28. Januar 2007

Mann über Bord? "Herr über Bord!"...

... Das ist nämlich mein Bräutigam, von dem Sie reden." Ein lustiges Buch über Synonyme, Fremdwörter, Buchstabenspiele, verdrehte Sätze und Beistriche an falscher Stelle. Wir leben in einer bewegten Welt, auch in einer „sprachbewegten“: Widerstand gegen eine Flut von überflüssigen englischen Wörtern – Grammatikfehler, die bis in die Lehreretage vordringen – Kompromisse bei der Rechtschreibreform. In dieser Situation freut man sich über ein Buch wie die „Heitere Grammatik“ von Hans Fink, das Vergnügen beim Spielen mit Wörtern verspricht und uns durch Sprachbetrachtung im richtigen Gebrauch der deutschen Sprache bestärken will.
„Der Mond ist aufgegangen“, sagt der Hobbygärtner. „Wenigstens etwas!“ freut sich seine Frau. (Sie hat ihn missverstanden, weil das von ihm gebrauchte Verb mehrere Bedeutungen hat.) „Hier stürzen wohl die Touristen oft ins Meer?“ fragt der Tourist einen Einheimischen an der helgoländischen Steilküste. „Nein, die meisten haben mit einem Mal genug.“ (Der Einheimische hat die Frage missverstanden, weil fälschlich der Artikel gesetzt worden ist.) „Was darf ich Ihnen bringen, mein Herr?“ fragt der Kellner. „Ein Paar Würstchen.“ – „Mit Vergnügen.“ – „Blödsinn! Mit Senf!“

„Es wird der Versuch gewagt“, heißt es in der Einleitung, „neben die Nachschlagewerke für Schwierigkeiten und Zweifelsfälle beim Sprachgebrauch ein Büchlein ganz anderen Inhalts zu stellen: den Grundstock einer heiteren Grammatik, die von der Sprachgemeinschaft empirisch geschaffen wird.“ Das ist gelungen. Der Verfasser beweist mit zahlreichen aus der Folklore stammenden Beispielen, mit Zungenbrechern, Scherzfragen, Rätseln, Witzen, Anekdoten und Gesellschaftsspielen, aber auch mit beliebten Gedichten, dass die Menschen sich außerhalb der Schule oft und gern mit Erscheinungen der Sprache beschäftigen, entgegen dem Vorurteil, dass die Grammatik eine trockene Wissenschaft sei. „Welches ist der wichtigste Buchstabe?“ fragte man in der DDR hinter vorgehaltener Hand. Die Antwort: „Das W, denn ohne W hieße es Alter Ulbricht, Arschauer Pakt und Affenbrüderschaft.“

Der Stoff ist nach dem Muster der traditionellen Schulgrammatik in fünf Kapitel gegliedert: I. Laute und Buchstaben, II. Der Wortbestand, III. Die Wortarten, IV. Der Satzbau, V. Die Rechtschreibung. Am umfangreichsten ist das zweite Kapitel, etwa 180 Seiten umfassen die Betrachtungen und Anregungen zum Wortbestand. Warum gehören die Synonyme zu den schwierigsten Erscheinungen der deutschen Sprache? Urteilen Sie selbst: Eine Uhr kann schlagen, aber nicht hauen, der Sommer kann kommen, aber nicht gehen. „Warum lachen die Leute“, fragt der englische Austauschschüler, „wenn ich sage: ‚Es hat zwölf Uhr geprügelt‘?“

Beim Lesen fallen einem analoge Beispiele ein, man hat sich ja schon immer an Sprachscherzen aller Art ergötzt, auch ohne sie sprachwissenschaftlich einzuordnen. Denken wir nur an die Rätsel und Scherzfragen und an das Lösen von Kreuzworträtseln, welches fast zu einem Volkssport geworden ist! Aber bringt das Spielen mit Sprache auch etwas, oder stellt es bloß einen angenehmer Zeitvertreib dar? Wir sind uns sicher einig, dass schon Letzteres allein positiv wäre. Für die Kinder ist das Spielen ungemein wichtig: Weil sie die graue Theorie nicht mögen und sich spielend Wissen aneignen, ohne das Üben als Bürde zu empfinden; wir erreichen, dass sie besser mit Sprache umgehen, die Sprachmittel souverän einsetzen und eine Sicherheit erlangen, die auch auf andere Gebiete ausstrahlt.

Als Handbuch für Lehrer wäre die „Heitere Grammatik“ auf alle Fälle ein Gewinn. Sie könnten den Unterricht mit Beispielen aus diesem Buch auflockern und die Schüler in die Gestaltung einbeziehen. Stellen wir uns mal vor ...

Beim Höflichkeitspronomen: Daniel hat gelernt, dass man zu den Lehrern nicht „du“ sagt, sondern „Sie“. Eines Tages, mitten in der Religionsstunde, betritt der Schulrat die Klasse. Er stellt auch Fragen. Auch Daniel kommt dran. „Wie lautet das fünfte Gebot?“ Daniel: „Sie sollen nicht stehlen!“

Bei den Präpositionen und beim Präpositionalobjekt: Im Hörsaal sind neue Kleiderhaken angebracht worden. Daneben ein Schildchen: „Für Dozenten!“ Am nächsten Tag klebt ein Zettel unter dem Schildchen: „Man kann aber auch seinen Mantel daran aufhängen!“
Beim Formulieren von eindeutigen Aussagen: Der Richter zum Kläger: „Der Beschuldigte hat öffentlich verkündet, Sie seien ein Idiot. Stimmt das?“ – „Ja, das stimmt.“ – „Na, dann können Sie doch die Klage zurückziehen.“

Bei der Bildung von elliptischen Sätzen: Herr Weber ruft beim Eintreten seiner Frau zu: „Was gibt es zu essen, und was machen die Kinder?“ Frau Weber: „Schnitzel und Masern!“

Wir lassen dem Leser die Freiheit, sich auszudenken, was für Berichtigungsvorschläge die Schüler bringen werden.

Katharina Unberath

Hans Fink: „Heitere Grammatik. Wie man mit Wörtern spielen kann“. IFB-Verlag Paderborn, 296 Seiten, 16,50 Euro, ISBN 3-931263-61-4 oder ISBN 978-3-931263-61-4.

Schlagwörter: Germanistik, Humor, Rezension

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