25. Februar 2008

Deutsches Leben in Rumänien

Seit 800 Jahren treffen im Karpatenbogen die Kulturen aufeinander. Hier leben Rumänen, Ungarn, Deutsche, Bulgaren und viele andere Nationalitäten miteinander. Das „offizielle“ Rumänien kennt dreizehn Nationalitäten – Fachleute sprechen von neunzehn. Nach der Unterdrückung in kommunistischer Zeit haben viele Deutsche das Land verlassen. Aber noch immer blühen in den traditionellen Siedlungsgebieten Banat, Siebenbürgen und Sathmar, aber auch im Altreich deutsche Kultur und Wirtschaftsfleiß.
Schon vor, aber erst recht nach dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union sind deutsche Unternehmen in diesem Lande überaus erfolgreich. Die deutsche Sprache spielt im rumänischen Bildungswesen – wieder – eine überragende Rolle. Hermannstadt/Sibiu hat 2007 als „Europäische Kulturhauptstadt“ die Aufmerksamkeit Europas auf sich gezogen.

Von den vielfältigen Facetten des heutigen deutschen Lebens berichtet unterhaltsam und vielfältig das reich illustrierte „Deutsche Jahrbuch für Rumänien“. Redigiert wurde es von dem jungen Chefredakteur der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ Dan Cărămidariu und der erfahrenen Journalistin und Publizistin Hannelore Baier.

Auch der mit Rumänien vertraute Leser erfährt viel Neues und Bemerkenswertes. Literarische Beiträge – zum Teil im Dialekt – ergänzen es ebenso wie das Anschriftenverzeichnis der sich „Forum“ nennenden Verbände der deutschen Volksgruppe. Der auch in Deutschland wohl bekannte Grafiker Rudi Schmückle hat Karikaturen beigesteuert. Das 184 Seiten starke, in einwandfreier Druckqualität in der Honterus Druckerei hergestellte Buch ist leider vergriffen. Vielleicht gelingt es dem ADZ-Verlag, die Auflage im nächsten Jahr zu erhöhen und das lesenswerte Buch auch in Deutschland zu vertreiben.

Einen anderen Charakter hat das vom „Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD herausgegebene Siebenbürgisch-Sächsische Hauskalender – Jahrbuch 2008. Er ist dem Thema „Kirche und Schule – Schule ohne Kirche“ gewidmet.

Der Rückblick auf die hinter uns liegenden siebzig Jahre muss verstanden werden aus der Besonderheit, dass anders als im übrigen Europa im rumänischen Siebenbürgen die Evangelische Kirche bis 1942 Träger des Normalschulwesens war. War im übrigen Europa schon hundert Jahre zuvor die geistliche Schulaufsicht als reaktionär bekämpft worden, so war dieses System Teil der siebenbürgisch-sächsischen Identität. 1942 forderte – und erhielt – die unter NS-Einfluss stehende „Deutsche Volksgruppe“ die Übernahme der Schulen – gerade einmal für zweieinhalb Jahre. Nach dem dort als „Waffenumkehr“ bezeichneten Frontwechsel Rumäniens im 2. Weltkrieg nahm sich die Kirche die Schulen zurück – bis 1948.

Das sozialistische Rumänien enteignete die Kirchen, die in abenteuerliche Schnelle herangebildeten Lehrer wurden mehr oder weniger gezwungen, atheistische Grundsätze durchzuziehen. Selbst zur Zeit des Heilig-Abend-Gottesdienst sollten Schulveranstaltungen von dessen Besuch abhalten. Mit viel Geschick haben sich Lehrer und Pastoren durch diese Zeit gequält – aber einige sind zerbrochen. Und viele zog es schon früh nach Deutschland.

Den norddeutschen Protestanten verwundert das dem Buch vorangestellte Verzeichnis der „Namenstage“. Im Text erfährt man, dass die sonst dem Protestantismus fremden Namenstage in siebenbürgischen evangelischen Familien durchaus bis in jüngste Zeit begangen worden sind.

Horst Schinzel

Deutsches Jahrbuch für Rumänien 2008, Verlag ADZ International Press, Bukarest, ISBN 973-8384-34-6 (vergriffen).

Jahrbuch 2008, ISSN 0583-192X, Selbstverlag des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland, München, zu bestellen zum Preis von 9 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei Dekan i.R. Hermann Schuller, Nelkenstraße 5, 68309 Mannheim, Telefon: (06 21) 7 18 84 46, Fax: (06 21) 7 18 84 47, E-Mail: HermannSchuller [ät] web.de.

Schlagwörter: Jahrbücher, Hilfskomitee, Forum, Schulgeschichte

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