Schätze aus der Siebenbürgischen Bibliothek mit Archiv sind noch bis zum 23. Februar in der Andreanum-Ausstellung im Siebenbürgischen Museum auf Schloss Horneck in Gundelsheim zu sehen.
Ausstellungsvitrine mit der „Rudimenta cosmographica“ (hinten) und dem Reformationsbüchlein (vorne links) von Johannes Honterus, (hinten rechts, Miniaturstatue), sowie dem Eigenlandrecht (vorne rechts). Ganz hinten im Raum das Faksimile des Andreanischen Freibriefs. Fotos: Hanne SchnabelÜber die Wanderausstellung „Andreanum. 800 Jahre Recht und Verfassung der Siebenbürger Sachsen“ wurde in dieser Zeitung bereits mehrfach berichtet. So auch von der gut besuchten Ausstellungseröffnung am 27. November letzten Jahres im Siebenbürgischen Museum, wo sie von Dr. Harald Roth, dem Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, und Thomas Şindilariu, Unterstaatssekretär im Department für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens, auf unterhaltsame Weise vorgestellt wurde. Für die Siebenbürgische Bibliothek war das eine gute Möglichkeit, einige ihrer gehüteten Schätze für kurze Zeit aus den Regalen zu holen und einem größeren Publikum zu präsentieren. Dr. Ingrid Schiel, die geschäftsführende Leiterin des Siebenbürgen-Institutes, hat die inhaltlich passenden Bücher und Archivalien aus den Beständen von Bibliothek und Archiv herausgesucht und damit die Ausstellung im Museum ergänzt.
Titelblatt Eigenlandrecht, Klausenburg 1695, mit verschiedenen Besitzvermerken
So gibt es jetzt noch für kurze Zeit die Gelegenheit, zum Beispiel das 1583 in lateinischer und 1585 in deutscher Sprache in Kronstadt erschienene Eigenlandrecht zu besichtigen, das normalerweise im extra gesicherten RARA-Bereich der Bibliothek steht und von der Ausleihe ausgeschlossen ist. Dabei handelt es sich um eines der wichtigsten schriftlichen Zeugnisse der gut achthundertjährigen siebenbürgisch-sächsischen Existenz auf dem sogenannten „Königsboden“. Es bestimmte 270 Jahre lang die Rechtsprechung in dem Selbstverwaltungsgebiet, bis es 1853 vom österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde. Das Eigenlandrecht regelte sämtliche prozess-, privat- und strafrechtlichen Angelegenheiten der Sachsen. Die Grundlage dieser Synthese verschiedener Rechtstexte bildete der „Goldene Freibrief“ von 1224. Mit der Anerkennung durch den jeweiligen Souverän, beispielsweise 1583 durch König Stephan Bathory, wurden die Rechte der sächsischen Nation in die jeweiligen politischen und rechtlichen Regierungsstrukturen integriert. Wie wichtig das Gesetzbuch über die Jahrhunderte für das Recht und Selbstverständnis der Siebenbürger Sachsen war, zeigt sich in den zahlreichen Veröffentlichungen: allein im Bestand der Siebenbürgischen Bibliothek befinden sich mindestens fünfzehn unterschiedliche Ausgaben davon, die letzte aus dem Jahr 2000. Der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) hat 1973 eine unveränderte Wiedergabe des Erstdrucks von 1583 im Verlag von Hans Meschendörfer in München herausgegeben. Davon gibt es noch einige wenige Exemplare, die im Siebenbürgen-Institut käuflich erworben werden können.
Titelblatt Reformationsbüchlein, Wittenberg 1553
Auch das 1543 in Wittenberg bei Klug erschienene Reformationsbüchlein von Johannes Honterus wurde für die Ausstellung ausgewählt, da die vom Kronstädter Universalgelehrten eingeführte Reformation nach Wittenberger Vorbild ebenfalls Ausdruck der Autonomie der Sächsischen Nation war. Die Einleitung hatte Philipp Melanchton, ein Weggefährte Luthers, geschrieben. Bis 1550 wurde nach dem Vorbild Kronstadts die Reformation in Hermannstadt und schließlich auf dem gesamten Gebiet der Sächsischen Nationsuniversität sowie auf den benachbarten deutschen Gemeinden auf Adelsboden durchgeführt. Vom Reformationsbüchlein besitzt die Siebenbürgische Bibliothek noch eine Ausgabe von 1865 aus Wien und eine von 2017, die Thomas Şindilariu und Bernhard Heigl im Auftrag des AKSL als Beiheft 2 zum 8. Band der „Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt“ herausgegeben haben.
In derselben Ausstellungsvitrine liegt auch die 1552 in Zürich erschienene Weltbeschreibung von Johannes Honterus, die „Rudimenta cosmographica“, mit handkolorierten Weltkarten, für die Honterus die Druckstöcke ebenfalls von Hand geschnitzt haben soll. Dieses ist das am meisten verbreitete Druckwerk des Kronstädter Humanisten, das seinerzeit als Atlas für die Schüler des Gymnasiums in Kronstadt gedacht war. Von der „Rudimenta cosmographica“ besitzt die Siebenbürgische Bibliothek noch je eine Ausgabe von 1546 und 1552 von Froschouer in Zürich und eine Faksimile-Ausgabe von 2015, die im Auftrag des Demokratischen Forums der Deutschen in Kronstadt und des AKSL dreisprachig von Robert Offner, Harald Roth, Thomas Şindilariu und Ulich A. Wien herausgegeben wurde. Auch hiervon gibt es noch einige Exemplare im Verkaufsregal des Instituts.
Als Beispiele für das rege und differenzierte Vereinswesen, das sich ab dem 19. Jahrhundert in Siebenbürgen entwickelte und einen Ausgleich für den verlorenen politischen Einfluss bildete, werden in der Ausstellung unter anderen auch Satzungen des Sebastian-Hann-Vereins für heimische Kunstbestrebungen aus Hermannstadt, sowie Jahresberichte und Konzertprogramme des Kronstädter Männergesangvereins gezeigt.
Nach dem 23. Februar wandern alle Exponate aus dem Siebenbürgen-Institut, so auch die erste in Deutsch verfasste Chronik des siebenbürgisch-sächsischen Gelehrten Mathias Miles und ein weiteres Glanzstück der Ausstellung, die Ernennungsurkunde Samuel von Brukenthals 1777 zum Gouverneur von Siebenbürgen, die die eigenhändige Unterschrift Kaiserin Maria Theresias trägt, zurück in die Regale von Bibliothek, Archiv und Magazin.
Interessierte haben nach Ausstellungsende nach wie vor die Möglichkeit, die Bücher und Urkunden, die nicht ausgeliehen werden dürfen, nach Voranmeldung im Lesesaal der Bibliothek einzusehen. Kontakt: Telefon: (0 62 69) 4 21 50, oder E-Mail an: bibliothek[ät]siebenbuergen-institut.de.
Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist
nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.