12. Mai 2023

Wie bringen wir das alles nur unter einen Hut? Gedanken der Bundeskulturreferentin zum Programm des Heimattags

Es ist jedes Jahr ein Wechselbad der Gefühle, von Panik über Dankbarkeit bis hin zur Gewissheit, dass schon alles gutgehen wird: Wie sollen wir die vielen Wünsche, Ideen und Interessen berücksichtigen? Wie alle Programmpunkte in das enge zeitliche Korsett und die zur Verfügung stehenden Räume pressen? Wie geht das alles unter einen Hut? Denn es ist (für die Organisation) Fluch und (für die Gemeinschaft und die Kultur) Segen zugleich: Die Bereitschaft, sich am Heimattag einzubringen, ist ungebrochen hoch.
Der sächsische Hut ist zum Glück so bequem, dass ...
Der sächsische Hut ist zum Glück so bequem, dass man viel (dar)unter bekommt. Er findet sich auch auf dem Plakat des Mundart-Kabaretts „Et wor emol … und äs nea wä et äs“ wieder. Zeichnung: Roland Widmann
Die Programmplanungen für den Heimattag beginnen eigentlich immer schon im November des Vorjahres. Doch auch eine Woche vor Druck des Programmheftes gehen noch Vorschläge ein – wenn wir können, nehmen wir sie gerne auf. Denn was gibt es Schöneres, als etwa eine Blaskapelle, die von sich aus ein Konzert vorschlägt? Wie sehr freuen wir uns, wenn wir spannendes Kinderprogramm angeboten bekommen oder einen Film, von dessen Existenz wir noch gar nichts wussten! Der Stress, der dadurch entsteht – Bereitstellung der Technik, Raumplanung, zeitliche und personelle Abstimmung, Verschiebungen des Layouts – wird durch die Dankbarkeit bei weitem aufgewogen. Dankbarkeit zum einen dafür, dass es da Menschen gibt, die anderen eine Freude bereiten und siebenbürgisch-sächsische Kultur pflegen wollen. Dankbarkeit aber auch, weil der Heimattag vielen engagierten Vereinen und Einzelpersonen die Gelegenheit bietet, ihre Themen an die Öffentlichkeit zu bringen. Dankbarkeit nicht zuletzt, weil sowohl die Stadt Dinkelsbühl als auch die Hauptamtlichen und die vielen Ehrenamtlichen des Verbandes gemeinsam darauf hinwirken, alles möglich zu machen. So können wir am Heimattag ein Juwel nach dem anderen aus dem Hut zaubern.

Zu den Kronjuwelen des Pfingsttreffens zählen freilich die Veranstaltungen und Angebote, die jedes Jahr die Massen anziehen, von Festzelt über Siebenbürger Markt bis hin zu Trachtenumzug und Volkstanz. Weitere Schmuckstücke, deren Anblick die Herzen erwärmen wird, werden insbesondere in den Ausstellungen zu finden sein. Die beliebten und bekannten Trachten-Aquarelle von Juliana Fabritius-Dancu sind zur Erbauung genauso gut geeignet wie die Bilder von Christel Hermann und die Fotos von Kulturpreisträger Martin Eichler.

Lehrreich, aber sicher nicht minder berührend werden die Spaziergänge in die Vergangenheit sein: Christel Ungars Filmbiografie über Altbischof Christoph Klein dokumentiert zugleich die erste Zeit nach der Wende, das heißt, die Umwälzungen in der Kirche in Siebenbürgen und den Übergang zur Diasporakirche. Die Ausstellung und der Vortrag des Kulturpreisträgers Konrad Klein werden noch weiter zurückgehen und 100 Jahre siebenbürgische Foto- und Bildgeschichte Revue passieren lassen.

Wir schauen beim Heimattag aber auch in die Zukunft: Rebecca Horeth ist Leiterin der Kinder- und Jugendtanzgruppe in Aylmer und stellvertretende Vorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada. Sie stellt in ihrem Vortrag Fragen, die auch für uns in Deutschland zunehmend relevant sein werden: Wie wollen wir siebenbürgisch-sächsische Traditionen weitergeben und pflegen, wenn die Aussiedlung immer weiter zurückliegt? Von der Zukunft werden die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek und das Siebenbürgische Kulturzentrum „Schloss Horneck“ in ihren Vorträgen ebenfalls reden. Die Kultureinrichtungen in Gundelsheim treibt nämlich genau wie unseren Verband die Frage um: Wie können wir alle dazu beitragen, dass möglichst viel von unserem kulturellen Erbe bleibt? Ein Versuch ist es übrigens, beim Heimattag auch die junge Generation anzusprechen und einzubinden. Was konkret für Kinder angeboten wird, erfahren Sie deshalb ausführlicher in der nächsten Folge der Siebenbürgischen Zeitung.

Wir setzen auf Bewährtes, wollen aber nicht im Alten verharren und probieren am Heimattag gerne neue Ideen aus. Dazu gehört nicht nur die Chill-out-area auf dem Jugendzeltplatz, sondern auch das Hörspiel „Ossis Stein“, das die Kulturreferentin für Siebenbürgen, Dr. Heinke Fabritius, vorstellen wird. Das Hörspiel ist im doppelten Sinn eine Premiere, solch ein Format gab es am Heimattag noch nicht (eine Vorstellung des Hörspiels nimmt Josef Balazs auf Seite 8 vor). „Sächsisches Kabarett zum Mitmachen“ (!) ist in dem Rahmen ebenfalls nie aufgeführt worden, der Pionier heißt Roland Widmann: Zusammen mit den Mundartautoren Doris Hutter und Michael Kenst will er in humorvollen sächsischen Gedichten die Erinnerung in uns wecken und die Gegenwart widerspiegeln. Unterstützt vom Posaunenchor aus Schäßburg soll die Darbietung ein Ort der Begegnung und ein Platz für all diejenigen werden, die spontan in ihrem Dialekt dem Publikum heitere Momente bescheren und die Eigenart unserer Mundart(en) hervorheben wollen.

Wir bekommen immer wieder die Rückmeldung, dass die Programmpunkte so zahlreich und vielfältig sind, dass auch die Besucherinnen und Besucher des Heimattags gar nicht alles unter einen Hut bekommen. Das ist zugegebenermaßen eine Herausforderung, doch es ist vor allem ein großes Glück. Bei so viel Einsatz, Kreativität und Hingabe aller Beteiligten kann man wirklich nur sagen: Hut ab!

Dagmar Seck

Schlagwörter: Heimattag 2023, Kulturprogramm, Empfehlungen

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