellgrauen, matten Patina bedeckt, fühlt sich speckig an, ist glatt und schwerer als normales 80-Gramm-Fotokopierpapier. Sollten Sie sich bei der Identifizierung nicht sicher sein, machen Sie den Fingernageltest. Wenn sie mit diesem auf der Schriftseite kratzen und das Papier ins Licht halten, glänzt die Stelle wesentlich heller als die Umgebung. Und ein weiteres Indiz: Bei dieser Art von Fotokopie rosten selbst Heftklammern aus Kupfer. Eine weitere Form von Thermokopien sind Kopien, die auf Fotopapier hergestellt worden sind, weswegen sie immer nur einseitig beschriftet sind und die nicht kopierte Seite ein Wasserzeichen besitzt (Abbildung 3). Thermokopien müssen durch neue, mit modernen Geräten hergestellte Fotokopien ersetzt werden. Eine Verkleinerung auf 95% der ersetzten Kopie gewährleistet, dass beim Kopiervorgang am Rand keine Buchstaben verloren gehen.
Abbildung 8: eine Thermokopie auf Fotopapier und ...
Abbildung 8: eine Thermokopie auf Fotopapier und die chemische Ausdünstung auf das Folgeblatt
Schnellhefter können nur befristete Lösungen sein. Neben dem Rost des Metalls können auch die Weichmacher im Kunststoff das Papier langfristig zersetzen.
Abbildung 9: Klarsichthülle der alten Generation. ...
Abbildung 9: Klarsichthülle der alten Generation. Deutlich erkennbar ist die an der Innenseite festgebackene Druckerschwärze.
Klarsichthüllen mit einer vollkommen glatten Oberfläche, die älter als zehn Jahre sind, sind auszutauschen gegen solche mit einer genarbten Oberfläche. Die Mikrobrüche der Hülle ermöglichen einen, wenn auch sehr geringen, Luftaustausch und verhindern so, dass die Druckerschwärze mit der Folie zusammenbackt. Maximal sollten zehn Blatt des normalen 80-Gramm-Papiers in eine Hülle eingelegt werden, bei dickerem Papier entsprechend weniger.

Christian Rother

Schlagwörter: Siebenbürgische Bibliothek, Archiv, Archivar, Tipps

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