5. November 2024

Interessanter Neuzugang in der Siebenbürgischen Bibliothek

Viele Bücherspenden erreichen zurzeit die Siebenbürgische Bibliothek auf Schloss Horneck in Gundelsheim. An manchen Tagen geben die Spender sich gegenseitig die Klinke in die Hand. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Bücher bereits im Bibliothekbestand vorhanden ist und auch schon mehrfach im Dubletten-Regal steht, kommt es hin und wieder vor, dass eine Überraschung in einem der Kartons auftaucht. So wie neulich das in Leder gebundene, kleinformatige, aber dicke „Poliologia, das ist: Beschreibung aller berühmten Städte in der ganzen Welt …“ von Johann Heinrich Seyfried, erschienen 1683 in Sulzbach bei Johann Leonhard Buggel.
Der erste Teil enthält „Die Beschreibung aller vornehmsten Städte, Schlösser und Vestungen Europas“. Darin werden auch die siebenbürgischen Städte beschrieben, die wohl auch zu den „vornehmsten“ Europas zählten. Und da diese Beschreibungen aus dem siebzehnten Jahrhundert sicher nicht nur für Bibliothekare spannend sind, werden sie an dieser Stelle – in der Schreibweise des Originals – zitiert.

„Bistritz. Oder Nösen / ist eine schöne / wolerbaute und die vornehmste unter denen sieben teutschen Städten in Siebenbürgen / mit Mauren / Thürnen und Wassergräben zimlich verwahret. Der Fluß Bistritz, neben noch einem Bächlein durchfliesset sie / von deme sie auch den Namen. Die Inwohner / so der Augsburgischen Confession zugethan, reden unter den anderen Städten allen das beste Teutsch.“

„Clausenburg. Sonsten Coloswar genant / ist eine vornehme, mit Mauren und Thürnen ziemlich verwahrte Stadt und alte Burg in sieben Bürgen / an dem Fluß Samosch / darüber eine steinerne Brücken. Es wird allhier jährlich durch den Fürsten um Weyhnachten das Land-Recht gehalten. Sie ist mit steinernen Häusern wol durchbauet / und hat eine gar fruchtbare Landschaft umher. Der Rath bestehet aus Teutschen und Ungarn. Die Religion aber soll meistens Theils Attianisch, oder wie mans jetzo nennet / Photinianisch seyn.“ „Cronstadt. Lateinisch Corona oder Stephanopolis, ist eine von denen sieben teutschen Städten in sieben Bürgen / zwischen luftigen Gebürg gelegen; sie ist mit Mauren / Thürnen und Gräben ziemlich verwahret / dabey gar Volckreich. Wird von lauter Teutschen bewohnet; hat seine Gebäu / steinerne Häuser / und ist der Augspurg. Confession zugewandt.“

Titelblatt der „Poliologia, das ist: Beschreibung ...
Titelblatt der „Poliologia, das ist: Beschreibung aller berühmten Städte in der ganzen Welt…“. Fotos: Hanne Schnabel
„Hermanstatt. In Sieben-Bürgen / dieses ganzen Fürstenthums Haupt: Unter denen sieben teutschen Städten aber fürnehmste und schönste. Träget den Namen von dero Erbauern. Liegt in der Ebne / an dem Fluß Cibin / ist mit Mauren / Pasteyen und guten Wasser-Gräben bevestiget, mit einem wohl angerichten Zeug-Haus versehen / und zu rings umher mit vielen Teichen, und Moras umgeben. Zu ihrer Beschützung hält sie gemeiniglich ein Regiment Soldaten. Nur ist die Lufft nicht zum reinesten. Der Augspurg. Confession zugewandt.“ „Temeswar. An den Gränzen Siebenbürgen / und weiland selbigem Fürstenthum zuständig. Ist ein kleines / aber sehr vestes Städtlein und Schloß / an dem Fluß Temes ; daher der Namen. Kam im Jahr 1552 in Handen und Gewalt der Türcken / die es annoch behaubten / und von daraus zeithero weiter gegen und in Siebenbürgen um sich gegriffen haben.“ Zum ersten Teil gibt es einen Appendix, einen Anhang, in dem auch Mediasch und Schäßburg vorkommen: „Medwisch. Zu Latein Medias Colonias, ist eine wol erbaute teutsche Stadt in Siebenbürgen / an dem Fluß die Kokel genant / vier Meilen unter Schäsburg / fast in Mittel des Landes auf flachem Felde gelegen / mit Mauren und Gräben beschlossen / doch nicht sonders vest. Die Pfarr-Kirchen / mitten in der Stadt / ist nach Gewonheit dieses Landes, mit Mauren / Thürnen / und einem tieffen Wassergraben bevestiget / hat einen ansehlich erbauten hohen Thurn / welcher neben dem zu Hermen-Stadt und Nösen / dem Stephans-Thurn zu Wien die Wette bietet / und nichts bevor gibt. Hat 3. Thor / seine Vor-Stadt. Die Römer haben sie erbauet. Ist der Evangelischen Lehre anverwandt.“
„Beschreibung der vornemsten Statt der ganzen ...
„Beschreibung der vornemsten Statt der ganzen Welt“, Kupferstich
„Schäßburg. Ist eine vornehme Stadt unter denen sieben teutschen Städten in Siebenbürgen / zwischen luftigen / mit Weinreben begabten Bergen / am Fluß die grosse Kochel genant / gelegen. Die innerste Stadt oder Burg liegt auf einem grossen und langen Berg / darauf nicht viel über hundert Häuser: Auf dieses Schlosses Berges Ober-Spitzen stehet das Gymnasium, und die Haupt-Kirche, dazu man eine grosse bedeckte Stiegen hinauf zu steigen / dieser Platz ist wegen angelegter Bevestigung / als auch von Natur sehr starck. Die noch vorhandene Monumenta zeigen an / daß allhier die Römer eine Besatzung unterhalten haben. Die Stadt wird durch einen Rath regieret / auch kein Unteutscher zum Burger aufgenommen. Bekennet die Augspurgischen Confession.“

Das Kleinod befindet sich zusammen mit den anderen vor 1860 erschienenen Büchern im zusätzlich gesicherten ehemaligen Kerker auf Schloss Horneck, darf aber im Lesesaal der Bibliothek während der Öffnungszeiten (Dienstag bis Freitag 9.00-12.00 und 13.00-16.00 Uhr) eingesehen werden. Kontakt: bibliothek[ät]siebenbuergen-institut.de oder Telefon: (0 62 69) 4 21 50.

Hanne Schnabel

Schlagwörter: Siebenbürgische Bibliothek, Schloss Horneck, Gundelsheim, Bücher

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