11. November 2008

Siebenbürgische Bibliothek: Fundgrube für Fachleute und Siebenbürgen-Liebhaber

Nach den Aufrufen zum Erhalt der Siebenbürgischen Bibliothek wollte sich Christian J. Hönig, schon lange Fördervereinsmitglied, vor Ort ein genaueres Bild über die Arbeit der Bibliothek machen und besuchte mit seiner Frau Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar.
Am Neckarufer mit seinen hoch ansteigenden Weinbergen, an der Schwäbischen Weinstraße sowie an der so genannten Burgenstraße, in der Nähe von Bad Wimpfen und Bad Friedrichshall, liegt Schloss Horneck in der Deutschordensstadt Gundelsheim. Das halb am Berge gelegene Renaissance-Schloss wurde nach wechselvoller Geschichte 1960 vom Hilfsverein „Johannes Honterus“ e.V. erworben, der darin das Heimathaus Siebenbürgen mit einem Alten- und Pflegeheim einrichtete. Schloss Horneck ist aber auch der Sitz des „Siebenbürgen-Instituts“ mit Bibliothek, Archiv und Forschungsstelle sowie Heimstatt des Siebenbürgischen Museums und somit kultureller Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen in Deutschland.

Mit der stetig wachsenden Anzahl gesammelter Druckschriften und Medien – über 73 000 bibliographische Einheiten, darunter eine beachtenswerte Sammlung älterer Drucke ab dem 16. Jahrhundert – sind die Siebenbürgische Bibliothek und ihr Archiv die größte Sammlung von kulturhistorischen Zeugnissen unseres Volkes außerhalb Siebenbürgens und können als die „Nationalbibliothek“ und das „Nationalarchiv“ der Siebenbürger Sachsen angesehen werden.
Bibliophile Raritäten der Siebenbürgischen ...
Bibliophile Raritäten der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim am Neckar. Foto: Christian Hönig
Die ursprünglich 1955 in Rimsting am Chiemsee gegründete Siebenbürgische Bibliothek, seit 1963 in Gundelsheim, ist eine jedermann zugängliche wissenschaftliche Spezialbibliothek. Sie sammelt sämtliches Schriftgut, das sich mittelbar und unmittelbar mit Siebenbürgen befasst. Dazu gehören vor allem Bücher, Hefte, Zeitungen, Zeitschriften sowie Noten, Landkarten, alte Stiche, Ansichtskarten, Plakate, Programmhefte etc., aber auch elektronische Medien, wie zum Beispiel CDs und DVDs.

Das der Bibliothek angeschlossene Archiv, das zum Teil außerhalb des Schlosses, fünf Gehminuten entfernt im Hause des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim in der Schlossstrasse 41 untergebracht ist, beherbergt im Wesentlichen die umfangreichen Bestände zur Zeitgeschichte der Siebenbürger Sachsen sowie zur siebenbürgischen Orts- und Familiengeschichte. Bibliothek, Archiv und Forschungsstelle, in der Projekte zur Geschichte und Landeskunde Siebenbürgens bearbeitet und in mehreren Schriftenreihen publiziert werden, wurden 1992 zum Siebenbürgen-Institut zusammengefasst. Seit 2003 ist das Siebenbürgen-Institut ein An-Institut der Universität Heidelberg.

Das Siebenbürgische Museum auf Schloss Horneck ist das zentrale Museum der Siebenbürger Sachsen außerhalb des Auswanderungslandes und zeigt auf ca. 600 qm Ausstellungsfläche neben einem Überblick über Siebenbürgen auch Bilder und Gegenstände aus dem bäuerlichen und städtischen Leben unserer Vorfahren.

