9. Februar 2025

Nordsiebenbürger im sowjetischen Gulag/Vor 80 Jahren: Evakuierung aus Nordsiebenbürgen 1944-1945

Der Bistritzer Historiker Viorel Rus hat sich eines Themas angenommen, das kaum in der historischen Literatur Rumäniens bisher behandet wurde: Die Sachsen aus der Gegend um Bistritz im sowjetischen Gulag. Im Januar dieses Jahres jährte sich zum 80. Mal die Deportation von Deuschen aus Rumänien in die Sowjetunion. Es ist allgenmein kaum bekannt, dass auch Menschen aus Nordsiebenbürgen deportiert wurden. Lesen Sie im Folgenden den Text des Historikers Viorel Rus.
Grafik von Viktor Stürmer (1914-1990), Banater ...
Grafik von Viktor Stürmer (1914-1990), Banater Schwabe, Künstler und Deportierter. Quelle: „Viktor Stürmer, Lager 895 – Im Straflager zwischen Eismeer und Baikalsee“, Westkreuz Verlag, Berlin/Bonn
Die Befürchtungen der zu Hause und in ihren Haushalten verbliebenen Sachsen aus unserem Kreis vor dem Massaker durch die Sowjetarmeen haben sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil schien den Sowjets der Hass der Sachsen fremd zu sein. Zwar begann mit dem Abzug der letzten deutschen und ungarischen Truppen aus dem Kreis nach den von ihnen verursachten Plünderungen und Zerstörungen die Verwüstung der Häuser und Haushalte der Abziehenden, diese Taten wurden jedoch in erster Linie von den Einheimischen begangen. Die Zurückgebliebenen zitterten natürlich vor Angst vor nächtlicher Zerstörung und vor ihren Häusern, doch als die Einrichtung der neuen Verwaltungsorgane und sogar die Wahl ihres Vertreters im Kreistag erfolgte, dachten die Sachsen, sie könnten ruhig sein.

Es war die Ruhe vor dem Sturm, denn wie ein Blitz traf der Befehl des sowjetischen Oberkommandos ein, der auf lokaler Ebene in der Verordnung des Präfekten des Kreises Năsăud Nr. 5 vom 13. Januar 1945, das Folgende vorsah:

„Art. 1. Alle in der nebenstehenden Tabelle aufgeführten Einwohner deutscher ethnischer Herkunft, unabhängig vom Geschlecht, gelten als zur Arbeit mobilisiert.

Art. 2. Innerhalb von 5 Stunden ab dem Datum der Übermittlung dieser Anordnung werden alle Mobilisierten ihr Gepäck mit der notwendigen Kleidung, Winter- und Sommerkleidung, Schuhen, Wechselgeld, Bettwäsche, Decken und Geschirr sowie der notwendigen Verpflegung für 20 Tage vorbereiten. Das Gesamtgepäck darf das Gewicht von 150 kg pro Person nicht überschreiten.

Art. 3. Mütter mit Kleinkindern sind von der Arbeit befreit. Die Minderjährigen der Mobilisierten bleiben in der Obhut der Angehörigen und in deren Abwesenheit in der Obhut der Rathäuser bzw. der Präfektur. …

Art. 5. Alle Mobilisierten sind verpflichtet, Ausweisdokumente mitzubringen.

Art. 6. Das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Mobilisierten wird den Gemeinden bzw. zur Inventarisierung übergeben...

Sanktionen: Wer sich nicht an die Bestimmungen dieser Verordnung hält, wird in Konzentrationslagern interniert...“.

Aufgrund dieser Verordnung begann am 13. Januar 1944 die Jagd auf Sachsen im Kreis durch sogenannte Kommissare, meist Juden, begleitet von sowjetischen Soldaten und Volksgardisten. Die Sachsen sollten in die Sowjetunion deportiert werden, nachdem sie von den sowjetischen Offizieren wie Vieh geschätzt wurden, wenn sie gute Arbeit leisteten. Es wurden Tabellen erstellt, die Männer zwischen 17 und 45 Jahren und Frauen zwischen 18 und 30 Jahren umfassen sollten. Ausnahmen waren: von Betrieben benötigte Fachkräfte, Kranke, Invaliden, Mischehen, Frauen mit Kindern unter einem Jahr oder Schwangere sowie Soldaten unter Waffen.

Quelle: WIR NÖSNER 1944-2014 Die Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944 und ihre Folgen, Wiehl-Drabenderhöhe 2014, S. 171ff

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Flucht und Evakuierung, Nordsiebenbürgen, Erinnerungen

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