Betritt man die Bibliothek, kommt man zuerst in den Lesesaal, wo den Interessenten anhand von Kennkarten die gesuchten Bücher und Dokumente zum Studium bereitgestellt werden. Beim Rundgang durch die Bibliotheksräume, die einen dem alten Schloss entsprechenden Zuschnitt haben (mit Gewölben etc.), wird einem die massive Präsenz von Tausenden von Büchern und Publikationen erst bewusst. Ute Heiser, die nette und kompetente Bibliothekarin, führt uns durch ihr „Reich“ und macht auch auf die bibliophilen Kostbarkeiten, die sich in ihrer Obhut befinden, aufmerksam. Beginnend mit dem „Reformationsbüchlein“ und der „Cosmographie“ des großen Humanisten Johannes Honterus bis beispielsweise zum „Klavier im Nebel“ aus heutigen Tagen befindet sich fast alles von dem, was je über Siebenbürgen, von Siebenbürgern oder über die Siebenbürger geschrieben wurde, in den Bibliotheksräumen, die aber schon fast an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt sind.

Im Archiv führt uns Christian Reinerth, der für Genealogie, Nachlässe und anderes mehr zuständig ist, u. a. die digitale Erfassung der Familienstandslisten aller Siebenbürger evangelischen Glaubens vor, soweit sie in den entsprechenden Kirchenmatrikeln vorhanden waren. Dieses elektronische Hilfsmittel ist für die siebenbürgische Ahnenforschung von großer Bedeutung. Die Bearbeitung der Nachlässe bedeutender Landsleute, die sich im Archiv befinden, ist so umfangreich, dass es noch viel Arbeit und Zeit in Anspruch nehmen wird, alles zu sichten, zu bearbeiten und zu archivieren.

Obwohl auch aus zeitlichen Gründen nur eine kurze Visite in der „Nationalbibliothek“ möglich war, ist es sehr beeindruckend zu sehen, was hier aufgebaut worden ist. Die Bibliothek ist unser Gedächtnis schlechthin und dokumentiert die gesamte Geschichte der Siebenbürger Sachsen, ihre kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften.

Für einen optimalen Betrieb solch einer Einrichtung ist ein fester Mitarbeiterstamm erforderlich, um die Betreuung der zahlreichen Nutzer, Laien oder Wissenschaftler, aber auch den internen Betrieb der Bibliothek zu gewährleisten. Für die vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden, die geleistet wurden und geleistet werden, kann man sich nur in Dankbarkeit verneigen. Die adäquate Weiterführung des Instituts drohte durch drastische Verringerung der Mittel, die die öffentliche Hand bisher zugeschossen hat, in eine akute Notsituation zu geraten. Die dringend erforderliche Hilfestellung erfolgte durch die Gründung des Vereins „Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek“ und die 1999 ins Leben gerufene „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv, zu fördern und langfristig zu sichern. Die Stiftung ist dank der Spenden unserer Landsleute auf dem Weg, durch ihre Erträge das Institut unabhängig von staatlichen Zuschüssen zu machen, ein gutes Stück vorangekommen. Das Ziel ist aber noch weit entfernt und kann nur erreicht werden, wenn alle mitmachen.

Wir verlassen Schloss Horneck mit dem Gefühl zu wissen, was sich da tut und wie wichtig das für uns alle ist! Deshalb, liebe Leser der Siebenbürgischen Zeitung, ist es mir ein Bedürfnis, mit der Bitte an Sie heranzutreten, sich zu überlegen, auf welchem Wege auch Sie das Siebenbürgen-Institut und seine Bibliothek unterstützen können. Sie können durch Spenden den Kapitalstock der „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“ erhöhen, um damit die Erträge steigern, die schon jetzt zur Bezahlung von Bibliotheksmitarbeitern beitragen. Sie können aber auch dem Förderverein beitreten, ohne dessen Hilfe keine Neuerwerbungen von Büchern möglich wären. Wenn wir alle gemeinsam mithelfen und unser Scherflein zum Erhalt des Dokumentationszentrums beitragen, können wir unser kulturelles Vermächtnis auch an die nächsten Generationen weitergeben!

Christian J. Hönig

Schlagwörter: Siebenbürgische Bibliothek, Siebenbürgen-Institut

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